Kapitel 4

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„Und Meinung geändert?", fragt mich Luca und zieht leicht spöttisch eine Augenbraue hoch. Ich verdrehe die Augen und tippe weiter sinnlos an meinem Laptop rum und gebe vor ihn nicht gehört zu haben. „Miaa! Ich weiß, dass du mich gehört hast!"

„Was soll ich denn sagen?", meine Ich genervt. „Das Lied war nicht schlecht, okay? Aber das ändert doch nichts an seinem Verhalten! Er ist total arrogant und eingebildet! Das ist doch immer so!"

Jetzt ist Luca derjenige, der die Augen verdreht. „Ach nimm das doch nicht so ernst! Vielleicht hatte er einfach einen schlechten Tag!" überlegt Luca. „Oder...", er fängt an zu grinsen. „Oder du bist nur beleidigt, weil er dir nicht sofort zu Füßen liegt; wie die meisten Männer"

Ruckartig reiße ich meinen Kopf hoch und funkle ihn böse an. „Was redest du für einen Scheiß?", frage ich ihn und muss zusehen, wie Luca nun vollkommen anfängt zu lachen. „Ach Mia Süße, du hättest deinen Blick sehen müssen", meint er lachend. „Du weißt genau, dass ich nicht so eine bin!", meine ich immer noch etwas verstimmt. „Klar weiß ich das, ich wollte dich doch nur ein bisschen ärgern", versucht mich mein bester Freund zu besänftigen. Er zieht eine traurige Schnute und schaut mich über unsere Schreibtische hinweg an. „Hast du mich etwa nicht mehr lieb?"

Wiederholt verdrehe ich die Augen, kann aber dem Drang zu lächeln nicht widerstehen. „Du weißt, dass ich dich lieb hab", seufze ich. „Und jetzt hör mit deinem Hundeblick auf". Luca grinst siegessicher und schaut mich triumphierend an. „Männer...", murmle ich leise und wende mich wieder meinem Laptop zu. „Jetzt los, wir haben einiges zu tun!"

Der Rest der Woche verläuft komplett unspektakulär, wie arbeiten erste Ansätze unseres Projektes aus, da das Album aber nicht in den nächsten Monaten erscheint, haben wir noch einiges an Zeit und können uns währen dessen noch auf andere Arbeiten konzentrieren. Max, oder besser gesagt, Herrn Diehl haben wir diese Woche auch nicht mehr getroffen, erst für nächsten Montag steht ein neues Meeting an, an dem die ersten Ideen vertieft werden und dann an die anderen Abteilungen weitergeleitet werden um die Umsetzung zu prüfen.

Pünktlich um 17.00 Uhr an diesem Freitag verlasse ich mit Luca erleichtert unser Gebäude. „Feierabend!", ich strecke meine Arme in die Luft. Die Woche hat irgendwie an meinen Nerven gezerrt, obwohl ja gar nicht so viel passiert ist. „Träum weiter", lacht Luca und legt einen Arm um mich und drückt mich freundschaftlich. „Jetzt kommen zwei Nachtschichten für dich und dann ist ja schon wieder Montag", erinnert er mich an meine Arbeit in einer Bar am Wochenende. „Ach, aber das macht ja Spaß", winke ich ab. „Und außerdem brauche ich das Geld, das weißt du!" Ich weiß, dass Luca nicht so von meinem Nebenjob begeistert ist, die typische „Bruder-Sorge", auch wenn er nicht mein wirklicher Bruder ist. Aber mir macht mein Job wirklich spaß und so stehe ich pünktlich um 9 hinter der Theke. Ich hatte noch mit Luca gegessen, mich dann umgezogen und war die paar Blocks zum 'Last Call', der Bar in der ich arbeite, gelaufen. Ich trage eine löchrige schwarze Hose, mein Jack Daniel's Top und Schwarze High Heels. Sehr klischeehaft, aber mir gefällts!

Als ich gefühlt das nächste Mal auf die Uhr schaue ist es 2 Uhr nachts und das 'Last Call' hat sich immer noch nicht merklich geleert, hätte mich an einem Freitag aber auch gewundert. Hier war immer ziemlich viel los, gerade am Wochenende. Seufzend reibe ich mir über die Stirn, langsam machen sich Kopfschmerzen bemerkbar. Samantha, meine Kollegin bemerkt meinen Blick. „Los, geh kurz an die frische Luft, das pack ich schon!", ruft sie mir zu. Dankbar lächle ich sie an und verschwinde durch die Küche nach draußen.

10 Minuten gönne ich mir an der angenehmen kühlen Luft, dann mach ich mich wieder auf den Weg hinter die Bar. Sam scheint ziemlich erleichtert zu sein, dass ich wieder da bin, alle Tische sind noch belegt und an der Theke sind auch einige Plätze belegt. Tobi und Dennis, zwei unserer Kellner haben auch alle Hände voll zu tun, Bestellungen aufzunehmen und zu bedienen.

„Hi Süße", reißt mich eine Stimme aus meiner Abgelektheit. Ein Mann, ich schätze ihn auf Mitte 30 hat sich neu an die Theke gesetzt. „Schieb mir mal ein Bier rüber", er zwinkert mir zu. Ich verdrehe die Augen. Solche Sprüche sind hier an der Tagesordnung. Männer, aber auch Frauen, die sich für was ganz Tolles halten. Ich weiß, ignorieren hilft da am besten, aber manchmal nervt es mich einfach nur. Ich öffne die Bierflasche und stelle sie vor meinen neunen Kunden hin. Er zwinkert mir noch einmal zu und dreht sich dann mit dem Rücken zu mir und schaut in den Raum hinein.

„Sicher, dass das hier der angemessene Ort für jemanden wie Sie ist?", schreckt mich plötzlich eine Stimme auf. Erschrocken drehe ich mich zu der Stimme um, die mir irgendwie so bekannt vorkommt und mir einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Bei den unzählig vielen Bars, die es in Berlin hat, musste es ihn ausgerechnet hierher verschlagen? Warum nur? Mir gegenüber, auf der anderen Seite der Holztheke, sitz niemand geringeres als mein neuer Auftragsgeber, Maximilian Diehn, aka „Das Raubtier"!

Seine Augen lassen nicht von mir los und ich bemerke nur nebenbei wie unverschämt gut er in diesem schwarzen T-Shirt aussieht, zwar nicht ganz so gut wie in seinem weißen Hemd, aber so kann ich die Tattoos bestaunen, die seine kompletten Arme bedecken. Sein spöttisches Grinsen reißt mich aus meiner Starrerei, ich werde ihm keinen Grund geben noch eingebildeter zu werden.

„Warum soll das kein Job für mich sein?", frage ich ihn leicht gereizt und richte mich willkürlich etwas auf. „Naja..", fängt er an. Obwohl er leise spricht, vibriert seine Stimme von Dominanz und ich spüre eine leichte Gänsehaut auf meinen Armen. „Jung, klug... Ich hätte nicht gedacht, dich hier zu treffen".

Ich weiß nicht, was ich sagen soll und überlege krampfhaft nach einer Antwort.

„Seit wann duzen wir uns?", ist alles was ich endlich herausbekomme. „Tun wir nicht", tut er meinen Einwand kurzerhand ab. „Okay..!?", erwidere ich immer noch komplett verwirrt über die Situation. Ich schüttle kurz meinen Kopf um wieder zu Verstand zu kommen. „Kann ich Ihnen etwas bringen?", erinnere ich mich schließlich wieder um meinen Job. Max nickt langsam. „Ich hätte gerne einen Jacky Cola", grinst er und ich bemerke seinen Blick auf mein Top.

Na das kann ja noch heiter werden heute, seufze ich in meinem Kopf.

Fels in der Brandung (Kontra K)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt