Kapitel 4

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A3360 erwachte in seinem Versteck in der Kanalisation, in der er seit Tagen herum schlich, um sich jeden Gang in seinem Kopf einzuspeichern. In seinem Kopf setzte sich bereits eine Karte des unterirdischen Tunnelsystems zusammen, die jedoch noch ausbaufähig war.

Es war jedoch nur eine Frage der Zeit, wann die ersten Einsatzkräfte nach unten geschickt wurden und auch hier nach ihm suchten. Seinen Berechnungen zufolge hatte er noch etwa zwei Stunden, bevor die Trupps hier unten eintrafen.

Seine Aktion-Reaktion Algorythmen hatten noch nie etwas Falsches voraus gesagt. Pferde waren eben doch berechenbar. Vor allem, wenn sie unter Stress standen.

So wie die Einbrecher in Jessica McLarens Haus auch. Besonders viel Taktik hatte jedenfalls nicht hinter den verzweifelten Messerhieben gesteckt. A3360 bezweifelte es, dass dieses Pferd in seinem Leben jemals zuvor ein anderes Pferd getötet hatte.

Zumindest das konnte er von sich selbst nicht unbedingt behaupten. Schließlich war er dazu konzipiert worden, um zu töten.

»Erstellung Karte vollständig!«, rauschte eine metallische, weibliche Stimme in seinem Kopf und A3360 schloss die Augen, um die Karte des unterirdischen Netzes abzurufen. Allerdings enthielt sie nur die Gänge, die er bereits erkundet hatte.

Von seinem inneren Navigationssystem ließ er sich schließlich wieder an die Oberfläche leiten.

Er musste diese Stute wieder finden. Seit Tagen beobachtete er ihr Haus, doch sie war noch nicht zurück gekehrt. Wo auch immer sie sein mochte.

Doch A3360 wollte noch nicht aufgeben. In den Schatten der von der Morgensonne hell erleuchteten Stadt schlich er sich einmal mehr zu der Siedlung in der Jessica McLaren ihr Haus hatte. Doch auch nun war sie nicht zu Hause.

A3360 beschloss, in den Schuppen hinter dem Haus einzubrechen und dort auf ihre Rückkehr zu warten. Es konnte nicht mehr lange dauern, dass sie zurück kam. Die Blumen vor dem Haus begannen bereits zu welken und ein Stapel alter Zeitungen sammelte sich bereits neben dem Briefkasten.

A3360 blickte sich verstohlen um, bevor er die Tür zum Schuppen aufbrach und sich zwischen sie Gartengeräte und Schläuche quetschte, die in dem engen Häuschen ihren Platz gefunden hatten.

Der schneeweiße Hengst hatte fürchterlichen Durst und Hunger, denn er hatte seit seinem Ausbruch nichts mehr zu sich genommen. Das Wasser aus der Kanalisation hatte er unmöglich trinken können und etwas Essbares fand sich auf der Straße auch nur äußerst selten. Daher knurrte sein Magen grauenhaft auf, als er sich endlich in eine einigermaßen bequeme Position gebracht hatte und hinter sich die Tür wieder verschloss.

»Standby-Modus aktiviert«, rauschte die Stimme in seinem Kopf, als A3360 die Augen schloss und erschöpft in einen tiefen Schlaf verfiel.

So verbrachte er mehrere Stunden in Jess kleinem Schuppen und er bemerkte nicht, wie die braune Stute endlich nach Hause zurück kehrte.

Zuerst entsorgte die lockige, braune Stute die überfälligen Zeitungen und stakste dann zu dem Schuppen, um einen Schlauch für die Bewässerung ihrer Blumen zu holen.

Als sie die Tür zum Schuppen öffnete, entfuhr ihr ein greller Schrei, als sie A3360 erblickte.

»Hallo«, entgegnete dieser nur kühl, völlig verwirrt, warum die Stute nun schon wieder so außer sich war. Was war nu los mit ihr?

»Was zur Hölle tun Sie in meinem Schuppen?!«, wieherte Jess spitz, als sich A3360 ächzend rückwärts aus dem Häuschen quetschte und dabei die gesamte Ordnung im Gartenhaus durcheinander brachte.

A3360 - Opfer der Wissenschaft (8 Kapitel Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt