Kapitel 6

7 1 0
                                    

Als ich aufwachte, kniete Vio neben mir und weinte. Die Tür sprang auf und zwei Krankenschwestern kamen reingerannt. Sie beäugten mich kritisch und verfrachteten mich in einem Rollstuhl. Ich wurde in einen Raum gebracht, wo mein Arm genäht wurde. Anschließend wurde mir ein Beruhigungsmittel gegeben und eine der Schwestern brachte mich ins Bett. Dort schlief ich sofort ein.

Mit verheultem Gesicht wachte ich am Morgen auf und Vio sah mich besorgt an.

"Keine Sorge, ich hatte nur einen Alptraum. Irgendwas mit Zombies die mich fressen wollten.", versicherte ich ihr mit falschem lächeln, doch dies merkte sie nicht.

"Na dann. Wie wärs wenn wir heute noch was unternehmen bevor ich gehe?", fragte sie mich mit strahlenden Augen.

"Wie? Du gehst schon?"

"Ja, die meinten mit Chemotherapie würde das Ding verschwinden. Ich darf gehen, weil dies nicht stationär gemacht werden muss."

"DANN GEH DOCH UND LASS MICH IN DIESEM VERDAMMTEN KRANKENHAUS ALLEINE.", schrie ich sie an und lies sie schockiert im Zimmer zurück.

Wütend und enttäuscht lief ich durchs Krankenhaus, bis ich gegen jemanden prallte.

"Wow, vorsicht.", sagte die Person belustigt. Es war mal wieder der rauchende Junge.

"Nicht du schon wieder.", sagte ich genervt und wollte an ihm vorbei laufen, doch er hielt mich fest.

"Warte mal bitte. Ist alles ok bei dir?"

"Ja. Alles bestens. Lässt du mich jetzt gehen?"

"Wilst du drüber reden? Ich hab auch Kippen.", fragte er mich mit anscheinend ehrlichem Interesse und ich willigte ein.

Zusammen gingen wir raus und setzten uns auf die Mauer. Er reichte mir wortlos eine Ziarette. Schweigend rauchten wir unsere Zigaretten.

"Es ist kompliziert.", sagte ich irgendwann.

"Ich hab Zeit.", antwortete er und sah mich erwartungsvoll an.

"Ok, wenn du es unbedingt wissen willst. Ich habe Lungenkrebs und werde wahrscheinlich dran sterben. Alle haben mich im Stich gelassen. Meine beste Freundin, meine Eltern einfach alle. Naja das mit meinen Eltern wundert mich sowieso nicht, denn sie geben mir die Schuld an dem Tod meines Bruders.", erklärte ich ihm und er wischte mir die Tränen weg, die unbemerkt mein Gesicht hinab liefen.

"Hast du deswegen versucht dich umzubringen?", fragte er und schaute auf meinen Arm.

"Ja, irgendwie schon.", antwortete ich.

"Das ist wirklich kompliziert.", sagte er und ich war ihm dankbar, dass er mir keine Tipps oder so gab.

Nach einer Zeit des Schweigens, gingen wir wieder rein. In meinem und Vio's Zimmer angekommen, stellte ich fest, dass Vio sich einfach aus dem Staub gemacht hatte. Ihr Bett sah verlassen aus. Nur ein Brief lag darauf und beim genaueren Betrachten fiel mir auf, dass mein Name auf dem Brief stand. Ich setzt mich mit dem Brief auf mein Bett und öffnete ihn.

Luna,

es tut mir Leid, dass ich einfach abgehauen bin, aber dein Verhalten mir gegenüber war unfair. Du hättest dich für mich freuen können. Ich nehme es dir nicht übel, da ich ja weiß, dass du gerade das durchmachst was ich schon überstanden habe. Ich hoffe du hast dasselbe Glück, welches ich auch hatte.

Vielleicht sehen wir uns demnächst mal.

Vio

Eigentlich hatte sie ja Recht. Ich hatte nur mein eigenes Unglück gesehen und konnte mich für ihr Glück nicht freuen.

Wenn du so weiter machst, wirst du noch verbittert...

Über meine Gedanken lachend, zog ich meine Schlafsachen an und las "Der Anschlag" weiter.

Lebe bevor du stirbstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt