Der Wecker piepte um vier Uhr dreißig.
Ich warf mir eine Vigilax-Tablette ein, damit ich schnell wach war.
Vigilax war auf der Erde entwickelt worden und das chemische Labor der Terra Nova hatte eine Genehmigung zum Nachbau bekommen. Es bekam eigentlich für jedes Medikament eineGenehmigung, da es dem eigentlichen Hersteller ja nicht gefährlich werden konnte, in dem es das Medikament billiger verkaufte. Die Terra Nova und die Erde waren schließlich zwei getrennte Märkte.
Durch Vigilax wurde man innerhalb weniger Sekunden hellwach und konnte auch ohne Probleme gut über vierundzwanzig Stunden aufbleiben, wenn man es am Abend einnahm.
Ich schlüpfte in den Arbeitsanzug, der laut Gary aus einem sehr robusten, aber trotzdem weichen Material bestand, damit es vor Stichen, Schnitten und so weiter schützte und gleichzeitig einigermaßen bequem war.
Zum Glück waren die TN-Bahnen so frühmorgens noch recht leer, sodass ich eine große Auswahl an Sitzplätzen hatte.
Um 5:00 hielt mein Zug im Gallileo-Modul. Ich stieg aus und sah Amalia und Frangolf bereits warten.
„Hi Phil," winkte Amalia.
Ich grüßte mit einem Lächeln.
Es dauerte nicht lange, da erschienen Mortimer und seine zwei Kumpels, deren Namen mir entfallen waren.
Um fünf Uhr dreißig waren tatsächlich alle anwesend und Gary erklärte uns, was wir heute tun würden.
„Wir fangen im Ring fünf an. Dort befinden sich insgesamt dreizehn ausgemusterte Module. Er ist so etwas wie der Schrottplatz für Module, in den anderen Ringen gibt es nicht so viele.
Sieben der dreizehn Module hängen in einer Kette, durch die wir uns durcharbeiten werden.
Heute, morgen und übermorgen werden wir die ersten zwei Module der Kette überprüfen und schauen, welche Geräte wir brauchen werden und in welcher Reihenfolge man die Sachen am besten angeht.
Ich hab uns schon Schlafsäcke und Decken, Wasserkocher und Dosenfutter hinbringen lassen, wir können also dort übernachten, aber wer heute abend heim will, kann auch heim. Morgen abend werden wir allerdings wahrscheinlich länger schuften müssen, wird sich also dann nicht lohnen, nach Hause zu gehen."
Eine Bahn hielt und wir stiegen ein.
Es sah cool aus, wie jeder diesen Overall anhatte und auf jedem Rücken in roten Buschstaben Technische Instandsetzung stand.
Wir fuhren mit der Bahn bis in Ring drei, wo wir dann umstiegen und voll zu unserer ersten Arbeitsstelle transportiert wurden.
Die letzten paar Hundert Meter waren zu Fuß zurückzulegen, aber das kannte ich ja von zu Hause.
Dann standen wir vor einem eisernen Tor, das den Verbindungsflur zum nächsten Modul blockierte.
Darauf wurde der Schriftzug Dieses Modul ist gesperrt. Bitte weichen sie über den Ring 4 aus. projeziert.
Gary nahm sein Handy aus der Tasche.
„Okay, vielleicht üben wir jetzt am Besten gleich mal das Tore-Öffnen," schlug er vor. „Als erstes macht ihr euer Handy an und öffnet die App namens TIH. Dort sollte sich dann automatisch ein Menü öffnen. Jetzt einfach den Zugangsmanager öffnen und dann auf Zugang gewähren tippen. Das Handy weiß, wo ihr euch befindet und öffnet dann das Tor, an dem ihr gerade seid."
Fehler. Mehrere Anfragen nicht möglich stand nun auf dem Tor.
Gary seufzte. "Okay, aber jetzt wisst ihr, wie es geht."
Gary wiederholte den Vorgang nocheinmal, ohne dass wir es auch taten, dann erschien Zugang gewährt für 20 Sekunden und das Tor öffnete sich. Wir drängten uns schnell hindurch und dann schloss es sich wieder.
Wir schauten uns um. Es sah eigentlich gar nicht so verlassen aus, nur dass dicke Staubschichten alles bedeckten. Aber so arg kaputt war nichts.
„War ein Wohnmodul der Mittelklasse," erklärte Gary, als er ein kleines Gerät aus seiner Overalltasche zog.
„Als erstes müssen wir immer den Druck messen," verkündete er. „Hier sind nämlich die meisten Sicherheitssysteme abgeschaltet, sodass ein Leck nicht erkannt werden würde. Und das kann gefährlich sein."
Das Barometer schlug keinen Alarm, also war alles in Ordnung.
Gary teilte uns in drei Gruppen ein.
Shawn und ich bildeten mit Amalia und Frangolf eine Vierer-Gruppe und wurden ins dritte Modul geschickt.
Gary, Mortimer und seine zwei Freunde würden Modul zwei übernehmen und Tom, Mia, Ann und Krystin das erste.
Wir gingen also mit Garys Gruppe durch das gesamte erste Modul hindurch und öffneten dann das zweite Tor, auf dem übrigens nichts von Sperrung oder so stand, da ja hier normalerweise auch niemand unterwegs war.
Mortimer durfte dieses Mal das Tor öffnen und wieder führte Gary direkt eine Luftdruckmessung durch, dann gab er das Gerät an uns weiter.
Wir durchquerten auch das zweite Modul und öffneten dann das Tor zum dritten. Frangolf führte eine Druckmessung durch und auch hier war alles im Lot.
Die Beleuchtung funktionierte noch, wir brauchten also keine Taschenlampen.
Dieses Modul war wohl mal ein Gewerbe-Modul gewesen, denn in der Mitte gab es einen Aufzugschacht und links und rechts waren überall große Fensteröffnungen und Schiebetüren eingelassen. Wahrscheinlich hatte das Modul drei Stöcke und war sozusagen ein gesamtes Gebäude.
Die Fensterscheiben fehlten meist ganz oder hatten große Risse und Löcher.
Auch die früher wohl größtenteils gläsernen Türen existierten nur noch als Wracks.
Hier sah es schon eher nach verlassen aus.
„Wer hat das alles kaputt gemacht?", wunderte sich Frangolf. „Hier kommt doch niemand rein."
„Wahrscheinlich ist es geräumt worden und dann ein paar Tage später erst gesperrt worden, und in den paar Tagen kamen halt ein paar Randalierer," vermutete Amalia.
„Woher weißt du das?", fragte ich beeindruckt. So weit hätte ich nicht gedacht.
„Nur so eine Vermutung," erklärte sie und dann machten wir uns an die Arbeit.
Gary hatte uns während der Bahnfahrt erklärt, auf was wir achten sollten.
„Also, die Scheiben können wir vermutlich nicht wiederverwenden," grinste Shawn.
„Absolut," bestätigte Amalia. „Aber wir können einen Sauger beordern, damit man vor dem Ausbauen die Verletzungsgefahr an den Scherben verringert."
Wir notierten also Sauger.
Viele Rahmen waren aus Kunststoff und schon ziemlich marode, also wohl auch nicht mehr zu gebrauchen.
Es gab aber auch Holzrahmen, und Holz war ein wertvoller Rohstoff. Auch wenn man ihn auf der Terra Nova direkt herstellte, gab es immer mal wieder Holzknappheit.
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Terra Nova
Science Fiction2143: Die Terra Nova begibt sich mit tausend Mann Besatzung auf ihre ewige Reise durch den Weltraum. 2413: Phil ist einer von den inzwischenüber zwanzigtausend Menschen, die auf der Terra Nova leben. Seine Familie ist nicht besonders reich, darum ni...