Kapitel 10

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 Müde schlug Max die Augen auf. Heute würde er wieder in die Universität gehen müssen. Nachdem er seinen Zusammenbruch am Samstagabend hatte, schlief er irgendwann ein und verbrachte den gestrigen Tag nur damit, zu lernen und etwas mit Florian zu schreiben. Sie wollten sich vor der Universität treffen und gemeinsam etwas zum Frühstück zu holen.

 Seit er wieder nach Hause gekommen war, hatte er keine Nahrung mehr zu sich genommen, ein Glas Wasser war das einzige, was seinen Magen von innen sehen durfte. Seufzend rieb sich Max über das Gesicht und setzte sich in seinem Bett auf. Er hatte nicht nur geweint, als er wieder nach Hause kam, das ganze restliche Wochenende fühlte er sich komplett ausgelaugt, als sei seine ganze Kraft bei Florian geblieben und er war nur als eine leere Hülle wieder gekehrt.

 Natürlich freute er sich darauf, Florian wieder zu sehen. Alleine der Gedanke an diesen wundervollen und liebenswerten Mann ließ Max' Herz freudige Impulse durch seinen Körper jagen, welche seinen ganzen Körper kribbeln ließen. Jedoch war sich Max noch zu unsicher, als das er sich hätte eingestehen können, das er in Florian verliebt war, immerhin kannte er ihn gerade einmal eine Woche, aber er hatte ihn, den echten Max bereits besser kennen gelernt als jeder andere Mensch, den Max zuvor in seinem Leben kennen gelernt hatte.

 Letzten Endes blieb Max ja doch keine andere Wahl und er machte sich auf den Weg ins Badezimmer, duschte, zog sich eine dunkelblaue Jeans mit einem weiten, dunkelgrauen Pullover mit einem "Pink Floyd" Schriftzug. Er musste die Band unbedingt mal wieder hören, viel ihm ein, als er sich im Spiegel betrachtete und seine Haare zurecht machte.

 Seine Haut war immer noch blass, aber die blauen Augen glänzten, seine Lippen waren nicht mehr zu einem einfachen Strich zusammen gezogen sondern deuteten immer ein kleines Lächeln an. Die Augenringe waren zwar immer noch dunkel, aber sie schienen sich langsam an seine Hautfarbe anzupassen.

 Der Regen, welcher die ganzen letzten Stunden gegen die Fensterscheibe der Wohnung prasselte, hatte sich in Schneeregen verwandelt und man merkte, das Dezember und Weihnachten nicht mehr weit entfernt waren. Es war komisch, aber irgendwie freute sich Max darauf, die kalte Jahreszeit und Weihnachten scheinbar nicht alleine verbringen zu müssen, viel mehr war da die Möglichkeit, die Zeit mit Florian zu verbringen.

 An der Bahnstation angekommen fuhr auch schon seine Bahn ein. Als Max einstieg kam auch schon Florian auf ihn zu und schlang seine Arme um den abgemagerten Körper und küsste sanft die Schläfe von Max. Vollkommen überrumpelt von dieser Zärtlichkeit in der Öffentlichkeit spannte sich Max kurz an, nur um sich nur wenig später wieder zu entspannen und sich ganz sanft gegen Florian zu lehnen.

 Normalerweise bekam Max bei so viel Körperkontakt Angst, er dachte dann immer, dass es seine Hände waren, die ihn berührten, doch bei Florian war es so vertraut, es machte ihm kaum etwas aus, wenn er ihn berührte oder wenn er wie jetzt die Arme um seinen Körper schlang und er den Atem des braunhaarigen in seinem Nacken spürte.

 Lächelnd drehte sich Max um und sah Florian in die großen braunen Augen, welche er zu gerne mit den Augen seines Teddys von damals verglich. So wie er damals das Gefühl hatte, dass sein Teddy ihn beschützen würde, so hatte er nun das Gefühl, das Florian auf ihn Acht geben würde und ihn beschützen würde.

 Leise atmete Max aus und legte seine Hände auf Florians Brust, welcher sich zu ihm beugte und ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen drückte. Als sie sich wieder lösten, hörten sie ein "Sowas hat es bei uns nicht gegeben. Das ist widerlich, dafür werdet ihr in die Hölle kommen.", ausgehend von einem älteren Mann, welcher ungefähr vier Plätze entfernt von den jungen Männern saß und diese mit einem angewidertem Gesichtsausdruck musterte.

 "Dann kommen wir eben in die Hölle dafür. Alles ist besser als das Leben nach dem Tod mit Menschen zu verbringen, die ihre Meinung teilen, das Liebe zwischen den gleichen Geschlechtern unmenschlich sei. Man liebt kein Geschlecht, sondern einen Menschen, entweder sie akzeptieren das oder sie behalten ihre Meinung diesbezüglich für sich.". Die Antwort, die Florian dem Mann gegeben hatte, sorgte dafür, das Max ihn bewundernd ansah und ihm einen kleinen Kuss auf die Nase drückte, auch, wenn er dafür auf Zehenspitzen gehen musste.

 Florian lächelte Max sanft an und verließ Hand in Hand die Bahn mit ihm, zwar eine Station zu früh, allerdings wollten sie auch noch etwas gemeinsam frühstücken. Der Mann hatte den Blick von den beiden abgewandt, wie Max aus den Augenwinkeln sehen konnte.

 Langsam schlenderten sie in Richtung einer kleinen Bäckerei, in der sie es sich drinnen mit jeweils einem belegten Brötchen bequem. Während Florian einen Schluck von seinem Kaffee nahm, wartete Max, bis sein Schwarztee durch zog und biss in sein Brötchen. Erst jetzt merkte er, wie sehr er sich bereits an das regelmäßige Essen gewöhnt hatte und er nahm gleich noch einen Bissen. Belustigt beobachtete Florian das ganze Schauspiel und begann, nun ebenfalls sein Frühstück zu verspeisen.

 Als beide fertig waren, bedankten sie sich nochmals und verließen die kleine und warme Bäckerei. Draußen hatte sich der Schneeregen bereits in richtigen Schnee verwandelt. Die kleinen und weißen Schneeflocken rieselten auf die Stadt herab, verfingen sich auf den Haaren und Mänteln der Menschen. Zwar blieb der Schnee nicht liegen, aber dennoch war es ein wundervolles Bild, welches sich den jungen Männern bot.

 Diesmal nahm Max die Initiative und griff nach Florians Hand, während sie langsam Richtung Universität gingen. Zwar wusste Max, dass die Welt nicht perfekt war, allerdings war dieser Moment, während der Schnee sanft auf sie herab rieselte und sie Hand in Hand zur Universität gingen, ein kleines Stück Perfektion. Es ging um die kleinen und unscheinbaren Momente im Leben, die, die einen einfach glücklich machen, ohne an etwas anderes zu denken. Den Moment genießen, genau das tat Max und wieder war es so, als ob für ihn alles gut werden könnte.

 In der Universität angekommen wurde Max noch zu seinem Hörsaal begleitet und ihm wurde ein zarter Kuss auf die Lippen gedrückt. Wie auch bei den Küssen zuvor schien sich ein kleines Feuerwerk in Max' Körper auszubreiten und ihm wurde wohlig warm. "Ich hol dich später ab, mein Kleiner.". Diese Worte ließen Max' Gesicht rot anlaufen und mit einem schüchternen Lächeln nickte er, ehe er den Hörsaal betrat und sich auf seinen Stammplatz setzte.

 Max wusste nicht, ob sie nun eigentlich ein Paar waren, es interessierte ihn auch nicht. Für ihn war nur wichtig, dass er sich bei Florian einfach wohl fühlte, und nur darauf kam es an. Er genoss die Nähe von Florian, die Zärtlichkeit und wie er ihn in der Bahn beschützt hatte. Florian gab Max das, was er sich all die Jahre wünschte. Liebe.

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