16. Der entscheidende Schritt

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Seufzend setzte sich Haudrauf auf den Stuhl am Tisch, gegenüber seiner Frau. ,,Was soll ich nur machen?", fragte er eher sich selbst, als Valka. Diese sah ihn traurig und mitleidend an. ,,Ich weiß, dass es für Hicks schwere Zeiten sind, aber er hat nun einmal die Pflicht, Stammesoberhaupt zu werden. Und deshalb braucht er auch einmal einen Nachfolger. Also muss er schließlich jemand anderen heiraten und Kinder bekommen!", klagte er weiterhin. Valka sprach: ,,Aber Haudrauf, du weißt, dass er Astrid geliebt hat und es noch immer tut. So schnell wird er ganz sicher keine andere heiraten, wenn überhaupt gar nicht." Haudrauf seufzte erneut. Sowas konnte er seinem Sohn nicht antun. Aber es war seine Pflicht. Der Mann versuchte wieder stolzer und sicherer zu werden und sprach: ,,Ich weiß, ich weiß. Aber irgendwann wird er eine andere heiraten, so oder so. Auch wenn ich sie aussuchen muss!" Valka wurde nun gereizter und wütender. ,,Haudrauf! Du kannst so etwas nicht von ihm verlangen! Denk doch mal, DU müsstest dein ganzes Leben mit jemanden verbringen, den du nicht liebst!" Das Oberhaupt schaute verlegen auf den Boden. Seine Frau hatte ja so recht. Sowas könnte er sich nicht vorstellen. Lieber würde er alleine bleiben, anstatt jemand anderen zu heiraten. Und dann noch Kinder mit dieser Frau  bekommen? Nein, das ging gar nicht! ,,Aber was sollen wir dann tun?", fragte das Oberhaupt und blickte zu seiner zuvor tot geglaubten Ehefrau. Beide überlegten kurz. ,,Naja, Hicks könnte zum Beispiel....ähm... jemand anderen aus dem Volk nach ihm zum Stammesoberhaupt ernennen!", suchte Valka die Worte zusammen. Sie hatte keine Ahnung, was sie tun konnten, doch die Frau versuchte trotzdem irgendwie, den Wikinger aufzumuntern. Haudrauf schaute sie verdutzt an. ,,Nein, Valka. Das entspricht nicht der Tradition..." Kurz schwiegen beide und starrten auf den Boden. Haudrauf murmelte wieder: ,,Was sollen wir nur machen?!" Der Mann war gerade am verzweifeln. Den letzten Satz sagte er etwas leiser. Seine Frau kam zu ihm und umarmte ihn. Mitten in der Umarmung sagte Valka: ,,Siehst du? Es ist ein unglaubliches Gefühl, geliebt zu werden. Ein Leben mit jemand anderen, den ich nicht liebe, könnte ich mir nicht vorstellen." Sie lösten sich und Haudrauf nickte ihr zustimmend zu.

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Astrid schluckte und öffnete dann ihren Mund. So nervös wie sie gerade war, brauchte sie lange, um mal Worte aus ihr herauszubekommen. ,,Wieso? Wieso tun Sie das all den Menschen an?", fragte Astrid mit etwas Wut und Enttäuschung in der Stimme. ,,Das verstehst du nicht, Kleine. Kehre wieder um und gib dich zufrieden.", sprach Odin mit seiner dunklen und rauen Stimme. Diese Worte machten Astrid noch wütender. Was sollte sie tun?! Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Als ob Astrid jetzt einfach tatenlos gehen würde! ,,Ich soll mich zufrieden geben?! ICH SOLL MICH ZUFRIEDEN GEBEN!? Mein ganzes Leben spielt sich da unten ab und-" Odin blockte sie ab: ,,Du hast kein Leben mehr!" ,,Was ist Ihr Problem? Sie sind der Göttervater, sie können mich doch ins Leben zurück schicken!", sagte Astrid weiter. In diesem Moment hatte die tapfere Frau keine Angst vor ihm. Ganz im Gegenteil. Die Wut und die Sehnsucht nach Berk vereinigten sich und machten die junge Dame stark. ,,Wieso sollte ich das tun?", fragte Odin in einem strengen Ton. Doch Astrid ließ sich von seinen bedrohlichen Tönen keine Angst machen. ,,Oh, glauben Sie mir, ich werde hier so lange bleiben, bis Sie es tun!", schrie Astrid schon fast. ,,Ich kann aber nicht!", schrie Odin. Verdammt! Hatte er das gerade wirklich gesagt? Er stellte sich wirklich bloß und schwach da, vor einem seiner Untertanen! Das konnte sich nicht wahr sein. Wenn dieses Mädchen erfuhr, wie er wirklich war, könnte sie es all seinen Untertanen erzählen und jeder verkauft ihn für Dumm!
,,W-Was? Wie jetzt? Na klar können sie, was reden sie da?", kam von Astrid verunsichert. Odin konnte es ihr nicht mehr ausreden. Er spürte ihren riesigen Drang, zurück ins Leben zu kehren. Er wusste, wie sehr sie nach Berk, zu ihren Freunden, ihrer Familie und ihrem festen Freund wollte. ,,Nein, ich kann es nicht.", sprach der Göttervater, enttäuscht von sich selbst. Astrid sah ihn ungläubig an. ,,A-Aber sie sind doch der große und mächtige Götterva-" ,,Nein, ich bin wohl nicht so mächtig, wie alle denken.", schnitt der Mann Astrid das Wort. In dem Kopf der Wikingerin spielten sich gerade hunderte von Fragen und Aussagen ab. So viele Gefühle schwirrten in ihr herum. ,,WAS? Sie wollen mir nicht ernsthaft einreden, dass Sie es nicht können! Bestimmt wollen sie mich reinlegen!" Odin senkte seinen Blick. ,,Nein, will ich nicht. Ich glaube nicht, dass es mir gelingen würde.", sprach er leiser. Die junge Frau sah ihn verdutzt an. ,,Wie jetzt? Haben sie es noch nie ausprobiert?", fragte sie beunruhigt. Odin schaute sie an und schüttelte langsam seinen Kopf. ,,Dann wird es aber höchste Zeit dazu!", sagte Astrid und wurde wieder lauter. Anscheinend hatte der Gott all seine Motivation verloren. Dann musste Astrid sie wieder aufbauen! ,,Ich sage dir, es wird nicht funktionieren!" Die Wikingerin wurde auf einen Hieb wieder wütender. Nun begann die Motivationsrede. ,,Aber sie sind der GÖTTERVATER! Wollen sie jetzt wirklich einem ihrer Untertanen sagen, dass sie zu schwach für so eine Kleinigkeit sind?!", schrie sie ihn an. ,,Eine Kleinigkeit ist das ja nicht..." Astrids Wut sammelte sich und sie ließ ihr freien Lauf. ,,Das ist doch vollkommen egal! Wo ist der Göttervater, der große Odin. Der mächtigste, tapferste und angesehenste Gott, den jeder verehrt?!"
Das reichte Odin. Diese Frau hatte Recht! Wo war der große und furchtlose Gott? Mit seiner Faust haute er auf die Lehne, für die Hände, am Thron. Die Erde bebte und Astrid wackelte etwas umher. Auf einmal entstand ein Tor, gleich neben ihnen. Es war in einem Weißton. Darin war einfach nichts. Es tauchte aus dem Boden auf und verfestigte sich. Man konnte hindurch schauen, einfach in dem Saal, wo sie sich nun befanden. ,,Sehen Sie, sie haben es geschafft!", rief Astrid efreut darüber, dass ihre Rede funktioniert hatte. ,,Da-Das habe ich wohl...Ich bin der mächtige Göttervater!", sprach er und wurde wieder stolzer. Die junge Frau ging weiter auf das Tor zu. ,,Das heißt, wenn ich da durch gehe, komme ich zurück ins Leben?", fragte sie unsicher. Odin nickte nur und sagte: ,,Gehe hindurch, führe dein Leben weiter, werde mit deiner Familie und deinen Freunden glücklich. Ich danke dir dafür, dass du geholfen hast, meine Angst zu besiegen." Astrid nickte verunsichert und trat immer näher. Je näher sie kam, desto nervöser wurde sie. Odin sah ihr nur gespannt zu, denn er wollte wissen, ob es tatsächlich funktionierte.
Doch plötzlich blieb Astrid abrupt stehen. Sie wendete ihren Blick nochmal zu Odin, der sie verwirrt anschaute. ,,Eine Frage habe ich noch.", sagte Astrid. Odin nickte ihr zu, um zu deuten, dass sie es aussprechen durfte. ,,Warum kann nur ich mich erinnern?", fragte sie. Der Gott grinste sie nun an. ,,Am Anfang habe ich es selbst nicht für möglich gehalten, doch du trägst die stärkste Kraft in dir, die es gibt. Und dazu sehr viel davon." Astrid drehte nun ihren ganzen Körper zu ihm und schaute ihn verdutzt an. ,,W-Welche Kraft denn?", fragte sie verunsichert. ,,Die Kraft der Liebe. Noch nie hatte jemand so viel davon. Noch nie hat sich jemand so sehr geliebt. Und mit dieser Macht konntest du dich schließlich erinnern, da die Sehnsucht immer mehr wurde. Du weißt für wen.", erklärte er. Als Astrid das hörte wurde ihr warm ums Herz, sehr, sehr, sehr warm. Sie wusste ja, dass sie Hicks liebte, aber soooo sehr - Das hätte sie echt nicht erwartet.
Sie nickte ihm noch lächelnd zu und drehte sich dann wieder zur Tür. Nun war die Wikingerin nur noch einen Schritt entfernt. Die Anspannung ihres Körpers zeigte, wie nervös sie war. Einmal schluckte sie noch und atmete ein. Dann atmete sie aus und durchführte den letzten Schritt. Der Schritt zurück ins Leben.

Hiccstrid ~ Leben oder Tod ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt