Verhältnis alias Beziehung

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Hastig schloss Hermine die Tür hinter sich und raufte sich die Haare. Nur mühsam hatte sie einen Wutausbruch vor ihrem neuen Vorgesetzten vermeiden können, der sie auf die Palme gebracht hatte. Wie konnte das Ministerium nur so einen lächerlichen Dummkopf einstellen können? Sein Vorschlag, die muggelfreundlichen Gesetze abzuschaffen, war einfach lächerlich. Und sie dann noch vor dem gesamten Team bloß zustellen, nur weil sie eine Muggelstämmige war, war einfach armselig. Was dachte sich dieser Mann nur? Schließlich waren Muggel auch nur Menschen, wenn auch nicht so begabt wie Zauberer. Und vielleicht nicht so faul wie manche Hexen und Magier, die ein Feuer mithilfe eines Winks entfachen und sich innerhalb von Sekunden trocknen konnten. Auch wenn diese Haushalt-Tricks sehr praktisch und hilfreich waren, das musste sie zugeben. Aber, hey, wer hatte gesagt, dass sie die Zauberei für eine Ausrede für Faulheit hielt?

Immer noch kopfschüttelnd kramte sie in ihrer Tasche nach einem Dokument, in welchem sie noch schnell etwas nach sehen wollte. Sie freute sich schon auf ihr Zuhause, in dem sie sich ein wohltuendes Bad können würde, damit sie vom stressigen Alltag abschalten konnte. ,,Äh", räusperte sich jemand hinter ihr. Gestresst drehte sie sich um - und blickte direkt in das Gesicht von Draco Malfoy. Verdutzt starrte sie ihn an. ,,W-was machst du hier?" Ihre Treffen fanden doch nur Abends in der Villa statt, warum besuchte er sie dann in der Arbeit? ,,Ich wollte dich sehen." Skeptisch zog sie eine Augenbraue hoch. ,,Ist es dir nicht peinlich, mit mir in der Öffentlichkeit gesehen zu werden?" Er holte tief Luft, um zu antworten. ,,Nein, hier interessiert sich eh niemand für uns." Sie sah sich um. Alle Leute auf dem Gang beschäftigten sich mit sich selbst, indem sie in Ordnern rumkramten, Dokumente durchlasen oder eine bestimmte Tür zu einem bestimmten Büro suchten. ,,Stimmt", stellte sie fest. ,,Was willst du hier?"

Er fuhr sich durch die Haare, was den Anschein erweckte, er sei nervös. Aber er und nervös? Nie im Leben! ,,Ich wollte dich sehen." Ihre Augenbraue schob sich noch höher als sie ohnehin schon war. ,,Mich sehen?", fragte sie zurück. ,,Warum?" Er ließ eine Hand in seine Tasche gleiten, wo sie verblieb. ,,Du bist gestern so schnell verschwunden, ich konnte mich noch nicht einmal verabschieden." ,,Und deswegen tust du es jetzt." Sie war verwirrt. Warum war es ihm auf einmal egal, mit ihr von anderen Leuten gesehen zu werden? Und warum war er extra hergekommen, um sich zu verabschieden? ,,Sozusagen, ja." Sie antwortete nicht, sondern sah ihn nur misstrauisch an. Da stimmte doch etwas nicht. ,,Warte, habe ich das richtig verstanden? Du bist extra hergekommen, um mich zu verabschieden, weil ich gestern so schnell verschwunden bin? Nur dafür?" Er verdrehte genervt die Augen. ,,Nein, nicht nur deswegen. Ich wollte mit dir einen Kaffee trinken gehen. Gleich um die Ecke gibt es ein gutes Cafe."

,,Seit wann besuchst du Muggel-Geschäfte?" Er lachte. ,,Ich habe dich in meinem Bett schlafen lassen, also sollte ich doch wohl auch Geschäfte von Muggeln besuchen können. Gehst du jetzt mit mir einen Kaffee trinken oder nicht?" Sie kniff die Augen zusammen und grinste. ,,Und dir ist es nicht unangenehm, wenn ich mit dir, dem großen Draco Malfoy, gesehen werde?" Er verdrehte erneut die Augen und versetzte ihr einen Knuff in die Seite. ,,Ich sagte doch: Es ist mir völlig egal. Kommst du jetzt oder nicht?" Sie nickte. ,,Ja, ich brauche jetzt dringend einen Kaffee." 

Im Cafe setzte Draco sich ihr gegenüber und verschränkte die Arme auf dem Tisch, während Hermine einen Schluck aus der Kaffeetasse nahm. ,,Es tut mir Leid, dass meine Mutter gestern Nacht so unerwartet aufgetaucht ist." Hermine schüttelte den Kopf und winkte ab. ,,Schon gut, du konntest das nicht wissen." Sie zögerte. ,,Ähm... wenn ich fragen darf, warum war sie denn da?" Er straffte die Schultern. ,,Sie hatte einen Streit mit meinem Vater und hat es nicht länger bei ihm ausgehalten. Im Augenblick wohnt sie bei mir." Er nippte an seinem Getränk. ,,Was heißt, dass wir die Treffen verschieben müssen. Oder sie zumindest woanders abhalten müssen", stellte sie fest. Als Antwort nickte er nur. ,,Weißt du", fuhr sie fort, ,,ich bin mir nicht mehr so sicher bei dem, was wir machen." Er hob eine Augenbraue. ,,Es ist moralisch verwerflich und Ron und Harry würden mich als Verräterin bezeichnen, wenn..."

,,...wenn sie es herausfinden würden", unterbrach er sie. ,,Aber sie werden es nicht herausfinden. Und wenn: Was interessiert es dich, was diese zwei Schwachköpfe von dir halten?" Entnervt schüttelte sie den Kopf. ,,Erstens sind diese sogenannten Schwachköpfe meine besten Freunde, Zweitens sind meine besten Freunde überhaupt keine Schwachköpfe und Drittens hätte ich nicht gedacht, sowas mal von dir zu hören. Aber ist ja auch egal." Wenn es um Harry und Ron ging, teilten ihre Meinungen sich und sie wollte sich nicht streiten. Das war einfach eine Meinungsverschiedenheit die immer bestehen würde und am besten wäre es, sie gar nicht erst anzusprechen. ,,Aber was ist an unserem Verhältnis Moral verwerflich?", fragte er. ,,Es geht doch nur um Spaß. Du hast Spaß, ich hab Spaß, Win-Win. Wo liegt da das Problem?"

Sie nahm einen kräftigen Schluck. ,,Das Problem besteht darin, dass ich nicht weiß, wie dieses Verhältnis überhaupt aussieht. Darüber habe ich mir letzte Nacht viele Gedanken gemacht. Sind wir in einer Beziehung oder sind wir einfach nur Freunde mit gewissen Vorzügen? Ich weiß es einfach nicht und Klarheit würde da bestimmt viele Zweifel beiseite schaffen. Die Diskussion mit der Moral hatten wir am Anfang schon mal und ich glaube, dass wir da einfach verschieden sind und andere Definitionen von moralisch unkorrekt haben." 

Er seufzte. ,,Ja und ich habe kein Interesse an einer weiteren Diskussion. Und was deine Frage betrifft: Ich weiß es auch nicht. Ich denke aber, wir liegen in der goldenen Mitte." Einen Moment lang herrschte Schweigen zwischen ihnen, in dem sie ihre Tasse austrank. ,,Ja, vielleicht." Sie sah in an. Er schaute in seine Tasse und schien irgendetwas zu überlegen, als müsse er etwas genau abwägen. ,,An was denkst du?"

Draco sah auf und holte tief Luft. Mehrere Male atmete er ein und aus, als bringe er es nicht über sich, die Worte, die auf seiner Zunge lagen, laut auszusprechen. ,,Ich...", begann er zögerlich und sein Blick fiel auf ihre Lippen. ,,Ich denke nur gerade daran, wie es wäre, dich einfach so und ohne Hintergrundgedanken zu küssen." Ihr blieb die Luft weg doch da hatte er sich schon vorgebeugt und sie geküsst. Seine Lippen fühlten sich gut auf ihren an, sodass sie die Augen schloss und zurück küsste. Die Außenwelt war ihr auf einmal völlig egal, nur Draco und Hermine zählten in diesem Augenblick. Langsam löste er sich von ihr, sein Atem ging deutlich schneller als normal. Sie öffnete die Augen und lächelte. ,,Ist es dir immer noch egal, dass uns jeder hier sehen könnte?" Er nickte. ,,Vollkommen egal." Wieder küsste er sie. 

,,Sicher, dass du keine Hintergrundgedanken hast?", fragte sie ihn, als sie sich voneinander lösten. Er schüttelte den Kopf und lächelte ebenfalls. ,,Nein, ich denke, ich habe welche." Als Antwort lächelte sie ihn an. ,,Und ich glaube, ich habe eine Antwort gefunden auf deine Frage. Ich zumindest würde unser Verhältnis gerne als Beziehung bezeichnen." Lächelnd nickte sie und beugte sich über den Tisch, um ihre Hände an seine Wangen legen zu können. ,,Ich auch."

Diese Gesichte ist nun offiziell abgeschlossen. Ich hoffe, sie hat euch gefallen. 


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