Schwesterherz-Bengt

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An die Sache mit Mila musste ich auf jeden Fall einen Harken machen. Ich wollte mir gar nicht vorstellen wie Caya ausrasten würde wenn sie es erfahren würde. Jäklans! Aber es war gar nicht mal schlecht. Eigentlich gab es an der ganzen Sache nichts zu bereuen. 

Caya stand jetzt immer noch mit Mila in der Küche. Ich hatte mich nachdem Caya nochmal zu mir gesagt hatte ich solle abhauen in mein Zimmer verzogen. Ich glaube Mila war etwas überfordert damit, dass sie nichts verstanden hat, als wir uns auf schwedisch angegiftet hatten. Wir giften uns generell immer auf schwedisch an. Keine Ahnung warum. 

Gegen Nachmittag hatte es uns an den Stall verschlagen. Wobei wir erst mal darüber diskutierten wer welches von Papas Pferden reiten durfte. Unsere eigenen mussten wir auch noch bewegen. Caya hatte sich mit Mila zum ausreiten verabredet und ich wollte meinen Wallach noch etwas Dressurmäßig arbeiten. 

Ich holte meinen Braunen von der Weide. Kaum hatte ich ihn am Weidetor gesehen hatte sich meine Laune auch schon wieder in Luft aufgelöst. Lysande war echt schon wieder richtig dreckig! Sofort hatte ich keinen Bock mehr. Seufzend zog ich ihm sein schwarzes Lederhalfter über und klinkte den Führstrick ein. Ich öffnete das Gatter und suchte mit den Augen nach den anderen Pferden, die aber alle etwas weiter weg grasten, also kein Problem. Mit großen Schritten bahnte wir uns unseren Weg zum Stall, da kam uns Chris entgegen. 

"Hey Bengt" begrüßte er mich "Wie siehts aus Stunde von gestern gleich nachholen oder nächste Woche?" "Ehy. Ich dachte du wärst krank!" mein Trainer guckte daraufhin etwas betreten. "Ja....ähm" war seine einzige Antwort. Also hatte Caya recht gehabt. "Was ist jetzt wegen Training? Der Geländeplatz ist frei und vom Boden her reitbar." "Ja. Machen wir. Ich brauch nur etwas mit fertig machen." ich wies auf mein Pferd. "Viel Spaß. Das hat Ly ja wieder mal super gemacht." Chris grinste belustigt. "Danke" meinte ich nur und schlich weiter Richtung Stall mit meinem Schwein von Pferd im Schlepptau. 

Das putzen dauerte ohne Witz eine geschlagene Stunde. Chris wartete schon am Platz und ließ den Blick über mich und Ly wandern. "Hast du nicht was vergessen?" fragte er. Was sollte ich vergessen haben? Martingal? Sitzt. Gamaschen hinten und vorne sind dran. Abschwitzdecke liegt auf der Kruppe und ich hatte Sporen an den Stiefeln und auch meinen Helm auf. Ich sah ihn verwirrt an. "Willst du dir nicht vielleicht noch deinen Protektor holen? Also eine Rückenverletzung ist echt nicht witzig. Da kannst du gerne den Vater von Mila fragen." Ich drückte ihm einfach ohne ein Wort Ly's Zügel in die Hand und drehte mich einfach auf dem Absatz um. 

Wie konnte ich den nur vergessen?! Gut, dass Papa in Belgien auf einem Turnier ist und auch Oma und Opa nicht da sind. Sonst hätte ich mir unter Garantie eine Predigt anhören dürfen. Es ist ihnen doch eh ein Dorn im Auge, dass ich Vielseitigkeit reite und nicht einfach nur Springen, wie sie alle. Ja ich stamme aus einer Springreiterfamilie. Caya ist auch im Springsport unterwegs und nur ich tanze aus der Reihe. Papa sagt da nie etwas zu. Ihm ist es einfach nur wichtig, dass ich lebend und unverletzt vom Platz komme. Opa sieht das ganze schon kritischer. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sein bester Freund auf einer Geländestrecke bei einem M-Vielseitigkeitsturnier sein Leben verloren hat. Oma ist auch seiner Meinung. 

Nach dem Training ritt ich noch eine kleine Runde durch den Wald trocken und stellte den Kleinen wieder auf die Weide. Da kamen Caya und Mila auch schon von ihrem Ausritt wieder auf den Hof geritten. Ich half meiner Schwester beim absatteln nur damit wir später jeder ein Springpferd unseres Vaters unterm Sattel hatten und versuchten einigermaßen Dressur zu reiten. Ich hatte ganz klar mehr Erfolg als Caya. Der Schimmel den ich ritt bog sich recht schnell und beherrschte das Tritte verlängern unglaublich gut. Auch die Galoppwechsel klappten eins A. Caya hatte da schon mehr Probleme. Die gescheckte Stute welche sie unter dem Sattel hatte machte mit ihr was sie wollte und nach Dressur sah es eher weniger aus. Auch bei dem zweiten Pferd sah es nicht besser aus. Caya und Dressur ist wie der Versuch Wasser mit Feuer zum gefrieren zubringen. Sinnlos. Mehr als die Grundlagen hat sie einfach nicht drauf. 

"Ich bin jetzt echt fertig!" murmelte sie und ließ sich neben mir auf dem Strohballen vor Lys Box nieder. "Ohh. So einfach bekommt man dich kaputt?" zog ich sie grinsend auf. Sie schloss die blauen Augen und fuhr sich einmal durch die langen blonden Haare, bevor sie mir den Kopf auf die Schulter legte. "Ja! Können wir morgen nicht einfach springen? Ich könnte Mona fragen ob sie uns die Sprünge aufbaut und dabei bleibt." murmelte sie mit geschlossenen Augen. Ich mag ihre Trainerin nicht besonders, aber wenn sie die Klappe halten sollte und nicht immer betonen würde, dass wir Vielseitigkeitsreiter unerträglich seien. "Hmh!" kommentierte ich deshalb wenig begeistert. "Gut. Ich frag sie später mal und ich werde ihr sagen, dass sie nicht auf dir rumhacken soll!" beschloss sie und ich legte einen Arm um sie. Sie lehnte sich weiter an mich. "Bengt?" sie hob leicht den Kopf. "Caya?" fragte ich im selben Tonfall. "Ich hab dich lieb Bruderherz" murmelte sie in meine Halsbeuge. "Was würden wir nur ohne einander machen?" fragte ich. Sie zuckte mit den Schultern "Selbstmord begehen?". "Sehr lustig Caya!" murmelte ich. Sie grinste müde und hob ihren Kopf langsam von meiner Schulter. "Lass uns nach Hause. Ich bin echt kaputt!" demonstrativ sprang sie vom Ballen und drehte sich zu mir um. "Gestern Nacht nicht geschlafen?" sie schüttelte den Kopf. "Schon, aber schlecht. Ich musste die ganz Zeit über gestern Nachmittag nachdenken." 

Mitten in der Nacht klopfte es und Caya lugte in mein Zimmer. "Was ist?" fragte ich genervt, dass sie mich geweckt hatte. "Ich kann nicht schlafen" erklärte sie knapp. Sofort rutschte ich ein Stück und klopfte neben mich. Ich hatte auch erst nicht wirklich schlafen können. Das Angebot nahm sie sofort an und trat aus dem Türrahmen ins Zimmer. "Ich muss die ganze Zeit über sie nachdenken. Ist dir aufgefallen, dass sie auch so grüne Augen hat wie du?" fragte sie während sie unter die Bettdecke schlüpfte. Ich hatte nicht wirklich auf ihre Augen geachtet. "Nein" gab ich zu. "Willst du sie wirklich nicht kennen lernen?" fragte sie und kuschelte sich an mich. "Nein, will ich nicht!" "Schade. Warum nicht?" "Sie bedeutet mir nichts. Ich erwarte nichts mehr von ihr." Mit einem mal musste sie kichern "Mila hatte heute einen Knutschfleck und wollte mir nicht sagen wer es war. Hast du vielleicht auf der Party etwas mitbekommen?" "Nein. Wir haben nur zwei/ drei Worte mit einander gewechselt und weg war sie." log ich. "Gut so. Ich fänd das voll scheißen, wenn ihr was miteinander anfangen würdet." flüsterte sie noch mit geschlossenen Augen und schon war meine Schwester eingeschlafen. Ich lauschte noch einige Zeit ihrem ruhigen Atmen, dann wandte auch ich mich wieder dem Schlaf zu. 

Gut, dass ich nichts von Mila will sonst hätten mich ihre Worte wohl ziemlich getroffen. Und Mama konnte mir gestohlen bleiben. Ich will nichts von ihr wissen so wie sie über 15 Jahre nichts von uns wissen wollte. 


Fucked Up!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt