Kapitel 9

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Schnell eilten Lucien und Ruwena Aiden zu Hilfe, als er sich einen geeigneten Platz zum Verscharren der Leiche überlegte. Weit und breit war niemand zu sehen, ein leichter Wind fegte durch die leeren Gossen der Stadt. Sie wirkte gespenstisch, fast wie ausgestorben.
„Was hast du angerichtet?" Ruwena sah Aiden erzürnt an.
„Gar nichts. Er wusste was ich bin, das konnte ich nicht zulassen. Seine Gedanken waren zu fixiert auf Dämonen, er hatte es schon vorher gewusst."
Er legte eine kurze Pause ein, dann fuhr er fort.
„Das Risiko ihn am Leben zu lassen war viel zu hoch, stell dir doch nur vor er hätte uns alle entlarvt! Die Menschen hier sind zu abergläubig, als das sie diese Warnung ignoriert hätten."
Lucien meldete sich erstmals zu Wort, wobei seine Miene um einiges heiterer war, als die seiner Cousine.
„Mach dir keine Sorgen, Bruder. Ein Mensch mehr oder weniger, wen interessiert das schon." Ein hämisches Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. Lucien wusste, er würde mit solchen Aussagen ein Messer in Aidens Brust rammen. Menschenleben waren ihm zu wichtig. Irgendwann würde ihn seine Naivität, die Menschen beschützen zu müssen, umbringen. „Sei still, Lucien." Ruwena stellte sich zwischen Lucien und Aiden und nahm die Leiche über die Schulter.
„Wo sollen wir ihn hinbringen?"
Ihre Stimme ertönte in Aidens Richtung.
„Wir werfen ihn einfach ins Meer. Dort wird ihn niemand suchen." Luciens Einfall klang einleuchtend.
Lediglich ein paar Minuten verstrichen, bis Aiden und sein Gefolge das Meer erreicht hatten. Gekonnt schnitt Ruwena den Brustkorb des Mannes mit ihren Fingernägeln auf, um ein paar schwere Steine hineinzulegen. Der Mann würde in wenigen Sekunden auf den Meeresboden sinken.
Plötzlich meldete sich Aiden zu Wort.
„Was ist mit den Sirenen? Sie werden wissen, dass es Dämonen waren. Vielleicht sehen sie es als Kriegszeichen an und werden versuchen, unsere Spezies anzugreifen! Das kann ich nicht verantworten!"
Lucien verdrehte die Augen.
„Du machst dir viel zu viele Gedanken, Aiden. Der Krieg wird kommen, ob wir nun eine Leiche versenken oder nicht. Die Sirenen würden sich niemals mit uns verbünden, das weißt du genau. Warum sollten wir also darauf achten?"
Aiden warf Lucien einen wutentbrannten Blick zu und brachte ihn zum Schweigen.
„Wir müssen nicht provozieren, denk daran, Lucien." Abermals stellte sich Ruwena zwischen den Konflikt der Brüder.
„Wir sind Dämonen, seit wann interessieren uns die anderen Spezies? Wir sind egoistisch und herrschsüchtig, wir haben uns noch nie um andere geschert!"
Aiden fletschte die Zähne und stieß ein lautes Knurren aus, während Lucien wild gestikulierte.
„Wir müssen diesen Krieg gewinnen, Lucien! Es ist nicht sehr schlau, direkt die Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen, sie werden versuchen uns zuerst auszulöschen!"
Lucien blieb still und wandte sich ab. Er hatte nichts mehr zu sagen, sein Bruder war ihm überlegen und er musste es akzeptieren. Abwartend, welche Reaktion nun folgen würde, blickte Ruwena abwechselnd zu Aiden und Lucien, bis Aiden einen Entschluss fasste.
„Wir werden ihn im Wald begraben. Danach begebe ich mich auf die Suche nach der Hexe. Ohne sie haben wir schon verloren."
Unterwürfig trotteten sein Bruder und seine Cousine hinter Aiden her, die Leiche des Mannes im Schlepptau.

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