Nacht und Nebel und zurück

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Ihr Lieben,

das hier sollte eigentlich noch nicht das ganze Kapitel sein. Im Grunde hat es die Länge eines halben ... aber irgendwie wollte ich nichts mehr anhängen, als ich den letzten Satz geschrieben hatte. Und nachdem sich diese Art der Veröffentlichung nun mal für Cliffhanger eignet wie sonst kaum etwas, dachte ich, ich gebe einfach dem Gefühl nach und stelle es nur bis hierhin online. 

So viel zu meinen üblichen Entschuldigungen. ;)

Was gibt es noch zu sagen ... im Moment bin ich süchtig nach Sylvia Plath.

Das war alles. 

Kuss,

Luna


* * *


19. Nacht und Nebel und zurück

I shut my eyes and all the world drops dead;

I lift my eyes and all is born again.

Sylvia Plath

*

Sie lag flach auf dem Rücken und starrte ins Schwarze.

Es zog an ihr.

Indigo hatte mit Mio noch einige Stunden bei den Drachen verbracht, bis die schlagartig einsetzende Müdigkeit ihn schließlich ins Schloss zurückgezwungen hatte, um früh zu Bett zu gehen. Inzwischen war es mitten in der Nacht, sie war hellwach und etwas zog an ihr.

Es zog an ihr.

Sie stand auf, fröstelte, als die Decke von ihren nackten Beinen zu Boden glitt. Der Ledermantel hing unordentlich über der Stuhllehne, genau, wie sie ihn bei ihrer Rückkehr achtlos abgeworfen hatte. Bei jedem Schritt in seine Richtung wurde das Summen lauter und als sie schließlich in die Tasche griff und die erdbedeckten Steine hervorzog, hatte ihr Blut längst zu köcheln begonnen.

Indigo ließ sich im Schneidersitz zurück auf das Bett sinken, die Steine in beiden Händen. Hitze pulsierte durch ihre Adern und das tiefe Summen begann zu variieren, formte erste Melodiefetzen aus, ohne, dass sie nachdenken musste. Sie schloss die Augen und die Melodie ebbte ab, das Glühen ließ nach, aber nur wenig. Durch ihre Lider konnte sie helle Lichtflecken erkennen, die Macht des Drachenfeuers, das sich in ihr Innerstes fraß.

Es hatte eine Weile gedauert, bis sie begriffen hatte, was sie spürte. Dass sie überhaupt spürte, wenn man es genau nahm. Der verlockende Sog, der mit jeder Sekunde in ihrem dunklen Schlafzimmer stärker geworden war, wollte ihr etwas mitteilen und nun, langsam, bildete sich eine Erkenntnis aus dem Gewirr aus Wärme und schwer zu bestimmender Sehnsucht heraus. Nein, keine Erkenntnis, noch nicht. Eine Ahnung. Sie ahnte, was sie konnte.

Sie musste entscheiden, was sie wollte.

Töne wirbelten durch ihren Kopf, Worte, Farben. Da waren Sturmwolken, Nachtfalter, Nebelschleier. Goldflecken, die durch ihr Bewusstsein tanzten.

Haben wir so viel Zeit? Das hatten sie behauptet, aber sie hatten keine Ahnung. Niemand von ihnen wusste es. Es waren Hoffnungen, Hirngespinste, auf die sie alles setzten. Vielleicht war es diese eine Nacht, die es ausmachte. Vielleicht waren Lysanna und Moreno morgen tot.

Indigo musste an Mio denken, an das Strahlen in seinen Augen, als er sie zu den Drachen geführt hatte. Er wollte nicht, dass sie ging, hatte es nie gewollt. War es nicht leichter für sie beide, wenn sie ihn nicht zwang, ihr dabei zuzusehen?

INDIGO EYES - Im Zeichen der ErdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt