Sand

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Auch diese Nacht verfolgt mich der Traum und er bricht wieder an derselben Stelle ab, wieder durch Jason.
Erschöpft blickt er in meine Augen.
Er dachte alles ist vorbei, er dachte er hätte es geschafft, genauso wie ich.
Mein Blick wird weich und meine Mundwinkel zucken, ich schenke ihm ein Lächeln was ihm zeigen soll, dass alles okay ist doch Tränen laufen meine Wangen hinunter.
Er schüttelt seinen Kopf und reibt seine Augen.
Er sieht traurig aus.
Stumm umarmen wir uns, dann sagt er: "Zieh dich an."
Ich glaube mich verhört zu haben aber er meint es Ernst.
Er geht zu meinem Schrank und zieht ein langes weißes Kleid heraus.
Es ist ein Sommerkleid und ich spüre einen Stich in meinem Herzen, denn es erinnert mich an das Kleid, welches ich im Traum trage.
"Ich weiß, dass du es nicht willst aber bitte zieh es an. Bitte vertrau mir."
Ich ziehe das Kleid an und Jason verschwindet für ein paar Momente.
Dann zieht er ein dunkle Jeans und ein weißes Hemd an.
"Warum tust du mir das an?" Frage ich ihn und merke eine leichte Angst in meinem Herzen.
Natürlich ist sie eigentlich unbegründet aber sie ist da.
Er nimmt meine Hand in seine und läuft mit mir zu seinem Auto.

Wir fahren sicher zwei Stunden, stumm, nur der leise Ton des Radios im Hintergrund.
Ich blicke hinaus und sehe wie es langsam hell wird.
Meine Müdigkeit ist so stark, dass ich für einen Moment die Augen schließe, als ich sie wieder öffne steht der Wagen.
Ich höre Möwen und Wellen.
"Ich werde nicht aussteigen! Fahr sofort nach Hause! Wie kannst du nur??" Jason sieht mich an und lässt sich stumm anschreien, als ich fertig bin nimmt er meine Hand.
"Bitte" sagt er und schaut in meine Augen.
Lange sehen wir uns an, sein Blick ist flehend.
Ich schaue auf unsere Hände und nicke.
Langsam steige ich aus dem Auto und klammere mich an Jasons Hand fest.
Die Sonne ist noch nicht ganz aufgegangen doch auch jetzt ist sie warm.
Sie scheint auf meine Haut und alles ist gut.
Das macht mir Angst.
Ich blicke auf das Meer, es ist nicht still, jedoch auch nicht wild.
Jason kniet sich vor mich.
Mein Herz klopft bis zu meinem Hals und ich kann nicht mehr atmen, mein Hals schnürt sich zu.
Er blickt tief in meine Augen und beginnt zu reden.
Er sagt wundervolle Sachen, auf die ich mich nicht konzentrieren kann, weil die Panik mich im Griff hat.
Ich höre nur leise "Willst du meine Frau werden?"
Und ich sage ja auch wenn ich Angst vor dem habe was passieren könnte.
In seiner Hand ist eine weiße Rose.
Er gibt sie mir und ich schaue sie lange an und...
Nichts passiert.
Es passiert einfach nichts.
Und plötzlich spüre ich Jasons Hände an meiner Taille und er zieht mich in eine Umarmung.
Er gibt mir einen sanften Kuss und hält mich dann einfach nur fest und plötzlich ist die Panik verflogen und kein bisschen Angst ist mehr da.
Ich schaue ihn an und eine Freudenträne läuft meine Wange hinunter.
Er lacht und nimmt meine Hand, dann beginnt er zu rennen.
Wir rennen und springen und irgendwann fallen wir in den warmen Sand.
Immernoch Händchenhaltend blicken wir in den Himmel und ich bin richtig glücklich.
Ich fühle mich frei.

Ein Schatten über mir nimmt mir die Sonne.
Ich öffne die Augen und ein kleines Mädchen steht vor uns.
Sie blickt auf uns hinab.
"Was macht ihr denn daaa?" Fragt sie als wäre es verboten sich an der Hand zu halten und ich muss lachen.
"Wir lieben uns." Sagt Jason und ich sehe wie das Mädchen ihn geschockt anschaut.
"IHHHHHH" Schreit sie bevor sie sich in den Sand plumsen lässt.
Wir setzen uns auf und das Mädchen erzählt: "Tommy Simpson hat mal gesagt das er mich liebt und dann hat er mich einfach geküsst! Auf den Mund sogar! Das war totaaal eklig! Wer seid ihr eigentlich? Ich bin Madeleine und ich bin schon fünf. Schaut mal meine Mama ist dahinten."
Eine Frau läuft besorgt auf uns zu.
"Maddy was machst du denn da? Entschuldigung." Ruft sie.
"Alles gut" sagt Jason grinsend.
"Maddy hat uns gerade von dem ekligen Tommy Simpson erzählt."
"Eyyy Maddy dürfen nur meine Freunde sagen und ich weiß nicht mal wie du heißt. Das ist übrigens meine Mama, sie heißt..."
"Megan, Hi tut mir total leid, dass mein kleiner Spatz euch abgelenkt hat.
... abgelenkt
"Kein Problem, Ich bin Jason und das ist Sophie, sind wir nun deine Freunde?"
Maddy blickt uns prüfend an, fängt dann an breit zu Grinsen und nickt, dann rutscht sie auf uns zu und umarmt uns.
"Woher kommt ihr denn?" Fragt sie aufgeregt.
"Berlin" antwortet Jason und ihre kleinen Augen werden ganz groß.
"Oh"
"Dann seid ihr ja schon ein paar Stunden unterwegs. Was macht ihr heute hier? Ich meine der Tag ist schön aber definitiv nicht warm genug um mit einem Sommerkleid herumzulaufen. Ich friere schon wenn ich dich sehe." Sagt Maddys Mutter, die sich mittlerweile neben uns in den Sand gesetzt hat
"Wir haben uns verlobt." Sagt Jason und grinst breit.
Eine Weile reden wir noch mit der kleinen Maddy und ihrer Mutter.
Als es dämmert laufen wir noch einmal am Strand entlang.
Ich weiß das meine Lippen schon blau sein müssen aber ich kriege nicht genug von diesem befreienden Gefühl.

Als wir Zuhause ankommen ist es dunkel, plötzlich geht ein Licht am Haus unserer Nachbarn an.
Frau Meyer stürmt heraus.
"MASTERS" Schreit sie aufgebraucht.
Ich schaue sie verdutzt an.
"Als ich heute morgen die Post herein geholt habe und wie jeden Morgen einen Blick auf meinen wunderschönen Rosenbusch erhascht habe ist mir aufgefallen, dass eine Rose fehlt und das ist nicht genug, Nein, natürlich stehlen Sie mir die schönste Rose meines Rosenbusches und schneiden sie radikal ab.
Eine Straße weiter befindet sich ein Rosenladen, kaufen Sie Ihre Rosen gefälligst selbst."

Ich muss mir ein Lachen verkneifen, als die aufgebrachte Frau schließlich wieder in ihrem Haus verschwindet, was sie mit einem lauten zuknallen der Haustür noch einmal dramatisch untermalt, kann ich es nicht mehr halten.
"Da hast du die Rose also her, Blödmann" sage ich und schlage ihm gespielt auf die Brust.
"Naja es war sehr früh. Es waren nirgends offene Blumenläden zu finden, nicht das ich gesucht hätte aber es war ja klar."
Jason zieht mich ins Haus und schließt die Tür.
Ich gehe mich umziehen und denke an den Tag.
Es war wunderschön.
Am Abend liegen wir im Bett und schauen uns an. Ich gebe ihm einen Kuss und kuschele mich an ihn. Er streicht über mein Haar und flüstert: "Du wirst ein glückliches Leben haben Sophie, wir werden ein glückliches Leben haben."
Mit einer Hand an meiner Taille zieht er mich näher an sich und gibt mir einen Kuss auf meinen Hals bevor ich einschlafe.
In dieser Nacht träume ich nur von Jasons Hand in meiner.
Kein Albtraum plagt mich und es ist die schönste Nacht seit langem.

Mr.DevilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt