Unerwarteter Besuch

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Schlaftrunken rollte sie sich auf die Seite und wickelte sich in die blaue Decke ein. Sie konnte es nicht glauben, eben von Draco Malfoy ein Kompliment bekommen zu haben. Was dachte er sich dabei? Wollte er mit ihr spielen? Neben Hermine erklang ein ruhiges und gleichmäßiges Atmen. Er war offenbar eingeschlafen. Vielleicht sollte sie das auch tun, sie musste früh zur Arbeit. 

Doch sie konnte nicht schlafen. Stundenlang wälzte sie sich im Bett herum, doch immer, wenn sie die Augen schloss, sah sie sich mit Draco. Harry und Ron würden sie als Verräterin bezeichnen, egal, ob sie das hier mit ihm nur zum Spaß tat. Er hatte ihr über sich erzählt und sie ihm über sich. Sie hatte über ihn nachgedacht. Vielleicht war er doch mehr, als nur eine Gelegenheit zum Spaß, zumal es sich noch immer so anfühlte, als würde sie Ron betrügen. Harrys trauriges Gesicht erschien vor ihrem Auge. Schnell verscheuchte sie es, konnte aber nicht verhindern, seine Worte in ihrem Geist zu hören, die er so oft gesagt hatte: ,,Ihr gehört einfach zusammen." 

Hermine atmete tief durch. Sie war nicht mehr mit ihm in einer Beziehung, sie betrog ihn nicht und offensichtlich gehörten sie nicht zusammen, sonst wären sie es noch. Harry hatte sich getäuscht. Doch was war Draco eigentlich für sie? Ein Freund mit gewissen Vorzügen? Ein One-Night-Stand? Sie konnte es nicht definieren, denn er und sie waren weder Freunde, noch hatten sie nur in einer Nacht miteinander geschlafen. Sie hatten nun zwei Nächte miteinander verbracht, auch wenn das kleinkariert und pingelig klang. Aber wie sollte es weiter gehen? Sie konnte sich nicht ewig mit ihm treffen, das würde ihr Gewissen nicht aushalten, wenn sie dann andere Leute noch anlügen müsste bezüglich ihres Liebeslebens. 

Verzweifelt raufte sie sich die Haare, angesichts der Tatsache, dass sie jetzt vor einem Problem stand, dass am Anfang noch ganz klein und unbedeutend schien. Wie konnte es jetzt so groß werden? Vor allem, da sie noch am Anfang standen. Es schien ihr, als sei die Zeit rasend schnell vergangen und diese... "Aktivität" würde sie schon Monate ausführen. Ihre Lippen fühlten sich blutig an, da sie sie unbewusst zerkaut hatte. Wie hatte es nur so weit kommen können? Sie starrte an die Decke und suchte im Geiste nach einer Lösung, als plötzlich Schritte von unten erklangen. Wer wollte Draco mitten in der Nacht besuchen? Verwundert richtete sie sich auf, immer noch in die Decke eingerollt. 

,,Draco?"

Verdammt. Sie rüttelte an ihm. ,,Malfoy", zischte sie hektisch, ,,wach auf!" Erst nach ein paar Sekunden und weiteren Rüttel-Attacken öffnete er die Augen, während die Person im Flur weiter nach ihm rief und offenbar die Treppe erklomm. ,,Was ist?" Schlaftrunken rieb er sich die Augen und blinzelte sie an. ,,Da ruft jemand nach dir. Im Flur." Mit einem Mal war er hellwach. ,,Was?" Er setzte sich auf, sprang aus dem Bett und begann, sich anzuziehen. Sie tat es ihm nach und streifte schnell das Kleid über, die Schuhe nahm sie in die Hand, sodass sie den kalten Boden unter ihren Füßen spürte. Ihre braunen Locken standen ebenfalls so ab, wie die von Draco. Nur, dass er damit verdammt heiß aussah und sie eher wie aus dem Bett gefallen aussehen musste. Aber darüber konnte sie sich jetzt keine Gedanken machen, denn die Schritte und Rufe kamen immer näher. ,,Wer ist das?", wollte sie wissen und zupfte an ihren widerspenstigen Haaren herum. ,,Keine Ahnung", kam die unfreundliche Antwort, ,,irgendwer." Welch ein Wunder, das hätte sie auch gewusst. ,,Erkennst du die Stimme nicht?" Er schüttelte den Kopf und knüpfte die letzten Knöpfe seines Hemdes zu. Die Stimme kam nun von der anderen Seite der edlen Tür. ,,Draco? Bist du da?" 

,,Versteck dich", zischte er hektisch. ,,Und wo?", fauchte sie eilig zurück und sah sich panisch im Zimmer um. Wenn sie irgendwer hier erwischen sollte, wäre ihr Ruf ruiniert und die Reaktion von Harry und Ron wollte sie sich nicht einmal vorstellen. Wie war das nochmal mit beste Freunde für immer? ,,Keine Ahnung, irgendwo." Er schien genauso panisch zu sein wie sie. Kein Wunder, er gab auch etwas mehr Wert auf seinen Ruf. Nur würde sie dann als Schlampe bezeichnet werden und er wäre einfach nur gedemütigt. Da hatte sie eindeutig das schlechtere Los gezogen. Aber das konnte ihr jetzt auch egal sein, denn wenn sie mehr darüber nachdachte, was passieren würde, wenn sie erwischt würden, würde es auch passieren. 

Gehetzt sah sie sich in dem großen Zimmer um. Erst jetzt fiel ihr auf, dass die Farbe der Wände - wie erwartet - in Slytherin-Grün gehalten war, während der Boden aus dunklem Holz bestand, das einen Kontrast zwischen Smaragdgrün und Braun herstellte. Zwei Sofas standen an einer Wand vor einem großen Kamin, dessen Flammen im Augenblick erloschen waren. Nur die Asche ließ vermuten, dass kürzlich noch orange-gelbe Flammen munter vor sich hin geflackert hatten. Das Bett bestand aus dunklem Holz mit einer grünen Decke, der Kontrast war ähnlich dem zwischen Boden und Wand. Zwei riesige Fenster präsentierten eine wunderbare Aussicht auf den Innenhof, der dem eines Palastes ähnlich schien. Zwei Dinge fielen ihr zu dieser Villa ein: 1. Dass sie zu groß war, als dass ein Mensch allein hier hätte leben können und 2. dass es zu viel Grün in den Zimmern gab. 

Ihr Blick fiel auf einen großen Kleiderschrank aus Ebenholz, dessen Türen geschlossen waren. Eilig öffnete sie sie, um hinein klettern zu können und schloss sie dann wieder. Eine Hand klopfte an die Tür. ,,Draco? Bist du wach?" Durch einen kleinen Spalt den sie offen gelassen hatte, konnte sie sehen, was Draco tat. Er öffnete die Tür und versuchte mit einer Handbewegung seine Haare zu ordnen, die allerdings immer noch in alle Richtungen ab standen. Sie konnte die Person nicht sehen, so musste sie auf seine Stimme hören, die überrascht ,,Mutter" ausrief. Was um aller Welt machte seine Mutter mitten in der Nacht hier? Ein Glück, dass sie sie nicht bei Draco im Bett erwischt hatte, denn dann wäre sie jetzt so gut wie tot. Gott, jetzt kam sie sich nur noch nuttiger vor. ,,Was machst du denn hier? Es ist mitten in der Nacht" sprach er ihre Frage laut aus. Narzissas Stimme hörte sich verweint an. ,,Ich muss mit dir reden." 

,,Jetzt?" Sie nickte offenbar, denn sie konnte keine Antwort hören. ,,Ähm..okay. Lass uns nach unten in den Salon gehen." Mit einem flüchtigen Blick zum Kleiderschrank trat er hinaus in den Flur zu seiner Mutter und schloss die Tür wieder. Offenbar hatte er keine Ahnung, wie er seine Mutter trösten sollte, das hatte sie an der Verwirrtheit in seiner Stimme gemerkt. Andererseits: Wer wäre nicht überrascht und verwirrt, wenn die eigene Mutter nachts verweint vor der Tür steht? Und apropos: Warum war Narzissa verweint? Was war passiert?

Hastig schüttelte sie sich den Kopf. Familienangelegenheiten gingen sie nichts an, sie war nur das...Betthäschen? Gott, sie war so tief gesunken, dass sie es nicht einmal selber wahrhaben wollte. Leise kichernd wartete sie ein paar Minuten und schlüpfte dann aus dem Schrank. Vielleicht wäre es besser, wenn sie nun gehen würde, denn, wie sie bereits festgestellt hatte, sollte sie sich aus Familienangelegenheiten raushalten. Noch immer amüsierte sie der Gedanke an das Betthäschen, der offenbar aus ihr geworden war. 

Hermine zog ihre Schuhe an und huschte leise auf den Flur hinaus. Dann schlich sie sich die Treppe runter, am Salon vorbei, aus dem Stimmen ertönten und Licht drang und dann weiter die Treppe hinunter zur Haustür. Kein Hauself kam ihr entgegen und wollte sie verabschieden und dafür dankte sie im Stillen Gott. Das hätte sie jetzt nicht gebraucht, sonst wäre Narzissa wahrscheinlich noch misstrauisch geworden. Obwohl sie bestimmt mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hatte, denn weinen sah und hörte man diese Frau selten, die sich anscheinend so gut unter Kontrolle hatte. Was brachte sie eigentlich dazu, über sie nachzudenken? Innerlich über sich selbst seufzend schüttelte sie den Kopf und schloss ohne Geräusche die Tür hinter sich. Danach schritt sie den langen Kiesweg ab, um zur Grundstücks-Grenze zu gelangen, wo sie nach Hause apparierte. 

Es tut mir Leid, dass ich dieses Buch so lange pausiert habe, doch der Grund ist genau der selbe wie bei "Schatten der Nacht". Ich versuche jedoch, mich weiter für mehr Kapitel zu motivieren. 

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