{ 4 }

56 6 2
                                    

Du darfst dich von nichts und niemandem verunsichern lassen. Und vergiss bitte nicht, dass du allein bestimmst und dominierst, Avery.

Die Worte von Betti schwirrten noch in meinen Gedanken herum, doch dies war gut, denn ich spürte wie sie mir Mut machten und mich stärkten. Ich allein setzte die Grenzen. Das hier war mein Spiel und es würden allein meine Regeln gelten.

Ob ich meine Entscheidung bereute? Ich wusste es nicht...konnte gut möglich sein. Vielleicht hätte ich nicht so eilig zu Dakota rennen sollen, um ihr zu berichten, dass sich meine Ansichten bezüglich der privaten Tänze, die angeboten wurde, geändert hatten. Mag schon sein, dass sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein etwas perverser älterer Mann hinter der Tür befand, der mir gerne dabei zusah, wie ich mit den Hüften wackelte, aber diesen Schritt wollte ich schlicht und einfach wagen. Ich wollte es mir selbst beweisen...ich war nicht schwach und wollte meine Grenzen erweitern. Dies dachte ich im Nachhinein. Aber um aufrecht und ehrlich mir selbst gegenüber zu sein, musste ich mir gestehen, dass ich mir nicht viel dabei gedacht und mich hauptsächlich die Neugierde bis hierhin getrieben hatte. Letzten Endes konnte es doch nicht so schlimm sein oder? Ally, Betti, Lisa, Mia...sie alle machten das auch... schon seit Jahren. Was sprach schon dagegen es selbst auszuprobieren?

Ich holte tief Luft, während ich meine Augen für wenige Sekunden zumachte, um in mich zu kehren. Du schaffst das Avery. Lass nicht zu, dich einschüchtern zu lassen...ganz im Gegenteil, du musst sie einschüchtern. Ich seufzte auf und trat näher zur Tür.
Hoffentlich war der Mann nicht zu alt und eklig, dachte ich mir und griff nach der vergoldeten Türklinke. Mit bedacht und sehr zögerlich zog ich sie runter und öffnete die Stahltür. Als ich einen Spalt von dem keinen Zimmer wahrnehmen konnte, trat ich noch weiter vor und machte sie schließlich ganz auf. Zu meiner Überraschung, blieb ich ganz ruhig und verspürte keine Angst oder bedenken mehr, als ich in dem Zimmer stand. Dennoch spannte ich mich an und zuckte leicht zusammen, als ich hörte wie die Tür hinter mir ins Schloss fiel. Als ich mich umschaute stellte ich fest, dass sich zu meinem Erstaunen niemand im Raum aufhielt. Und so fragte ich mich, ob ich im falschen Zimmer war. Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Es war kein Bett zu sehen und bei dieser Erkenntnis musste ich lächeln, weil diese Tatsache mich beruhigte. Zudem sah ich, dass die Wände in einem satten rot gestrichen wurden und die wenigen Möbel, bestehend aus einem Sofa, einem kleinen Tisch und einen protzigen Stuhl, einen Kontrast darstellten.

Erneut schaute ich aufs rote Sofa und trat näher als ich eine schwarze Lederjacke entdeckte, die wohl mit bedacht dort abgelegt wurde. Mit meinen Fingern fuhr ich über den Glastisch und nahm den Cognac-Glas zur Hand. Als ich daran roch rümpfte ich meine Nase zusammen und fragte mich wie man dieses Zeugs trinken konnte. Da ich auch Kellnerte kannte ich mich mit den alkoholischen Getränken aus, allerdings hatte ich nie verstanden wie man Whisky trinken konnte. Das Glas stellte ich wieder ab und kam auf die Schlussfolgerung, dass der Kunde entweder gegangen war oder sich im Badezimmer befand, da die weiße Schiebetür, die ins kleine Badezimmer führte, zugezogen war.

Ich überlegte wie ich nun mit der Situation umgehen und was ich machen sollte, als genau in dem Moment die Schiebetür zur Seite gezogen wurde und ich aufschaute.
Im wahrsten Sinne des Wortes und ohne zu übertreiben, blieb mir die die Spucke weg. Ich konnte nicht wirklich nachvollziehen was in mir vorging, aber mein Körper trieb mich in den Wahnsinn...oder war es der Anblick der Person, die nur wenige Meter vor mir stand? Auf einmal fing mein Herz an, wie wild zu schlagen und ich spürte, dass meine Hände schwitzig wurden. War es schon immer so heiß hier, oder hatte ich einfach nur innerhalb weniger Sekunden Fieber bekommen? Hilfe, die Hitze brachte mich um. Ohne den Typen einen Blick zu würdigen ging ich zum Fenster und machte sie auf. Ich brauchte frische Luft. Sofort. Als ich mich zu ihm umdrehte trafen sich unsere Blicke und etwas in mir brach zusammen. Was ging hier vor? Verlor ich allmählich den Verstand? So sehr ich es auch wollte, ich konnte mich nicht von ihm losreißen. Als ich mich fragte warum, musste ich einsehen, dass er mir dem Atem geraubt hatte. So etwas war noch nie...wirklich nie zuvor vorgefallen. Er war schön, das stand außer Frage...aber ich hatte schon einige schöne Männer in den zwanzig Jahren gesehen. Was zog mich an, an ihm? Er war groß, schlank aber zugleich muskulös...er war besser als ein Adonis. Und von seinen Haaren und seinen warmen braunen Augen wollte ich erst gar nicht anfangen. Aber das war es nicht, was mich in den Bann zog. War es die Aura von der er umgeben war oder die starke Ausstrahlung? Oder alles zusammen? Wieso hatte sich mein Herz noch nicht beruhigt?

Ich benahm mich ziemlich lächerlich und musste mich zusammenreißen. Was für einen Endruck er von mir hatte, wollte ich erst gar nicht wissen. „Zu heiß. Im Raum, meine ich", sagte ich deutete auf das geöffnete Fenster, was zu meiner Enttäuschung nicht brachte. Ich sah wie er nickte und sich aufs Sofa begab, während er die Ärmel seines weißen Hemdes hochkrempelte. So manch einer würde für seine Oberarme sterben. Zum gefühlt hundertsten mal, holte ich tief Luft und spürte, wie sich mein Körper entspannte. Wurde auch Zeit, murmelte ich und trat zögerlich vors Sofa. Wieso war er hier? Ihm lagen doch bestimmt unzählige Frauen vor den Füßen, die nur auf ihn warteten.

Aber das sollte mich nicht interessieren. Ich war hier um zu arbeiten und dem musste ich jetzt nach gehen. Als ich mich zu ihm hinbegab und er mit seinen lagen Wimpern aufschaute, verspürte ich den Drang ihn berühren zu müssen. Ich wollte auf unerklärlicher weise seine Wärme ganz nahe an mir spüren. Ohne sich mit seinen Blicken zurückzuhalten schätzte er mich ab und musterte mich eindringlich, doch davon wollte ich mich nicht verunsicher lassen....auch wenn mir dies unmöglich erschien. Mit all dem Mut neigte ich mich zu ihm, bis ich seinen Atem an meinem Hals spüren konnte. Die Gänsehaut erschütterte mich. „Willst du dich aufsetzen...für mich?", flüsterte ich ihm fragend ins Ohr und strich mit meinen Händen über seine Arme. Mit einem verschmitzten Lächeln schaute er mich an und als ich mich in seinen Blicken verlor, legte er seine Hände um meine schmale Taille, die sich auf einmal so zerbrechlich anfühlte. Bevor ich mich versah, stand er auf und ich stellte fest, dass er einen Kopf großer war als ich und auch nicht viel älter sein konnte. Was suchte er hier? Aber egal warum er hier war, ich hatte eindeutig Glück. Seine Hände wanderten meine Arme entlang, die noch von der dünnen Seide meines Mantels umhüllt waren und bevor ich was machen konnte fanden seine geschickten und langen Finger den Gurt. Als er mir in die Augen sah wusste ich, dass er mich um Erlaubnis fragte, und das ließ mein Herz höher schlagen . Ich nickte leicht mit dem Kopf und beobachte das Spiel seiner Finger, die meinen Mantel öffneten. Ganz zärtlich strich er mir den Seidenstoff über die Schulter, sodass sie auf dem Boden landete. Meine Wangen brannten und mein Herz schien mir aus der Brust zu schlagen, als hellbraune Augen über meinen Körper glitten. Ich sah die Anerkennung in seinen Augen, auf die ich gewartet hatte. Was meinen Körper betraf hatte ich absolut keine Bedenken...nicht eine Sekunde, aber bei ihn war ich mir nicht sicher. Ich wollte ihm gefallen...so sehr wie er mir gefiel. Plötzlich drehte er mich um und ich stand mit dem Rücken zu ihm. Ich spürte seine harte Brust an meinem Rücken und spürte wie die Hitze in mein Gesicht stieg. Für wenige Sekunden setzte mein Herz aus, als ich seine Lippen an meinem Ohr spürte. „Deine Ohren", flüsterte er und ich nahm zum ersten Mal seine männliche aber zugleich zarte Stimme wahr. Was geschah hier? Ich konnte nicht anders als die Augen zu schließen und dieses Gefühl zu genießen. Dieses Prickeln...was war das? „Sind sie immer so rot?", fragte er sanft und drückte seine Lippen auf meine Ohrläppchen. Wollte er, dass ich umfiel? Denn würde sicherlich der Fall sein, wenn er mir weiterhin so nahe kam. Ich schüttelte den Kopf und hörte wie er leise auflachte."Und auch nicht so erhitzt?", hauchte er. Als er mit seinem Mund über meinen Hals fuhr konnte ich nicht mehr...ich neigte den Kopf zur Seite und seufzte auf. Wieso fühlte sich das so unfassbar gut an?

Abrupt drehte ich mich zu ihm, traute mich aber nicht in seine Augen zu schauen, als ich ihn auf den Stuhl drängte. Als ich mich von ihm etwas distanzieren wollte, um ihm das zu geben, wofür er gezahlt hatte schüttelte er den Kopf und nahm mich an der Hand, sodass ich genau vor ihm stand. „Setz dich", sagte er und schätzte mich ab. Als ich erstaunt meine Augen aufriss, lächelte er und das Kribbeln in meinem Bauch verstärkte sich. „Worauf wartest du?", fragte er und legte seine Hand so auf meinen Rücken, dass er mich auf seinen Schoß platzieren konnte. „Aber ich soll doch für dich tanzen", hackte ich etwas verunsichert nach und merkte, wie nah wir uns wahren. Sein angenehmer Duft betäubte meine Sinne und ich hatte die starke Befürchtung die Kontrolle über meinen eigenen Körper zu verlieren. „Tu was du nicht lassen kannst. Hier", sagte er und griff nach dem Whisky. Gespannt sah ich ihm dabei zu, wie er seinen Mund öffnete und das Glas zwischen seine Lippen führte. Wie sich wohl seine sinnlichen Lippen auf meinen Anfühlen würden? Ich schämte mich für diesen Gedanken und schaute weg von seinem Gesicht...wenn auch sehr ungern. Als ich hörte wie er das Glas wieder auf den Tisch stellte, legte ich eine Hand auf seine Schulter und tastete mich mit meinen Fingern an seine Brust heran. Als ich den Kragen seines Hemdes leicht zur Seide schob, fiel mir eine kleine und ausgeblichene Narbe auf seiner Brust auf. Zärtlich fuhr ich drüber, als konnte ich bewirken, dass sie sich auflöst. „Tat es sehr weh?", fragte ich ihn und schaute ihm in die Augen.

My Innocent Desire Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt