Kapitel 4

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Es war ein komisches Gefühl, während Max von Florian durch die Straßen Berlins gezogen wurde, wie der größere seine Hand dabei hielt und ihn über seinen Studiengang ausfragt. Irgendwann blieb Florian stehen, Max lief völlig verdutzt in eben diesen hinein. "Man Max, hörst du mir eigentlich zu?", fragte Florian, das Lächeln zu einem leichten Schmollen verzogen. "Ehm, ja. Sorry, ich bin gedanklich noch nicht so wirklich aus der Uni draußen, dass ist gerade etwas kompliziert für mich.".

 Nach einem kleinen Augenrollen von Florians Seite aus begann der Größere, Max wieder durch die Straßen zu ziehen, dass es inzwischen Kälter geworden war und auch die Wolken noch dichter am Himmel schwebten, als am Morgen schon, interessierte Florian kaum, doch Max begann zu frösteln.

 Nach einem gefühlten Marathon durch Berlin blieben sie endlich vor einem kleinen italienischen Restaurant stehen. Wie ein Gentleman hielt Florian Max die Tür auf, welches er dankend beachtete und in das kleine und gemütlich wirkende Bistro, gefolgt von Florian, betrat. Mit einem freundlichen Lächeln begrüßte ein Kellner die beiden Herren und grüßte Florian Freundschaftlich.  Beide wurden zu einem kleinen Tisch am Fenster geführt. Sie nahmen Platz, während der Kellner die Kerzen auf dem Tisch anzündete und ihnen jeweils eine Karte überreichte.

 "Magst du Wein?", fragte Florian Max, doch dieser antwortete nur "Ich habe bisher noch keinen getrunken. Ich weiß es leider nicht, es tut mir leid." entschuldigend. Mit einer einfachen Handbewegung, welche zeigen sollte, dass es Max nicht leid zu tuen brauchte, bestellte Florian einen Brunello di Montalcino, einen toskanischen Rotwein mit dem Jahrgang 2010. Max war beeindruckt, Florian musste sich wohl gut mit Weinen auskennen.

 Nickend trat der Kellner den Rückzug an um den beiden Männern die Zeit zu lassen, sich etwas zu Essen zu bestellen. "Du gehst nicht oft Essen, was?".  "Nein, eigentlich nie. Ich meine, wieso sollte ich auch?" antwortete Max schulterzuckend, bemerkte, wie Florian über die Karte hinweg beobachtete. "Weißt du schon, was du nimmst? Wenn nicht, ich empfehle die Lasagne, die ist ausgezeichnet.". Als der Kellner mit dem Wein in der Hand zurück kam und etwas von dem rötlichen Wein in die Gläser der beiden Männer eingoss, bestellte Florian für Max und ihn eine Lasagne. Wie auch zuvor nickte der Kellner und ließ Florian und Max wieder zurück.

 Lächelnd erhob Florian sein Glas um mit Max anzustoßen, was dieser auch mit einem komischen Bauchgefühl erwiderte. "Auf unsere aufkeimende Freundschaft, Max.". Gespannt beobachtete Florian, wie Max den ersten Schluck nahm. Lächelnd sah er Florian an, "Gute Wahl. Du scheinst dich auszukennen.". Mit einem Kichern nickte Florian, meinte, man müsse sich auch mal etwas anderes und besseres gönnen als nur Bier, Vodka oder einem billige Wein aus dem Tetrapack.

 Langsam begann Max, aufzutauen, sprach mit Florian über seinen Studiengang und seine Bemühungen, sich für ein Auslandsemester in Amerika zu qualifizieren. Als die Lasagne kam, machte Max große Augen. Zwar roch die Mahlzeit absolut köstlich, doch Max' Magen begann bei dem Gedanken daran, dass er diese, aus seinen Augen riesige Portion essen musste, sich zusammen zu ziehen. Wie sollte er es Florian denn verheimlichen, dass er an einer Essstörung litt, wenn er wahrscheinlich schon bei dem ersten Bissen auf die Toilette rennen würde.

 Angespannt tat Max es Florian gleich und nahm sich Messer und Gabel, schob sich die erste Portion Lasagne in den Mund. Überrascht sah er den Teller an, die Anspannung in seinem Magen schien sich langsam zu lösen und erst jetzt merkte er wirklich, wie hungrig er eigentlich war. Lächelnd beobachtete Florian Max, wie er eine Gabel nach der anderen von der Lasagne nahm und diese aß. "Es ist schön zu sehen, dass es dir besser geht und du richtig isst, der Mageninfekt scheint ja Gott sei Dank wieder weg zu sein."

 Kurz verschluckte Max sich an einem Bissen, eher er nickte. "Ja, ich fühle mich schon besser.". Schnell nahm Max einen Schluck von dem trockenen Rotwein, welcher kräftig und charakterstark schmeckte, um den letzten Bissen vollkommen herunter zu schlucken. Nach ungefähr der Hälfte legte Max sein Besteck beiseite und legte einen Hand auf seinen Magen. "Ich bin satt. Es tut mir leid, aber ich schaffe leider nicht mehr. Ich hoffe, du bist mir nicht böse deswegen.", erklärte dieser, während er langsam in seinem Stuhl zusammen sank, Angst vor einer negativen oder gar ausfallenden Reaktion. Doch alles was von Florian kam, war ein verständnisvolles Lächeln mit den Worten, dass dies doch nicht schlimm sei und Max sich keineswegs dafür zu entschuldigen bräuchte.

 Verwundert sah Max Florian an, er konnte es nicht glauben, dass Florian so verständnisvoll reagiert hatte, eher hatte er mit einer Maßregelung, gar mit Beschimpfungen und lautstarken Schreien gerechnet. "Hey, es ist alles gut Max, du musst nicht so angespannt sein.". Aus großen Augen sah Max Florian an, Unglaube in seinem Blick. So viel Gutmütigkeit kannte Max nicht.

 Nach einer Weile hatte auch Florian seine Mahlzeit beendet, der Wein in den Gläsern war geleert, bereits das zweite Glas war schon zur Hälfte leer. Beide waren so in ein Gespräch über das neue Album von Bring Me The Horizon vertieft, dass sie gar nicht merkten, wie schnell die Zeit verging.

 Irgendwann, beide waren dank dem Wein leicht angetrunken, kam der Kellner mit der Rechnung in der Hand. Als Max seinen Geldbeutel heraus holen wollte, legte Florian über den Tisch hinweg seine Hand auf Max' Arm um diesen in seinem Tun zu stoppen. "Ich lade dich ein, Max.". Freundlich Lächelnd zahlte Florian die Rechnung, die Reste von Max Lasagne wurde ihm eingepackt, damit er diese mitnehmen konnte.

 Dankend verabschiedete sich der Kellner die beiden Herren. Florian half am Eingang Max in seinen Mantel, welchen er kurz nach betreten des Restaurants zusammen mit Florians Jacke an die Garderobe gehangen hatte und hielt ihm wieder die Tür auf. "Du, Florian. Das war doch aber kein Date, oder?", "Ehm, nein. Das sollte nur sein, damit wir uns beide besser kennen lernen und das wir unsere neue Freundschaft ein bisschen einweihen.". Verständlich nickte Mac, auch, wenn Florians Blick ein wenig traurig wirkte, als wäre es ihm lieber gewesen, dass es ein Date wäre.

 An der U-Bahn Station, wo Max letzten Endes aussteigen musste, verabschiedeten sich beide, wobei Florian Max in eine Umarmung zog. Ein kleiner Stromschlag fuhr durch Max' Körper, als Florian ihm über den Rücken strich. Als dieser die Umarmung löste, war sein Gesicht in einem leichten Rotton und er drehte sich um, um wieder in die Bahn zu steigen. Verwirrt lief Max in Richtung Ausgang, beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Florian weg fuhr.

 Dieser Mann begann, Max den Kopf zu verdrehen, es war, als würde Florian Max' Welt auf den Kopf stellen.

 Max schloss seine Wohnung auf und ließ sich gegen die Wand sinken. Seine Konzentration war aufgebraucht und sein Magen schmerzte etwas, dennoch hatte er nicht mehr das Gefühl, er müsse sich übergeben. Das einzige, was er tat war, sich für sein Bett bereit zu machen und mit den Gedanken an diesen doch, wie sagte man gleich, schönen Abend einzuschlafen. Zum ersten Mal seit Jahren war Max in seiner Wohnung am Ende des Tages nicht zusammen gebrochen, stattdessen durchströmte ihn ein warmes Gefühl.


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