Kapitel 2

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Douglas

Die erste Stunde war ein komplettes Desaster. Wieder mal war mein Bruder grundlos sauer geworden und hatte einen unserer Mitschüler angeschrien. Ich fange an, darüber nachzudenken, den Kurs zu wechseln, damit ich nicht mit ihm verglichen werde und sie denken, ich sei wie er. Aber jetzt verstehe ich mich schon so gut mit Betty und Anne, dass ich eigentlich gerne bleiben würde. TJ würde sofort den Kurs wechseln, das ist mir klar, doch ich denke, dass er das nicht zugeben wird. Zum einen, weil es quasi eine Art Niederlage in seinem Krieg gegen Sean wäre, und zum anderen, weil er nicht will, dass jemand sich wegen ihm Arbeit macht – so egoistisch er manchmal auch ist, ich weiß genau, welche Selbstzweifel er hat. Anne reißt mich aus meinen Gedanken.

„Hey, hast du Lust, mal mit mir zum Strand zu gehen?" - „Ich? Was?", stammle ich erst einmal verwirrt. Betty lacht. „Sie flirtet mit dir, Douglas. Sie möchte mit dir auf ein Date gehen." Meine Hände werden schwitzig, als Anne nicht widerspricht. Ich. Ein Date. Mit einem Mädchen. Das ist falsch. „Ähm... klar, wann hast du denn Zeit?", frage ich und lächle schüchtern. „Wie wäre es mit Samstag?", schlägt Anne vor. „Gut", willige ich ein. „Wenn du mir deine Nummer gibst, können wir uns wegen der Uhrzeit noch schreiben." Sie zückt grinsend einen Filzstift und schreibt ihre Handynummer auf meine Hand. 

TJ

Da Mom noch zuhause ist, kann ich auf keinen Fall dahin zurückgehen. Klar wird sie von der Suspendierung erfahren, aber momentan möchte ich mich nicht streiten. Deshalb fahre ich zu Grandma, die nicht weit von der High School wohnt. Sie freut sich wie immer sehr, dass ich da bin. „Hallo, TJ", begrüßt sie mich daher schon an der Eingangstür. „Hast du keine Schule?" - „Doch, aber..." Weiter komme ich nicht, da eine beschissene Träne über meine Wange kullert. „Ach Gott, komm rein", ruft Grandma besorgt und zieht mich in ihre Küche, wo sie mir zuerst einen Kakao in ihrer Lieblingstasse macht und sich dann von mir die ganze Geschichte von Anfang an erzählen lässt. Als ich fertig bin, schaut sie mir in die Augen und fasst zusammen: „Also bist du ein homophobes Arschloch." Es ist nicht das Schimpfwort, dass mich irritiert, denn die sind bei Grandma Gang und Gebe, sondern das andere Wort. Homophob. „Ich bin nicht homophob", widerspreche ich daher. „Ich... ich mag bloß keine Schwulen, und erst Recht nicht, dass die sich vor mir küssen oder so." Grandma seufzt und stützt ihre Ellbogen auf den Tisch. „Was würdest du tun, wenn Douglas dir sagen würde, dass er schwul ist?" Ich zucke zusammen. „Ist er-" - „Das tut jetzt nichts zur Sache", unterbricht sie mich. „Stell es dir einfach vor. Er wäre noch immer der gleiche Mensch, nur, dass er keine Freundin, sondern einen Freund mit nach Hause bringen würde. Und so ist das bei diesem Sean. Er ist ein Mensch, mit seinem eigenen Charakter, plus dem Zusatz, dass er eben auf Jungs abfährt. Wenn du ihn hasst, weil er ein Hurensohn ist, kannst du gerne zu mir kommen und dann beschweren wir uns zusammen über deine Suspendierung. Aber solange du ihn hasst, weil er schwul ist, beweg verdammt noch mal deinen Arsch aus meiner Wohnung."

Fassungslos starre ich Grandma an. Ich dachte, wenigstens sie würde mein Problem verstehen. Fehlanzeige. Ich werfe meine Tasse auf den Boden. „Danke für den Kakao", schnaube ich noch, dann verlasse ich ihre Wohnung.

Douglas

Im Rest des Unterrichts tun Anne und Betty wieder so, als wäre nichts geschehen. Niemand erwähnt das Treffen am kommenden Wochenende, niemand erwähnt die Tatsache, dass sie etwas von mir will. Auch ich schaffe es ausnahmsweise mal, das und TJ komplett zu verdrängen. Vielleicht auch, weil wir in P.E. Volleyball spielen. In Thousand Oaks haben wir das nie getan, dort wird Volleyball als Frauensport angesehen. Der Coach, Mr. Knowles, lobt mich oft. Nach der Stunde ruft er mich sogar zu sich. „Douglas, was du heute gezeigt hast, war echt nicht schlecht! Hast du schon mal Volleyball gespielt?" Ich schüttle den Kopf. „Nicht richtig. An meiner alten Schule gab es keine Mannschaft für Jungs." Mr. Knowles nickt. „Wenn du willst, kannst du gerne mal bei uns vorbeischauen. Wir brauchen wieder dringend Nachwuchs, drei von unseren Spielern haben die Schule verlassen." - „Super, ich wollte sowieso Ihren Kurs wählen", erkläre ich ihm, bevor ich mich verabschiede und mich umziehen gehe. Vielleicht ist der heutige Tag ja gar nicht mal so schlecht, wie er angefangen hat.

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