Eine neue Freundin

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Ich betrachtete den Hügel und das darunter liegende Tal. Es war wunderschön. Ein Wald grenzte auf der einen Seite an und das Meer auf der anderen. Sofort fielen mir tausend Gedichte ein, allein bei der Betrachtung dieses Hügels. Auf der einen Seite grenzte ein Wald an, auf der anderen Seite das Meer. Von der Fichte neben mir schien eine ungeheure Kraft auszugehen. Diese Kraft machte das Gras grüner, das Wasser klarer und die Luft sauberer. Ich atmete tief ein. Meine Eltern auch. Mr. Brunner streckte sich, soweit dass im Rollstuhl möglich war. "Na dann stellen wir dir das Camp mal vor." meinte er und war drauf und dran, den Hügel voller Äste runter zu rollen. Ich hielt ihn auf. "Ich will ja nicht unhöflich sein, aber meinen Sie nicht, dass es gefährlich für Sie werden könnte wenn Sie da runter fahren?" ich nickte in Richtung Hügel. Mr. Brunner schaute in die Richtung, überrascht, als ob er jetzt gemerkt hätte, was er da beinahe getan hätte. Dann lachte er. Und stand auf. Er stand aus dem Rollstuhl auf. Aber er war kein Mensch mehr. Zumindest nicht ganz. Ab der Hüfte aufwärts war er ein Mensch, aber abwärts... war er ein schneeweißes Pferd. Ich traute meinen Augen nicht. Er war ein... ein "Zentaur" flüsterte ich in Fassungslosigkeit. Der Zentaur lachte. "Hier kannst du mich Chiron nennen kleine Artemis." sagte er väterlich lächelnd. Schüchtern zurück lächelnd folgte ich ihm mit meinen Eltern im Schlepptau. Er führte uns den Hügel runter. Das Camp war unglaublich! Es gab eine Schmiede, einen Pavillon bestehend aus griechischen Säulen, eine Kletterwand, die Lava spuckte und ein Amphitheater. Das Theater war am schönsten. Hier konnte man sich hinsetzen und einfach schreiben. Geschichten, Gedichte, Aufführungen... dieses Theater war reinste Inspiration. Ich setzte mich und war drauf und dran meinen Block rauszuholen, als Chiron sich neben mich stellte und mich ansah. Verlegen schloss ich meinen Rucksack. Meine Eltern setzten sich neben mich warfen dem Zentaur einen fragenden Blick zu. Er nickte. Mama holte tief Luft. Und fiel mit der Tür ins Haus. "Schatz... du bist ein Halbblut. Das... das bedeutet, dass dein Vater ein Gott war..." ihre Stimme versagte und sie schluckte. "W... Wie jetzt?" ich schaute zu Papa. "Soll... Soll das heißen du..." Er mied meinen Blick und nickte. Ich sah zu Mama, die Tränen in den Augen hatte. Mein Vater, der 17 Jahre lang auf mich aufgepasst und für mich da war, sollte nicht mein richtiger Vater sein? Mein richtiger Vater sollte ein Gott sein?!
Mir wurde das zuviel. Ich stand auf und lief. Und lief. Und lief. Immer weiter in den Wald hinein. Es war stockfinster, aber ich konnte immer noch sehen wie bei Tageslicht. Ich lehnte mich an Baum und rutschte mit Rücken an der Rinde zu Boden. Ich konnte es nicht glauben. Ich wollte hier raus. Ich wollte wieder zuhause sein, mit Papa reden und mit Mama lachen und mit beiden abends zusammen einen Film gucken...
Ich fing an zu weinen. Vor Schock. Vor Angst. Vor Unglauben. Ich weinte um die alten Zeiten.
"Am Anfang ist es immer schwer." hörte ich eine Stimme neben mir. Ich fuhr zusammen und sah erschrocken hoch. Ein Mädchen, ein bisschen jünger als ich, saß neben mir und lächelte mitleidig. "Genevieve." stellte sich das Mädchen vor. "Artemis." erwiderte ich nach einem tiefem Atemzug. Ich betrachtete sie näher. Braune Haare, tiefgrüne Augen, Sommersprossen und Stupsnase. Hübsch. Auch wenn es dumm war fragte ich mit zitternder Stimme ob sie ein Halbblut sei. Sie nickte. "und... wessen Tochter bist du?" fragte ich. Sie sah traurig aus. "Ich weis es noch nicht. Manchmal bekehren sich die götter nicht zu ihren Kindern. Ich warte nun schon seit vier jahren." sagte sie seufzend und mit leichter Bitterkeit. Ich konnte nur überrascht dreinschauen. Da hörte ich Hufgeklapper. Ich drehte mich um; Chiron kam an galoppiert. "Da hinten kommt Chiron." "Woher weißt du das?" fragte Genevieve mich. Bevor ich antworten konnte, hielt er schon an. "Deine Eltern sind abgefahren. Du lebst ab jetzt hier." verkündete er ohne Umschweife. Okay, danke dass man auf mein Einverständnis gewartet hat. Doch bevor ich was sagen konnte, erwiderte Genevieve wütend: "Sag mal Chiron hast du sie noch alle?! Sie hat hat eben erst erfahren, was sie ist! Du kannst doch jetzt nicht von ihr verlangen hier einfach zu wohnen und erwarten dass sie es akzeptiert. Mit allem Respekt den ich vor dir und deinen Fähigkeiten als Lehrer habe, ich fürchte tausend Jahre Helden auszubilden hat dich ein bisschen zum Thema Einfühlsamkeit beschränkt." Chiron wich sprachlos zurück. Er hatte eindeutig nicht mit so einem Ausbruch gerechnet. Ich konnte nur den Boden anstarren. Genevieve warf ihr Haar zurück und nahm meine Hand. "Wenn du uns entschuldigen würdest, ich werde ihr nun Hütte 11 zeigen" sagte sie und zog mich in Richtung eines Kreises aus Hütten die alle wunderschön waren. Hütte 11 war eine normale Holzhütte. Sie war zum Bersten voll. "Artemis, Willkommen in Hütte 11. Hier leben alle, deren göttliches Elternteil sich noch nicht bekannt hat und die Kinder des Hermes." erklärte sie mir. "Wo schläfst du?" wollte ich wissen. Sie deutete auf eine Matratze ganz hinten in der Ecke. Daneben lag eine andere, die unbenutzt aussah. "Sieht aus als würden wir nebeneinander schlafen. Das wird bestimmt lustig." freute sich Genevieve. Sie zog mich wieder aus der Hütte. "Komm wir holen deinen Rucksack."
Und somit hatte ich schon eine neue Freundin.

Percy Jackson FF - Um Olympus WillenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt