Kapitel 6

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TJ

Bisher gab es noch keinen neuen Zettel, obwohl es schon Donnerstag ist. Auch, wenn ich es nicht wirklich zugeben will, vermisse ich die Briefe. Da heute kein Unterricht mehr ist, ist morgen die letzte Chance. Und ich bin verdammt neugierig. Auf einmal vibriert mein Handy. Ich ziehe es aus der Hosentasche. Eine Nachricht von einer unbekannten Nummer. Mein Herz schlägt höher. Prudence? Tatsächlich, ein neuer Titel. Stone Sour – Wicked Game. Erinnert mich an dich. Bisher stand nie etwas dazugeschrieben, die Lieder haben für sich selbst gesprochen. What a wicked game to play to make me feel this way - What a wicked thing to do to make me dream of you - What a wicked thing to say you never felt that way - What a wicked thing to do to make me dream of you - And I don't wanna fall in love - No, I don't wanna fall in love - With you. Nachdem ich den Song angehört habe, schreibe ich der Unbekannten aka. Prudence. Wer bist du? Die Antwort kommt sofort. Jemand, der dich mit dieser Nachricht ganz schön nervös gemacht hat. Ich beiße mir auf die Lippe. Sie hat Recht. Aber wieso bin ich überhaupt nervös geworden? Doch nicht etwa, weil ich auf Prudence stehe? Auf keinen Fall. Ich habe in echt noch kaum ein Wort mit ihr gewechselt, weiß nichts über sie, außer, dass sie wohl voll auf Stone Sour abfährt. Vielleicht sollte ich mir einfach mal ihren iPod krallen und selber nachsehen, ob diese Lieder in ihrer Playlist sind. Falls die Zettel doch nicht von ihr sind, bin ich dann ziemlich am Arsch. Ich werde warten. Warten, bis diese Songs ihren Höhepunkt erreichen. Ich hole die zerknüllten Fetzen von den drei Botschaften unter meinem Bett hervor. Es hat ganz harmlos angefangen. Through Glass, einfaches Beobachten durch die Scheibe im Musikzimmer. Dann The Conflagration, wo das zum ersten Mal Liebe erwähnt wird und die Angst vor dem Hass der Leute. Letzte Woche Miracles, es wäre ein Wunder, wenn ich sie lieben würde. Und heute Wicked Game, was ehrlich gesagt ziemlich genau auf meine Gedanken zutrifft. Irgendwann wird ein Liebeslied kommen. Und lange kann es nicht mehr dauern, sie wird dann zugeben müssen, dass sie es war. Vielleicht ist es ja schon nächste Woche so weit. Auch in der Fahrstunde denke ich darüber nach, was wohl die nächste Nachricht sein könnte. Irgendwie schaffe ich es trotzdem, auf den Verkehr zu achten und eine unfallfreie Fahrt hinzulegen. Und da soll noch jemand sagen, Männer sind nicht multitaskingfähig. 

Douglas

Das Wochenende verbringe ich mit Elliot und Jesper am Strand. Es ist zwar etwas frisch, weshalb nicht wirklich viele Leute da sind, aber wenn man die Zähne zusammenbeißt, kann man auch schwimmen gehen. Ich habe meinen Volleyball dabei, und nach einer Runde inner- und einer Runde außerhalb des Wassers lassen wir uns erschöpft auf unsere Handtücher fallen. Gut, so ist dann doch ein bisschen kalt. Ich ziehe meine Sweatshirtjacke an und lege mir mein Handtuch über die Schultern. Wir reden ein bisschen über die Schule. „Wisst ihr, was das Blödeste an der High School ist?", meint Jesper auf einmal und dreht sich auf den Bauch. „Es gibt einfach keine gescheiten Mädchen." Elliot lacht. „Da irrst du dich, mein Freund." - „Ja?" Jesper ist sichtlich erstaunt. „Wer hat den unserem Elliot das Herz gestohlen?" Der Stufensprecher wird rot. „Naja, ob ich wirklich verknallt bin... aber Betty ist schon 'ne ganz Süße." - „Betty? Echt nicht", widerspricht Jesper. „Aus Mathe vielleicht noch Valerie, aber Betty? Ne danke." - „Ey, pass auf was du sagst!" Elliot wirft eine Hand voll Sand auf Jesper, der das natürlich nicht auf sich sitzen lässt. Grinsend sehe ich zu, wie die beiden sich wie die Kleinkinder bekriegen. „Und du, Douglas?", fragt Elliot, nachdem sie sich wieder beruhigt haben. „Ich? Ähm... keine Ahnung. Die Mädchen haben mich nicht wirklich interessiert... bis jetzt", füge ich hastig hinzu. Meine Freunde werfen sich vielsagende Blicke zu. „Anderes Thema", lenke ich sofort ab. „Was denkt ihr über Mackenzie und Hunter?" - „Sind die jetzt zusammen?" Jesper sieht mich entgeistert an. „Grade wollte ich noch sagen, dass Mackenzie noch passabel wäre..." Ich zucke die Schultern. „Was ich so gehört habe, ja. Aber keine Garantie, dass das stimmt." - „Genau", pflichtet Elliot mir bei. „Vielleicht hast du noch eine Chance bei ihr, Jesper." Er klopft ihm auf die Schulter. „Halt dein Maul", nuschelt Jesper nur. Ich nehme den Volleyball in die Hand. „Jemand Lust auf noch eine Runde?" 

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