Am nächsten Tag, nach dem Frühstück, stattete mir Dr. Hunkins einen Besuch ab.
"Voraussichtlich fangen wir morgen mit der Chemo an. Falls du noch Fragen hast, steht dir das gesamte Team zur Verfügung. Am besten wäre es, wenn du neben den ganzen Therapien zu einer Gruppe gehst, wo du über deine Gefühle sprechen kannst."
Ich war fassungslos. Er dachte wahrscheinlich ich wäre eine von den Kranken, die Aufmerksamkeit brauchten. Das war ich definitiv nicht.
"Sie kommen mir jetzt doch nicht etwa mit einer Selbsthilfegruppe oder?", fragte ich ihn empört.
"Doch eigentlich schon. Es ist einfach das Beste für dich, selbst wenn du das Gegenteil denkst. Die Gruppe findet jeden Tag von 11 bis 13 Uhr im Gemeinderaum statt. Bitte versprich mir, dass du es wenigstens versuchst. Immerhin hast du erst kürzlich versucht dich umzubringen.", er flehte mich schon förmlich an und ich willigte augenrollend ein.
"Warum ist Ihnen das so wichtig?"
"Weil du mich an meine tote Tochter erinnerst. Sie hatte Leukämie und konnte geheilt werden. Sie lehnte wie du die Gruppe ab und als sie wieder Gesund war, war ihre Psyche kaputt. Sie nahm sich mit 17 Jahren das Leben.", antwortete er und lies mich sprachlos zurück.
Da die Gruppe in 20 Minuten anfangen würde, machte ich mich fertig und schlenderte zum Gemeinderaum. Im Gemeinderaum war ein Stuhlkreis und in einer Ecke stand ein Tisch mit Keksen, Kaffee und Tee. Als ich mich setzte, starrten ein paar Leute mich an.
"Macht 'n Foto. Da habt ihr mehr von.", gab ich trocken von mir und sie sahen verlegen weg.
"Dann fangen wir mal an. Betty möchtest du beginnen?", der "Gruppenleiter" kam rein und eröffnete die Runde. Ein Mädchen, das nur aus Haut und Knochen bestand, stand auf und schaute nervös durch die Runde.
"Hey, ich bin Betty. Damals war ich schwer übergewichtig und wurde deswegen gemobbt und ich hatte sogar das Gefühl, dass meine Eltern sich für mich geschämt haben. Mit 13 fing ich an meine Mahlzeiten auszukotzen oder sogar komplett zu verweigern. Irgendwann habe ich die Kontrolle verloren, ich schaffe es einfach nicht vernünftig zu Essen.", sie fing am Ende an zu weinen.
Selber Schuld. Was kotzt du dein Essen auch aus?
Während ich meine fiesen Gedanken weiter dachte, machten die anderen weiter. Irgendwann hat mich ein Junge namens Terence mit dem Ellenbogen angestupst und meinte ich wäre dran.
"Hi, ich bin Luna. Ich habe vor kurzem erfahren das ich Lungenkrebs hab. Meine Heilungschancen liegen bei knapp 30%. Und achja gestern habe ich versucht mich umzubringen. Naja Kurzschlussreaktion.", stellte ich mich ganz beiläufig vor.
Nach mir waren noch zwei depressive Mädchen dran und wir durften endlich gehen.
Vor dem Gemeinderaum wartete der rauchende Junge. Seinen Namen wusste ich immer noch nicht.
"Was machst du hier? Du stalkst mich oder?"
"Luna beruhig dich mal. Wenn du nicht so viele Löcher durch die Luft gestarrt hättest, dann hättest du bemerkt, dass ich zwei Plätze neben dir saß.", er grinste mich belustigt an.
"Sorry. Wie heißt du eigentlich?", fragte ich ihn mit verlegenen Lächeln.
"Elias. Kommst du mit rauchen?"
Ich sah ihn mit einem "Das fragst du noch" Blick an und ging vorraus. Wir saßen wieder auf der Mauer.
"Bald höre ich auf. Lungenkrebs und Rauchen verträgt sich nicht so.", sagte ich grinsend.
"Wie wärs wenn wir zusammen aufhören und das unsere letzte Zigarette ist?"
Anstatt zu antworten, nickte ich und er umarmte mich stürmisch.
"Darauf hab ich gewartet. Ich hab mir schon Sorgen gemacht und dachte wenn das so weiter geht, dann hustest du noch deine Lunge aus.", nuschelte er in meine Haare.
DU LIEST GERADE
Lebe bevor du stirbst
Подростковая литератураLuna hasst Sport und macht nie beim Unterricht mit, doch macht sie für ihre beste Freundin eine Ausnahme. Nach drei Runden Brennball bricht sie zusammen und wacht im Krankenhaus auf.