Kapitel 9 - das Missverständnis

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Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch laufe ich runter zur Eingangstür. Wieso ist er gekommen und hat mich noch einfach angeschrieben? Und wieso dann mitten in der Nacht??

Ich lege meine Hand auf den Knauf und zögere. Ich will nicht schon wieder verletzt werden,  aber andererseits will ich wissen, wieso er hier ist.
Vorsichtig schiebe ich die schwere weiße Tür auf und da steht er.
Er hat einen dünnen, grauen Mantel und einen roten, fest um seinen Hals gebundenen Schal, die ihn warm halten. Ich muss zugeben, es steht ihm.
Vorsichtig frage ich ihn
" Hey Nick... was machst du hier um diese Uhrzeit, und wieso hast du mich nicht einfach angeschrieben? "
Seinen Gesichtsausdruck kann ich nicht erkennen, da viel zu dunkel draußen ist.
" Nun.. ich glaube- "
Mitten im Satz unterbreche ich ihn..

" Komm doch erst einmal ein, draußen ist es viel zu kalt und zu dunkel, um sich zu unterhalten. Ich mache dir dann auch einen Tee "
Ich lächele ihn an, doch seinen Gesichtsausdruck kann ich immernoch nich erkennen.
Lächelt er auch? Oder guckt er traurig? Oder ist er etwa sauer auf mich?

Als er endlich rein gekommen ist schaut er sich kurz um, zieht seinen Mantel aus und setzt sich auf unser weißes Ledersofa, auf das er auch seinen Mantel gelegt hat.

" Hier, aber pass auf, er ist noch ganz heiß ". Vorsichtig stelle ich die Tasse Holundertee auf den Tisch, der unmittelbar vor unserem Sofa seinen Platz gefunden hat. "Ich dachte du würdest dich garnicht mehr bei mir melden.. Wieso bist du jetzt erst gekommen? Und wieso ausgerechnet Nachts?". Er starrt auf den Tee und scheint etwas niedergeschlagen zu sein. "Nach unserem Treffen im Cafe..", erwartungsvoll schaue ich ihn an, "Da hab ich erstmal etwas Zeit gebraucht um nachzudenken.. Es tut mir leid, falls ich das alles etwas zu schnell angegangen bin. Als ich dich an dem Tag, an dem du deinen Anhänger verloren hast gesehen hab,war ich hin und weg. Ich konnte nicht anders, als dich zu suchen. Und nachdem ich das Bild gesehen habe, hat sich das Gefühl einfach verdoppelt ". Fragend schaue ich ihn an. "Das Bild.. du hast es schon einmal erwähnt.. Aber was hat es denn mit dem Bild auf sich?".

"Weißt du, damals, als dein Bruder gestorben ist.."

Ich merke, wie mir auf einmal ganz kalt wird. Woher weiß er von meinem Bruder?! Immer und immer mehr Erinnerungen.. Nein.. Bilder schießen mir in den Kopf und ich merke ein Stechen in meiner Brust.

Als ich merke, dass mir Tränen langsam meine Wangen hinunter laufen, steht Nick auf und legt seine wärmenden Arme langsam um mich. Ganz vorsichtig fährt er fort "Erinnerst du dich noch an den Jungen, der damals in dem Haus gegenüber von eurem gewohnt hat? Der, welcher dir immer eine Schüssel Erdbeeren an dein Fenster gestellt hat, weil du sie doch so sehr magst?" Vorsichtig nicke ich. Seine Nähe und die Art wie er redet.. fast schon flüsternd. "Du magst mich vielleicht nicht erkannt haben.. aber das war ich. Deswegen wusste ich nach einem Blick auf das Bild sofort, wo ich dich suchen muss und, dass dir der Anhänger sehr wichtig ist."

Verdutzt schaue ich ihn an und.. Ja, jetzt sehe ich es auch. Wieso habe ich mich nicht vorher dran erinnert? Ich glaube, ich habe einfach alle Erinnerungen von damals verdrängt...


Good Old DaysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt