Chancen

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Meine Haare wehen im Wind.
Es ist warm und die Sonne wärmt meine Haut.
Das Rauschen der Wellen ist entspannend und ich stehe neben Jason, mein Blick auf das Meer gerichtet.
Es erscheint mir so sanft, so ruhig, so vollkommen.
Es ist das Gegenteil von dem was ich in Erinnerung habe.
Ich kenne das Meer nicht so ruhig, nicht einmal in ruhigen Momenten ist es so still wie hier und dennoch die sanften Wellen die meine Füße kitzeln stören mich nicht.
Ich blicke herab und sehe Jasons Hand in meiner.
Sein Blick ist ebenfalls auf das Meer gerichtet und er scheint entspannt zu sein.
Langsam dreht er sich um und lächelt mich warm an.
Sein Lächeln ist so warm wie die Sonne auf meiner Haut.
'Ich liebe dich' sagt er und kniet sich vor mir in den weichen Sand.
'Ich liebe dich Honey. Werd meine Frau'
'Ja' sage ich und eine Freudenträne fließt über meine Wange.
Die Hand die sich hinter seinem Rücken befand kommt zum Vorschein und ich erblicke die weiße Rose in seiner Hand.
Als ich sie näher betrachte sehe ich wie Blut von ihren Blüten tropft, als ich zurück zu Jason blicke ist sein Hemd von Blut getränkt.
'Ich liebe dich' murmelt er und seine Augen schließen sich.
Seine Hand die eben noch fest die meine gehalten hat löst sich nun.
Seine Brust hört auf sich zu heben und zu senken und ein Schrei entflieht meiner Kehle.
'Sophie! Sophie!' schreit jemand aus der Ferne, doch ich ignoriere es.
Plötzlich zieht mich etwas schnell von Jason weg und ich kann ihn nicht mehr sehen.
Ich sehe Schwarz.

Als ich begreife, dass es sich um meine Decke handelt und Jason seine Arme an meinen Schultern hat und mich schüttelt wird mir bewusst, dass es nur ein Traum war.
Es war wieder nur ein Traum.
Ich kann trotzdem nichts verarbeiten.
Ich spüre den Kloß in meinem Hals.
Jason umarmt mich. Ich drücke mich fest an ihn und versuche es zu vergessen.
Ich versuche es zu vergessen, konzentriere mich lieber auf seinen Duft, seinen Atem an meinen Haaren und seinen Herzschlag.
Ich merke wie ich aufhöre zu zittern und mich die Müdigkeit überkommt.
Es passiert jede Nacht.
Jede Nacht dieser Traum und jede Nacht verliere ich.
Ich verliere das Spiel, welches mein eigener Kopf erschaffen hat und es gibt keine Möglichkeit dem ganzen zu entfliehen.
Es ist wie ein Labyrinth ohne Ausgang.

Es wird hell und ich fühle mich als hätte ich keine Sekunde die Augen zu gehabt. Ich schlurfe ins Badezimmer und blicke in den Spiegel.
Die Frau die mir entgegenblickt ist mir unbekannt.
Jegliche Lebensfreude ist aus ihren Augen gewichen und unter ihren Augen befinden sich Tiefe Schatten.
Sie ist blass.
Ihre Körperhaltung ist in sich gekauert so als hätte sie keine Kraft aber vorallem keinen Mut mehr jeden Morgen aufzustehen.
Sie sieht kaputt aus, hoffnungslos.
Jeden Morgen schaue ich dieser Frau im Spiegel zu wie sie tut was sie tut.
Ich sehe wie sie ihr Gesicht wäscht, ihre Haare kämmt und ihre Zähne putzt und auch wenn diese Frau ich sein muss so fühle ich sie nicht.
Ich fühle meinen Körper nicht, ich fühle nichts.
Nur in der Nacht, wenn meine schlimmsten Gedanken zum Vorschein kommen und mich in meinen Träumen verfolgen habe ich Gefühle.
Trotzdem versuche ich Jason jeden Morgen ein Lächeln zu schenken.
Und auch wenn ich weiß, dass er dieses nicht abkauft so will ich doch noch ein wenig Stärke zeigen.
Stärke die mich längst verlassen hat.
Ich kann mich daran erinnern, dass ich ihn liebe aber ich habe das Gefühl vergessen.
Es ist der Verzweiflung gewichen und der tonnenschwere Stein der sich auf meinem Herzen befindet scheint sich nicht zu rühren.
Zwei Monate sind vergangen und ich bin am Ende.
Ich will mich wieder fühlen.
Ich will mich nicht aufgeben aber es ist als wäre ich auf der ständigen Suche nach mir selbst und jeder Misserfolg schwächt den letzten Rest Selbstvertrauen.
Ich merke wie ich inne halte, die Haarbürste noch immer auf der Hälfte meiner Haare und dann merke ich Jasons warme Hände, die sich um meine Taille schlingen und seinen Kopf der sich auf meine Schulter stützt.
"Baby so geht es nicht mehr." Sagt er und ich werde noch ein Stück trauriger als vorher.
Ich blicke auf meine Hände am Waschbecken und bereue ihn nicht öfter angelächelt zu haben.
"Ich habe nachgedacht." Sage ich und er schaut mich interessiert an.
"Du solltest gehen...Okay nein das ist dein Haus. Ich sollte gehen."
Jasons Miene verfinstert sich.
"Sag das nie wieder. Ich liebe dich und du denkst wirklich ich verlasse dich wenn es dir schlecht geht? Was ist in guten wie in schlechten Zeiten für dich? Denkst du wirklich ich gebe so leicht auf? Ich will dass du glücklich bist und das Lachen wieder.
Ich will wieder die süßen Grübchen in deinen Wangen sehen, Honey.
Ich werde dich glücklich machen!"
Ich spüre eine Träne über mein Gesicht kullern und versuche zu fühlen warum sie da ist.
Nach einiger Zeit beschließe ich, dass sie nicht da ist weil ich traurig bin.
Ich schätze ich freue mich.
Ich drehe mich um und schlinge meine Arme um Jasons Hals.
Es werden immer mehr Tränen und Jason hält mich einfach nur fest.
Und als ich mich leicht von ihm löse um in seine Augen zu sehen küsst er mich.
Nur kurz und ganz sanft doch das bisschen reicht.
Ich spüre seine Lippen.
Ganz klar und nicht wie durch eine Wattewolke.
Und ganz tief in meinem Bauch erinnert sich etwas an dieses Gefühl.
Ich küsse ihn, einmal, zweimal und das Gefühl wird immer stärker bis ich den ersten Funken spüre der meinem Herzen wieder ein bisschen Wärme schenkt.
Und so kehrt auch das leben langsam wieder in meinen Körper zurück.
Als ich diesen Abend in seinen Armen einschlafe spüre ich den Ansatz eines Lächelns in meinem Gesicht.
Ein Lächeln welches mir die Chance gibt weiter zu machen.

Mr.DevilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt