Justin Smick steckte seinen Ausweis in den Scanner.
„Justin Smick. Zutritt gewährt," verkündete eine warme Frauenstimme, die vom Computer erzeugt wurde.
Der Einunddreißigjährige mit den glatten braunen Haaren und dem Bart an den Wangenknochen hatte eine steile Karriere hingelegt.
Im Jahr 2112 war er in einer kleinen Stadt an der Westküste Kanadas geboren worden, hatte dort die Highschool besucht und dann Weltraumtechnik in Vancouver studiert.
In einem Praktikum bei der Terra Nova Inc. lernte er wichtige Leute kennen, die dem begabten Ingenieur dort später eine Stelle beschafften.
Seitdem arbeitete er dort im Kontrollzentrum und war vor drei Monaten zum Leiter der Abteilung für Kontrolle der Bordelektrik aufgestiegen.
Es lag also in seiner Verantwortung, dass diese funktionierte, und wenn es Probleme gab, musste er der Besatzung des Raumschiffes helfen, diese zu lösen.
Die Idee für die Terra Nova war zweitausendundneunzig das erste Mal aufgekommen. Drei Jahre später hatten die Weltraumorganisationen NASA, ESA, JAXA, Roskosmos, CNSA und weitere private Firmen eine Gesellschaft gegründet, die die utopische Idee verwirklichen sollte.
Ein Raumschiff, das sich auf eine ewige Reise durch die Weiten des Weltraums begibt und nie wieder zurückkehrt.
Beim Start würde die Terra Nova tausend Menschen an Bord haben, die sich aber im Laufe der Zeit vermehren sollten, sodass eine ganze Zivilisation auf dem Raumschiff entstand.
Während dem Flug sollte das Raumschiff auch erweitert werden, es besaß zwei sogenannte Pioniershuttle, die sich abkoppeln konnten, auf Planeten, Kometen oder anderen Himmelskörpern landen konnten, um dort Rohstoffe für Anbauten und Umbauten zu fördern.
Energie gewann das Raumschiff durch ein Kernfusionskraftwerk, durch Solar- und Photovoltaik Segel und Brennstoffzellen.
Diese verschiedenen Energiequellen waren nötig, da das Schiff nicht immer Sonnenstrahlen empfangen können würde, und möglicherweise Brennstoffe ausgehen würden.
Justin betrat den Kontrollraum.
Hunderte Bildschirme hingen über den Arbeitsplätzen, die alle so angeordnet waren, dass man von jedem aus auf einen riesigen Bildschirm an der Vorderwand blicken konnte, auf dem im Moment Live-Bilder aus der Steuerzentrale der Terra Nova zusehen waren.
Heute war der große Tag, heute fand das größte Ereignis der menschlichen Geschichte statt. Heute würde eine Delegation der Menschheit den Heimatplaneten, das Sonnensystem verlassen und so begann ein neues Zeitalter.
Als im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert die Menschen begonnen hatten, international, interkontinental zu agieren, nannte man das Globalisierung. Nun begann eine Ära, in der die Menschen interplanetar handeln würden, vielleicht entdeckte man sogar eine andere intelligente Zivilisation, und man könnte sogar kooperieren,aber all das stand wortwörtlich in Sternen.
„Hi, Justin," rief Marie Belle, die die medizinische Leitung innehatte. „Nervös?"
Er nickte.
Sie lächelte. „Wird schon gut gehen, du bist die gesamten Leitungen dreiundzwanzig Mal durchgegangen und hast nur beim ersten Mal einen einzigen Fehler gefunden," beruhigte sie ihn.
Justin zuckte mit den Schultern. „Und du? Bist du nicht nervös?"
„Doch, auch," gab sie zu.
Der Chef des Kontrollzentrums trat ein.
Er ging nach ganz vorne und ein Glockenton ertönte. Jetzt sollten alle ruhig sein.
„Meine Damen und Herren," begann Alan McCurtie. „In einer Stunde ist es soweit. Wie sie wissen wird der CEO der Terra Nova Inc. den Startknopf drücken, der draußen auf einer Bühne aufgebaut ist.
Ich werde neben ihm stehen, das heißt, Sie müssen bis ein paar Minuten nach dem Start ohne mich auskommen müssen. Natürlich werde ich über mein Tablet ebenfalls alle Fehlermeldungen mitbekommen und im Notfall sofort da sein.
Aber wir wollen ja nicht hoffen, dass es soweit kommt. Ich wünsche uns also ganz viel Erfolg, bis nachher!"
Die Mitarbeiter applaudierten und McCurtie verließ das Kontrollzentrum direkt wieder.
Während auf der Erde die letzten Vorbereitungen getroffen wurden,hatte auch die Besatzung der Terra Nova viel zu tun.
Die Ingenieure und Techniker an Bord, der Captain und die drei Steuermänner hatten sich in der Steuerzentrale zusammengefunden.
Die Terra Nova bestand aus zwei riesigen Ringen mit je sechzig Modulen, die sich mit sechs Umdrehungen pro Minute um die eigene Achse drehten, um eine Gravitationskraft zu simulieren.
Die Steuerzentrale besaß keine Fenster, da diese wegen den schnellen Umdrehungen sowieso unnütz waren. In anderen Modulen befanden sich schon Fenster, aber da ging es ja auch nicht darum, sich in der Flugrichtung befindlichen Gefahren zu erkennen, sondern darum, das Sternenpanorama zu genießen.
In der Steuerzentrale gab es hingegen ein riesigen Bildschirm, auf dem Daten von vielen Sensoren und Kameras angezeigt wurden.
Momentan wurde über ihn aber eine Videokonferenz mit dem Kontrollzentrum abgehalten.
Der Vizechef und Leiter der Abteilung für Kursplanung und Navigation Pablo Salomi gab dem Captain der Terra Nova gerade letzte Anweisungen durch.
Der Start würde, wenn alles wie geplant verlief, ohne jegliches Hinzutun der Crew geschehen, die ersten paar Tage würde die Terra Nova vom Kontrollzentrum aus gesteuert werden. Erst später würden die Personen an Bord dann die Kontrolle über das riesige Konstrukt übernehmen.
Zwar kommunizierten das Raumschiff und die Erde via Quantencomputer, sodass die Entfernung noch so groß sein konnte, es würde kein Zeitverlust bei der Datenübertragung entstehen, aber es war trotzdem sinnvoller, die Terra Nova dann von Bord aus zu steuern.
Der Moment rückte immer näher und Milliarden Menschen starrten in Fernsehbildschirme und Leinwände, wo das Großereignis live übertragen wurde.
In New York hatte man auf dem Time Square eine riesige Open-Air-Leinwand aufgebaut, in Berlin dasselbe vor dem Brandenburger Tor.
In Dubai war sogar eine schwimmende Insel der Größe dreier Fußballfelder gebaut worden, auf der sich nun zehntausende tummelten und gespannt auf den Start warteten.
Der CEO der Terra Nova Inc. begann seine Rede, dann zählten die Menschen lautstark den Countdown.
Zehn – neun– acht - Die Ventile der Wasserstofftanks wurden geöffnet und der Wasserstoff schoss in die Triebwerke.
Sieben –sechs – fünf – vier – drei – Die Triebwerke zündeten. Zwei – Eins –Ein Ruck ging durch das Raumschiff. Null
Die Terra Nova beschleunigte innerhalb weniger Sekunden auf Schallgeschwindigkeit, wurde immer schneller, bis sie nach ungefähr einer dreiviertel Stunde ihre Geschwindigkeit von fast hundert Kilometern pro Sekunde erreichte.
Die vierfache Erdbeschleunigung hatte während dieser dreiviertel Stunde Sehprobleme und zum Teil auch Bewusstlosigkeit bei den Insassen ausgelöst, aber sie erholten sich nun langsam wieder und jubelten wegen dem gelungenen Start.
Ein neues Zeitalter hatte begonnen, eine neue Ära der Menschheitsgeschichte.
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Terra Nova
Science Fiction2143: Die Terra Nova begibt sich mit tausend Mann Besatzung auf ihre ewige Reise durch den Weltraum. 2413: Phil ist einer von den inzwischenüber zwanzigtausend Menschen, die auf der Terra Nova leben. Seine Familie ist nicht besonders reich, darum ni...