Seufzend streifte ich durch die Gänge der Schule, auf dem Weg zu meinem Schließfach. Ich hatte keine Lust auf den Unterricht, viel lieber wäre ich heute zu Hause geblieben. Die Slowakei war anstrengend genug gewesen.
Ich quetschte mich durch die Massen, um an mein Schließfach zu kommen, als Skylar mit ihrer Clique vorbeikam und den Typen mit dem Schließfach neben mir bedrängten. ,,Ach komm schon, Nate... Ich weiß, dass du mich auch unwiderstehlich findest...", säuselte sie. Der Junge, Nate, schien schon reichlich genervt von ihr, was mich auch dazu brachte, einzuschreiten. ,,Skylar, du siehst doch, dass der Junge genervt von dir ist. Obwohl, nein. Streich das lieber. Unter der ganzen Schminke, die du im Gesicht hast, würde ich das auch nicht merken." Sie schenkte mir einen Todesblick und machte mit ihren misslungenen Flirtversuchen weiter. Ich öffnete mein Schließfach und mein Blick ging wieder zu Nate, der langsam in Bedrängnis geriet. Ich holte schnell die Bücher heraus und schlug die Tür vom Spind genervt zu. Nate hielt seine Hand sehr günstig, also packte ich ihn am Handgelenk und zog ihn aus der Parfumwolke von Skylar und ihrer Gefolgschaft. Als wir uns vor ihr in Sicherheit gebracht hatten, begann die Fragerei: ,, Wer bist du? In welchen Kurs gehst du jetzt? Warum hast du mich von ihr weggezogen?" Diese Fragen und viele mehr stellte er mir. ,, Ich heiße Hana, das ist Japanisch für Blume. Ich muss jetzt zu Deutsch und ich hab dich von Skylar weggezogen, weil auch ein Blinder, Gehörloser Mensch gemerkt hätte, dass du keinen Bock auf die Bitch hattest." Er schaute etwas... verwundert. Letztendlich meinte er: ,,Ich hab jetzt auch Deutsch. Mit Frau Mertin." Ich nickte. ,,Dann haben wir wohl zusammen Unterricht."Im Raum trafen wir wieder auf Skylar. Mit einem tötenden Blick schaute sie mich an, aber als sie sah, wer hinter mir war, begann sie süß zu lächeln und mit den Augen zu klimpern. ,,Pass auf, dass dir deine künstlichen Wimpern nicht abfallen.", sagte ich zu ihr. Sie ignorierte mich und ich stolzierte zu meinem Platz in der letzten Ecke des Raumes. Nate war mir dicht auf den Fersen. Als ich mich hinsetzte, schmiss er sein Zeug einfach neben mich. ,,Äh... Ich saß bis jetzt immer allein hier..."
Er zwinkerte mir zu. ,,Ich auch, seitdem ich auf dieser Schule bin." Ich war verwirrt. ,,Und wie lange hängst du schon hier fest?", fragte ich. ,,Seit ungefähr zwei Tagen. Warum warst du nicht da?" Seine Frage hatte ich fast schon erwartet. Er war erst seit zwei Tagen da. Also seit ich in der Slowakei war. Okay. ,,Äh, hallo? Darf ich heute noch mit einer Antwort von dir rechnen?", fragte Nate mich, während er mit einer Hand vor meinen Augen herumwedelte. ,,Ja, tut mir leid. Ich war gerade in Gedanken. Ich war nicht da, weil ich krank war. Kein Wunder bei diesem Wetter..." Und wie auf Kommando begann es, wie aus Eimern zu schütten. Da knallte es plötzlich von vorne und Nate zuckte zusammen. ,,Keine Sorge", lachte ich. ,,Frau Mertin hat doch nur ihre Tasche auf den Tisch gehauen!" 'Gott, wenn diese Frau so weiter macht, bricht sie den Lehrertisch noch in zwei Hälften!', dachte ich. Nate schaute etwas bedeppert neben mir. ,,Ja... Ich habe mich immer noch nicht daran gewöhnt..." Er kratzte sich mit seiner linken Hand am Hinterkopf. Erst jetzt nahm ich ihn so richtig in Augenschein. Er hatte schwarze, kurze Haare und ebenso dunkle Augen. Seine Haut war eher blass und seine Figur war recht schlacksig und groß. Er sah gut aus und war auffällig. In gewissem Maße verstand ich schon, dass Skylar auf ihn stand.
Es klingelte zum Unterricht. ,,Guten Morgen liebe Schüler!" Ja genau. 'Oh Man... Gut war der Morgen, bis ich sie gesehen habe.' Ich rollte mit den Augen und griff nach dem Block, der unter meiner Federtasche lag. Nate beobachtete meine Bewegungen belustigt und als ich meine Federtasche öffnete, wurde sein Blick neugierig. Er ahnte, dass ich was zeichnen würde.
Ich holte meinen Bleistift aus dem Mäppchen, nahm den Block quer und begann mit langen, schwungvollen Linien ein Gewehr zu zeichnen. Genauer gesagt ein M60. Ein amerikanisches Maschinengewehr. Er beobachtete mich sehr genau dabei und studierte jede meiner Bewegungen. ,,Ist das ein M60?", fragte er, nachdem ich die Skizze zufrieden betrachtete. Ich nickte. ,,Krass. Interessierst du dich für Waffen?" Wieder ein Nicken meinerseits. Er nickte anerkennend. ,,Frau Wellingt, Herr River? Haben Sie da hinten der Klasse etwas mitzuteilen?", fragte da plötzlich Frau Mertin und schaute uns wütend aus ihren Fischaugen an. ,,Nein, tut mir leid Frau Mertin. Unser Gespräch betraf nur uns beide was und nicht die Klasse. Des Weiteren glaube ich nicht, das es sie interessiert hätte. Wollen Sie es trotzdem wissen?", fragte ich. Sie schaute mich böse an. ,,Nach dem Unterricht kommen sie bitte zu mir!" Dann kam Nate ins Spiel: ,,Warum soll Hana zu ihnen gehen? Sie hat doch nichts schlimmes gesagt! Sie hat sie nur ganz freundlich gefragt, ob sie wirklich wissen wollen, was wir besprochen hatten! Was ist daran so falsch?" Wow. So viel Mut hatte ich dem schlacksigen Jungen nicht zugetraut. Und dieser Mut wurde jetzt bestraft. ,,Herr River? Sie kommen nach der Stunde auch zu mir! Nun... fahren wir mit dem Unterricht fort..." Ich sah Nate an und er mich. Wir mussten beide unser Kichern unterdrücken.
Als ich mich wieder beruhigt hatte, machte ich mich daran, die Konturen des M60 nachzuziehen. Das dauerte nicht besonders lange, einfach weil ich es sehr schlicht gezeichnet hatte. Dann klingelte es auch schon zur Pause. Ich packte meinen Kram zusammen und ging zur Lehrerin. Ich hatte keinen Bock auf das Gespräch, zumal ich schon ahnte, wie es ausgehen würde, aber ich schleppte mich dennoch zu Frau Mertin. Auch Nate packte nur langsam ein, sodass wir gemeinsam vorne ankamen. ,,Was war das in der Stunde?!", verlangte die fischäugige Frau zu wissen. ,,Wir haben Ihnen gesagt, was los war. Wir haben nur zwei Worte über ein Thema gewechselt, dann haben sie uns erwischt." Die Fischäugige starrte mich einen kurzen Moment an, bis sie sagte: ,,Und worüber habt ihr geredet, wenn ich das wissen dürfte?" Argwöhnisch kniff sie ihre Augen zusammen. Nun war Nate an der Reihe: ,,Über Waffen." Einen Moment wirkte Frau Mertin verwirrt, aber dieser Moment war nur von kurzer Dauer, schnell war sie wieder gefasst. ,,Gut. Ihr könnt zu eurer nächsten Stunde. Frau Wellingt? Ihre Mutter möchte ich morgen sehen!", sagte sie und wandte sich ab. Ich drehte mich um und ging aus dem Raum, während ich einen schnellen Blick auf meine Armbanduhr warf, die gleichzeitig als Kommunikationsmittel diente. Ich drehte dreimal an einem der vielen kleinen Rädchen am Rand der Uhr und begann zu sprechen. ,,Coraly? Frau Mertin will morgen ein Gespräch mit meiner Mutter. Kannst du bitte einspringen? Danke!"Als ich am großen Wolkenkratzer ankam, der für mich sowohl Arbeitsstätte als auch Zuhause war, schaute ich nach oben in den Himmel. Die Spitze des Bauwerks war nicht mehr zu sehen, die Wolken hingen einfach zu tief. Ich atmete einmal durch und trabte zur zweiflügligen Tür, die mir bereitwillig von einem Herren aufgehalten wurde. Als ich drinnen ankam, steuerte ich sofort auf den Fahrstuhl zu und hoffte, dass ich ihn ganz für mich allein hätte. Das Glück war allerdings nicht auf meiner Seite und als ich im dritten Stock angekommen war, kam ein Mann Mitte 60 in den Fahrstuhl. Er starrte mich einen kurzen Moment merkwürdig an, sagte allerdings nichts und als wir im 14. Stock ankamen, stieg er aus. Noch sieben Stockwerke. Noch sechs. Noch fünf. Noch vier. Als der Fahrstuhl mit einem leisen "Bing" die Türen öffnete, stürmte ich hinaus. Ich hasste Fahrstühle. An der Rezeption erwartete mich auch schon Coraly, meine 'Tante'. Sie ist meine Patentante, allerdings ist sie für mich seit dem Tod meiner Mutter wie ein Familienmitglied. ,,Hana! Was hast du denn nun schon wieder verbrochen?!", fragte sie gleich als ich aus dem Fahrstuhl kam. ,,Ich habe eigentlich nichts gemacht! Ich habe nur mal kurz eine kleine Skizze gemacht und mein neuer Sitznachbar hat erraten was es ist. Nichts weiter! Und dann hat Frau Mertin gefragt, was denn los sei, ob wir es der Klasse mitteilen wollen, habe ich gesagt, dass es die Klasse nicht betrifft und es sie bestimmt auch nicht interessieren würde. Danach meinte sie, dass Nate, mein neuer Banknachbar, und ich nach der Stunde zu ihr kommen sollen. Und am Ende des Gesprächs mit Nate und mir meinte sie, dass sie meine Mutter morgen sehen will." Coraly seufzte laut auf. ,,Oh Man... Da hast du mir ja wieder was eingebrockt. Aber gut. Ich werde morgen mal mit der Lehrerin reden." Ich nickte und wollte mich gerade zu Gehen umdrehen, als Coraly mich nochmal zu sich rief: ,,Ach und Hana? Es ist ein neuer Auftrag reingekommen. Ich sage Jordan Bescheid, dass er dir die nötigen Daten zukommen lassen soll!" Oh. Ein neuer Auftrag. Mist. Ich hoffte, dass er in nicht allzu absehbarer Zeit ausgeführt werden musste. Das würde sonst mit den Entschuldigungen in der Schule zu eng werden.
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A/N:
Hey Liebe/r Leser/in!
Danke, dass du bis hierher gelesen hast. Hier im Anhang werde ich vermutlich immer mal wieder was zu den Ideen und zur Entstehung dieser Story schreiben.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich keine Ahnung von Waffen habe, deswegen muss ich auch immer mal wieder meinen Vater fragen, wenn ich was dazu wissen will. Oder ich schaue einfach im Internet. Irgendwie macht mir dieses Forschen über sowas viel Spaß, auch wenn ich weiß, dass ich mich nie im Leben für Waffen interessieren werde, außer vielleicht sowas wie Katanas (wer nicht weiß, was ein Katana ist, darf Google fragen :D). Ich finde es einfach nur anstrengend, stundenlang über Gegenstände zu sprechen, die unsere Welt zerstören könnten. Aber gut. Lassen wir das.
In diesem Kapitel habt ihr Nate kennengelernt. Was sagt ihr? Wie ist euer erster Eindruck?
Lasst mir doch ein Feedback da, ich würde mich freuen :)
Eure Franzie <3
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Kill
Teen FictionHana ist 17, geht auf ein gutes Gymnasium und verdient nebenbei Geld. Nur der Job, den sie hat, ist etwas fragwürdig. Sie arbeitet nicht etwa als Prostetuierte oder ähnliches, nein. Sie ist Auftragsmörderin. Als sie nach einem Auftrag wieder in d...