Ruby
Irland, 12 Nov. 04:36 Uhr
Ich wurde von dem durchdringenden Geheule der Arlamsirenen aus dem Schlaf gerissen. Noch leicht benommen tastete ich in der Dunkelheit nach einem Lichtschalter. Nach einer gefühlten Ewigkeit fand ich ihn. Das Licht blendete mich und ich hielt mir schützend die Hände vor die Augen. Schnell zog ich mir meine Stiefel an, die neben meinem Bett standen, warf mir noch schnell meinen Wintermantel über und lief auf den Gang hinaus, um zu erfahren, was vorgefallen war.
Draußen herrschte Chaos. Der weiße, fensterlose, aber dennoch helle Gang war voller panischer Menschen, die zum nächstbesten Notausgang eilten. Einige bewaffnete Wachen schrien "wir werden angegriffen" und stürmten in Zimmer, um nachzusehen, ob sie leer sind. Viele dieser Leute kannte ich schon seit einer gefühlten Ewigkeit. Als ich 12 Jahre alt war, wurden ich und meine Schwester Emily von unserer Mutter hierhergeschickt. Seitdem kannten wir nichts anderes als die Räume und Gänge des im Wald gelegenen Labors.
Im Gedränge hielt ich Ausschau nach meiner Schwester, fand sie aber nicht. Ihr Zimmer lag ein gutes Stück weiter den Gang hoch. Ich beschloss mich bis zu ihr durchzuschlagen. Von allen Seiten rempelten mich Leute an, doch mit der Zeit wurden es weniger. Nur noch vereinzelte, in weiße Kittel gekleidete Personen eilten mit Koffern unter den Armen, in denen sich vermutlich medizinische Geräte befanden, zum Ausgang.
Doch meine Schwester hatte ich noch nicht gesehen. Vielleicht ist sie schon draußen. Aber dafür kannte ich sie zu gut. Ihre Mutation hatte schon vor 2 Jahren stattgefunden: Sie war eine Traumwandlerin, ein perfekter Mutant. Die Wissenschaftler, die seit 8 Jahren an uns herumexperimentierten, versuchten unsere Mutation insoweit zu beeinflussen, dass wir uns nur mental weiterentwickeln. Emily hatte es geschafft, anders als ich. Doch sie würde vom Alarm nicht geweckt werden, sondern musste von selbst aufwachen. Ich wich ein paar bewaffneten Wachen aus, die (vermutlich zum Schutz der Wissenschaftler) in Richtung Ausgang eilten.
Bei Emilys Zimmer angekommen wollte ich gerade die Tür aufstoßen, als plötzlich ein ohrenbetäubendes Knallen ertönte. Ich fiel hin und versuchte mich an der Türklinke hochzuziehen, als ein weiteres Knallen ertönte, diesmal lauter. Daraufhin wurde mir erneut der Boden unter den Füßen weggezogen. Die Tür zu Emilys Zimmer war aufgegangen. Im Türrahmen stand meine Schwester. Sie blickte mich nicht an, dennoch sah ich, dass ihre Augen in einem seltsamen Rotton glühten. Schläft sie noch? Schoss es mir durch den Kopf.
"Lauf!" Schrie sie, ohne zu mir hinunterzusehen. Doch ich konnte mich nicht bewegen und starrte sie nur weiterhin an. Eine weitere Explosion erschütterte den Boden und plötzlich stand der Gang in Flammen. Wie in Trance stand ich auf und fing an zu laufen, obwohl eine Stimme in meinem Kopf schrie, ich solle umdrehen und Emily mitnehmen. Die Flammen tauchten den Gang in ein rotorange, aber ich spürte keine Hitze. Sie loderten hell an den Wänden und kamen mir gefährlich nahe. Ich bog um eine Ecke und beschleunigte meine Schritte, als der Ausgang in Sicht kam. Nur noch ein paar Meter!
Draußen lag Schnee. Ich rannte immer weiter. Falls das Labor gänzlich explodierte, wollte ich nicht in der Nähe sein. Immer noch konnte mich die Stimme in meinem Kopf nicht zum Anhalten bringen, mein Körper bewegte sich einfach weiter, als wäre er nicht mein eigener. Ich wich ein paar Bäumen aus und wurde plötzlich zu Boden geworfen. In eine Person verkeilt, die anscheinend nicht aufpassen konnte wo sie hinlief, rollte ich einen kleinen Abhang hinunter. Mit dem Gesicht im Schnee blieb ich schließlich liegen, irgendjemanden auf mir, der mich zu Boden drückte. Nach einigen Augenblicken wurde das Gewicht von mir genommen. Erleichtert nahm ich einen tiefen Atemzug der kalten, winterlichen Luft. Dann sah ich, wie mir jemand seine Hand entgegenstreckte um mir aufzuhelfen.
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Fire and Quicksilver
FanfictionRuby führte ein ganz normales Leben. Zumindest so normal, wie ein Leben in einer Forschungseinrichtung für genetische Mutationen sein kann. Doch dieses Leben wurde auf einmal auf den Kopf gestellt, als das Labor bei einem Angriff in Flammen aufging...