Ich erzählte Taichi vorerst nichts von dem Kuss. Wie hätte er so eine Nachricht auch jetzt verkraften können. Ich verkraftete es ja selbst kaum. Jayme kam zu den nächsten Kursen nicht mehr und auch auf meine Nachrichten ging er nicht ein. Es war als wäre er ausgewandert. Einerseits wollte ich ihn momentan auch gar nicht sehen. Es war mir unangenehm so genötigt worden zu sein und außerdem ging mir sein Gesichtsausdruck nicht mehr aus dem Kopf.
Nach der dritten Prüfung war ich fix und fertig. Ich gab mir keine Mühe mich zu Hause umzuziehen, sondern ließ alles stehen und liegen und fiel erschöpft auf das Sofa. Ich blendete jeglichen Stress aus und meine Lider wurden schwerer. Ich merkte nur noch wie alles um mich herum in einem schwarzen Schleier gehüllt wurde.
„Natsumi, wach auf." Ich blinzelte und nur verschwommen erkannte ich Umrisse einer Person. War das Jayme? Aber wie konnte das sein? Die Person wurde klarer und ich blickte in Taichis smaragdgrüne Augen: „Was machst du hier?" Ich setzte mich aufrecht hin und er sich direkt neben mich: „Das ist doch egal. Die Hauptsache ist doch das ich hier bin." Er küsste mich. Ich schüttelte meinen Kopf: „Das geht nicht. Du darfst das Klinikgelände doch nicht verlassen."Seine Augen verengten sich: „Willst du mich nicht hier haben?"Ich zuckte: „Doch natürlich. Ich liebe dich doch, dass weißt du doch. Ich-" Er stand auf: „Betrügst du mich?" Ich konnte mich nicht bewegen: „Was?" „Ich habe ihn geküsst!" Plötzlich stand Jayme neben Taichi: „Er hat dich nicht betrogen. Ich habe ihn dazu gezwungen. Ich liebe ihn." Ich wusste nicht was hier los war, aber Tränen füllten plötzlich meine Augen. Es fühlte sich gerade alles so leer an. Taichi drehte sich zu mir: „Warum hast du mir nichts davon erzählt." Ich öffnete meinen Mund aber es kamen keine Worte aus mir heraus. Ich muss es ihm doch erklären. Er packte mich unsanft am Arm. „Warum sagst du nichts?" Ich weinte. Ich hatte Angst. Jayme packte nun meinen anderen Arm: „Natsumi, ich liebe dich. Bitte wähle mich." Moment, was? Taichi's Griff wurde noch stärker, und schnürte mir fast das Blut ab. Taichi, das tut weh, dachte ich, reden konnte ich immer noch nicht. Was sollte eigentlich die Frage? Ich würde mich immer und immer wieder für Taichi entscheiden. Aber er war es, der von mir abließ und zurücktrat. Jayme zog mich in seine Arme. Ich konnte mich nicht bewegen, geschweige denn mich von ihm losreißen und zu Taichi laufen. Er schritt durch die Tür und sah mich nicht mehr an. Nein. So wollte ich das nicht. So fühlte sich das nicht gut an. Verschwitzt riss ich die Augen auf und schreckte vom Sofa hoch. Es war nur Traum.
Den nächsten Tag hatte ich frei und ich entschied mich ein passendes Hochzeitsgeschenk für Jun und Yoko zu besorgen, bevor ich Taichi besuchen würde. Ich durchsuchte sämtliche Online-Shops und bummelte zusätzlich noch ein wenig in London, um auch alle Möglichkeiten ab zu wägen. Ich fand eine Spieluhr die gleichzeitig eine Glaskugel war, ein bekanntes Klavierstück spielte und mit der Inschrift „For Eternity" versehen war. Das passte und da sie nicht gerade billig war, empfand ich sie als angemessen.
Etwas später stand ich vor der Tür 123 im ersten Stock des Klinikums. Klopf doch endlich an, dachte ich. Es war nur ein Traum ! Aber der Kuss mit Jayme war es dennoch nicht und genau das ließ mich zögern. Plötzlich öffnete sich die Tür wie von selbst und mein Freund schubste sich förmlich gegen mich: „Natsumi, schön, dass du da bist. Ich wollte gerade runter gehen und im Eingangsbereich auf dich warten. Wollen wir?" Da Besucher eigentlich nur ungern in Patientenzimmern gesehen wurden, spazierten wir heute durch das Klinikgelände: „Ich habe zu Hause noch Unterlagen, die zur Uni müssen. Könntest du sie in mein Arbeitszimmer bringen ? Das wäre wichtig." Ich nickte: „Sicher, ich fahre heute noch hin, versprochen." Er nahm ganz kurz meine Hand: „Danke." Ich blickte zu Boden. Es war schön seine Wärme zu spüren, auch wenn es nur eine seiner beiden Hände war. Es reichte für diesen Moment. Taichi zog mich in seine Arme, als wüsste er wie ich mich geradefühlte: „Ganz egal wo du auch bist, ich bin immer an deiner Seite." Dann küssten wir uns.
Es war schon spät und nur noch Studenten der Abendkurse waren da sowie deren Professoren. Ich hatte den Umschlag mit Taichis Materialien fest unter'm Arm und marschierte geradewegs zu seinem Büro. Nachdem ich alles auf seinen Tisch gelegt hatte, klopfte mir jemand herzhaft auf die Schulter: „Na wen haben wir denn da?" Es war Ryozo Hachiro und das konnte nur Ärger bedeuten. Ich drehte mich um und war im Begriff zur Tür zu gehen, doch er packte mich am Arm: „Habt ihr ja toll gemacht, du und dein Liebster. Das der Professor jetzt einfach in die Klappsmühle abmarschiert hab ich wohl dir zu verdanken, du kleines Plappermaul!" Ich riss mich von ihm los: „Ich hab' überhaupt nichts gesagt, und deinen Test fälschen, das würde er sowie so nie machen." Ryozos Augenbrauen verengten sich: „Hör mal zu du Winzling. Es ist mir egal ob der Alte in der Klapse oder auf dem Sterbebett ist. Sorg' dafür, dass ich bestehe oder ich werde dein und sein Leben ruinieren. Auf Ewig!" Ich zitterte vor Wut und meine Hände ballten sich zu Fäusten. „Das hätte selbst ich Ihnen niemals zugetraut." Die halb angelehnte Tür öffnete sich plötzlich und ein Mann Mitte 50 betrat den Raum: „Sie haben zwar eher eine negative Reputation aber Erpressung, das wird auf unserer Hochschule gar nicht gerne gesehen, noch weniger als -" Er lächelte mir aufmunternd zu:„Homosexualität." Er wusste also von Taichis Neigungen: „Professor, Sie...Sie, ähm, haben das missverstanden. Natsumi und ich, wir - " „Oh, ich denke ich habe alles Notwendige mit angehört. Bitte gehen Sie doch schon mal in mein Büro, dann stelle ich Ihnen ihre Suspension aus." Mein Herz machte einen Freudensprung. Der Mann war wohl ein Kollege von Taichi und Ryozo schien mir jetzt vom Hals geschaffen zu sein. Sein Kopf war tiefrot und beschämt verließ er das Zimmer. Der Professor reichte mir seine Hand: „Sie müssen Yukios Lebensgefährte sein. Ich bin Professor Mousáir. Ich unterrichte hier Geschichte und Politikwissenschaft. Ich hoffe Herr Hachiro hat Ihnen nicht allzu viel Ärger gemacht. Sie müssen sich im übrigen keine Sorgen machen. Der Großteil der Schule akzeptiert Herrn Yukios Sexualität." Ich blinzelte verwirrt: „Wissen hier alle Bescheid?" Er schüttelte seinen Kopf: „Natürlich nur die, die auch gefragt haben. Aber an unserer Einrichtung wird so etwas in Maßen toleriert. Ihr Partner macht seinen Job gut und das ist das was zählt." Er verabschiedete sich und verließ ebenfalls den Raum. Taichi hielt also sogar während der Arbeit zu mir. Ich war schwer gerührt, zu dem ich das natürlich nicht von ihm verlangte. Ryozo war also nun endliche Geschichte. Jetzt gab es nur noch Jayme mit dem ich vergangene Sache klären musste. Und das jetzt.
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Teacher's Boy 2
FanfictionNatsumi kämpft sich durch sein letztes Studienjahr und genießt mit Taichi zusammen die Beziehung zu zweit in London. Alles scheint perfekt wäre da nicht Jayme, Natsumis Studienfreund, der die Beziehung zu stören scheint. Auch verursacht der punkblon...