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Anderthalb Stunden später war der Unterricht beendet. Beim verlassen des Raumes flogen meine Augen über den Hof, in der Hoffnung ihn wieder zu sehen. Vergebens. Astaghfirullah, was war nur los mit mir? Wieso war ich so mitgenommen von einem Jungen? Ich verstand nicht, was in mir vorging. 

Zum einen konnte ich mich nicht auf den Unterricht konzentrieren, obwohl er mir immer so wichtig war. Ich strebte nach Wissen und das heutige Thema war wichtig! Doch hatte ich keinen blassen Schimmer, was wir besprochen hatten, weder wusste ich, was wir aufbekommen hatten. Hallo? Ich wiederhole mich ungern, aber Ich hatte sogar vergessen Salma nach diesem Samir zu fragen, dabei wollte ich sichergehen, dass sie keine Probleme hat. 

Die gesamte daraufhin folgende Woche blieb er in meinen Gedanken. Es schien mir unmöglich, ihn zu vergessen. Und glaubt mir, ich hab so einiges versucht. 

Ich hatte mich erkundigt, was unsere Aufgabe für den nächsten Unterricht war und versucht zu lernen. Wir sollten eine kurze Zusammenfassung vorbereiten, welche die Pflanzen aufzählt die Heilend wirken, aber in der heutigen Zeit nicht verwendet werden. Das Ergebnis meines Versuch's war so furchtbar, dass ich mich diesmal nicht melden würde, um sie vorzutragen. 

Nachdem der Versuch mich mit Lernen abzulenken fehlgeschlagen war, schaute ich mir Filme an. Doch das brachte wieder nichts. Bei jedem männlichen Protagonisten stellte ich mir ihn vor... Ich sank so tief, dass ich sogar versuchte, ihn als den Bösen abzustempeln. Alles scheiterte.

Ich betete auch mehr, als ich es sonst tat. Etwas, wofür ich mir nie verzeihen können würde war, dass ich es aber halbherzig tat. Denn vor jedem Amin dachte ich nur: in sha Allah sehe ich ihn wieder. (wenn Allah will)

Und so Allah wollte, sah ich ihn nach einer endlosen Woche wieder. Selber Ort, selbe Zeit. Anderes Datum. 

Diesmal war ich alleine. Salma hatte Spätschicht und fiel deshalb aus. Ab meinem ersten Schritt in den Hof verlangsamte sich mein Gang automatisch, ohne meinen Willen. Er war wieder mashaAllah so schön. Ich konnte wieder nicht anders und kostete den ersten Blick aus. Ich sog seine Ausstrahlung ein, versuchte sie in Form eines imaginären Bildes zu verewigen. Seine Haare waren diesmal etwas gelockt und sein Bart schien getrimmt worden. Seine Augen wirkten offener als vorherige Woche. So dunkel, doch einladend. 

Und meinen Blick erwidernd.  Verdammt.

Ich schaute schnell auf den Boden vor mir und eilte zum Unterrichtsraum. 

Astaghfirullah, astaghfirullah, astaghfirullah!, hallte es pausenlos durch meinen Kopf. Noch nie steckte ich in so einer unangenehmen Situation. Ich spürte, wie sich meine Wangen erwärmten vor Scham und mein Rücken gleichzeitig einen kalten Schauer ertragen musste. 

Durch meine Augenwinkel merkte ich, wie seine Blicke mir über den Hof folgten. Ich hatte anscheinend meinen Atem angehalten, denn gefühlte 10 Minuten später stiess ich erleichtert diesen Atem aus, während sich die Tür schützend hinter mir schloss. 



MIRA - VersuchungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt