Dieser eine Tag, der alles veränderte-Caya

676 21 2
                                    

Die Tür zum Oberstufentrakt schlug hinter mir zu, als ich mich nach Schulschluss mit meinem Zwillingsbruder auf den Heimweg machte. Bengt hatte ein ganz schönes Tempo drauf. Ergo er hatte schlechte Laune. Warum wusste ich leider auch, da wir die letzte Stunde zusammen hatten. Er hatte sich mit unserer Erdkundelehrerin angelegt. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken oder hätte unsere Verwandtschaft verleugnet. Im Endeffekt hat er ein Referat aufgebrummt bekommen in welches ich mich dann freiwillig eingeklingt hatte. Ich dachte mir, dass es gut für die Note und die Kopfnoten seien könnte.

Ich holte mit zügigen Schritten zu ihm auf "Bengt! Jetzt sei nicht so angefressen verdammt!". Er verdrehte nur die Augen und sah mich noch nicht einmal aus seinen grünen Augen an. "Warum nicht? Ich hasse sie! Ich hasse Erdkunde! Ich freu mich schon drauf, wenn ich das Abwählen kann!" motzte er. "Mein Gott, sei froh dass ich mich gemeldet habe um dir zu helfen!" meinte ich, während wir die Brücke Richtung Hauptausgang überquerten.

Bengts Schritte wurden wieder ruhiger und er wirkte nur noch halb so angespannt, wie vorher. Nun sah er mich doch endlich an. Seine grünen Augen wirkten, aber immer noch ziemlich aufgebracht. "Caya?" sein Ton gefiel mir schon nicht. "Warum glaubst du ich freue mich darüber, dass wir ein Referat zusammen machen müssen?" "Ich wollte dir helfen verdammt!" fauchte ich. Er grinste und boxte mich zwischen die Rippen "Lass dich nicht ärgern Schwesterherz". "Du Arsch!" meinte ich lachend und revanchierte mich in dem ich ihn auf den Oberarm boxte. Schnelle Schritte hinter uns. "Mensch Leute! Ich ruf euch die ganze Zeit schon hinterher. Seit ihr schwer hörig oder was?" hörte ich meine beste Freundin hinter mir. Mila und ich kennen uns schon ewig. Wir drehten uns beide im selben Moment um und Mila musste lachen "Jetzt saht ihr wirklich mal aus wie Bruder und Schwester. Original der selbe Blick!". Mein Bruder und ich wechselten Blicke. Dabei sehen wir wirklich nicht aus wie Geschwister, schon gar nicht wie Zwillinge.

"Was hattet ihr gerade?" riss mich Mila aus meinen Gedanken. "Erdkunde bei Schmidts" antwortete Bengt trocken und beschleunigte seine Schritte wieder. "Schlechte Laune?" fragte sie und ließ ihren Blick über seinen Rücken wandern. "Ja" bestätigte ich knapp. "Er hat sich mit Schmitti angelegt" "Oh!" kommentierte sie. Ich nickte und fing an nach meinem Schlüssel zu kramen. Bengt stand schon am Gartentor und wartete ungeduldig auf mich. Was meint er auch keinen Schlüssel mitnehmen zu müssen, wenn wir beide gleich lang Schule haben. "Tschüss. Bist du heute Nachmittag am Club?" verabschiedete sich die Dunkelhaarige neben mir. "Tschau. Wir schreiben. Ich weiß noch nicht, wann wir reiten. Ich glaube Bengt hat sowieso heute Abend Geländetraining in der Halle." Ich hob die Hand in der ich inzwischen meinen Schlüssel hielt und winkte leicht damit.

"Fertig mit quatschen?" stichelte Bengt. Jetzt war ich dran mit Augen verdrehen. Er drückte die metallende Klinke des Gartentors runter und hielt mit das Tor auf. Sofort setzte ich ein Fuß auf den Kiesweg und ließ meinen Blick zur Einfahrt wandern. Papas Volvo stand schon vor der Garage. Unverkennbar an der dunkelblauen Lackierung und den Aufklebern von unserem Club und dem Svenska Ridsportforbundet auf der Heckscheibe zu erkennen. Unserer Schritte waren gut durch den Kies zu hören, als wir auf unser Haus zugingen, welches in der spießigen upperclass Reihenhaussiedlung auffiel. Die perfekte Mischung aus Moderne und klassisch skandinavischem Design. Schon cool wenn man sagen kann, dass der Vater selber die Entwürfe gemacht hat.

Bengt dauerte das alles wohl zu lange, denn er ging mit zügigen Schritten an mir vorbei und nahm mir gleichzeitig den Schüssel aus der Hand.

Wenig später standen wir auch schon im Flur. "Hej" rief ich in Richtung Büro. Unser Vater saß bestimmt schon wieder dort und machte seine Entwürfe und Skizzen. Noch bevor ich seine Begrüßung hören konnte hatte Bengt wohl schon wieder Langeweile. Manchmal ist es echt nervig einen Zwillingsbruder zu haben. Er konnte es nicht lassen und pikste mich zwischen die Rippen. Sofort quietschte ich auf und fauchte Bengt an "Du Arsch!". Er musste einfach nur lachen. "Warum musst du mich immer Ärgern, wenn du Langeweile hast?" ich funkelte ihn an. "Keine Ahnung? Einfach so." Mein Bruder grinste. "Woran merkt man immer das ihr zu Hause seid? Es wird laut!" unser Vater lehnte schmunzelnd im Türrahmen zu seinem Büro. "Wie sieht es jetzt eigentlich bei euch beiden mit dem Praktikum aus?" Er sah zwischen uns hin und her. "Ich will das immer noch bei euch im Büro machen und das dürfte ich sogar von der Schule aus!" meinte ich. Papa wirkte noch nicht so ganz begeistert. Er sah kritisch zu Bengt rüber, der jetzt breit grinste und stolz sagte "Erste Bewerbung war ein voller Erfolg! Ich hab einen der Praktikumsplätze bei Stüwe GmbH bekommen und dann auch noch den in der Chefetage." Eigentlich hatte ich gedacht Papa würde sich mit ihm freuen, aber stattdessen sah er ihn mit diesem Blick an den er eigentlich immer nur drauf hatte, wenn einer von uns nach unserer Mutter fragte.

Fucked Up!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt