Kapitel 7

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Am Abend stehe ich wieder neben Sam hinter der Theke. Das 'Last Call' ist mal wieder brechend voll, aber irgendwie läuft heute trotzdem alles glatt und perfekt. Fast keine nervigen Gäste, keine Prügelei oder ähnliches. Solche Abende liebe ich. Viele empfinden so eine Arbeit als anstrengend und nervig, kein Zweifel, das ist Sie auch oft, aber an solchen Abenden könnte ich mir nichts Besseres vorstellen.

Und tatsächlich passiert den ganzen Abend nichts besonderes, als der Heiratsantrag, den Sam von einem betrunkenen Fremden erhält. Kopfschüttelnd denke ich an diesen Moment, während ich nach Schichtende anfange die Tische abzuputzen. Er sah gar nicht so schlecht aus ihr Verehrer, aber halt nicht mehr wirklich zurechnungsfähig. Aber Sam hatte es trotzdem gefallen, Sie hatte ihm sogar Ihre Nummer gegeben. Diese Frau macht mich Irre. Ich lache kurz auf und konzentriere mich dann wieder schnell fertig zu werden, ich hörte schon mein Bett lautstark nach mir rufen.

Ich warte noch mit Sam und Tobi draußen während die zwei ihre Feierabendzigarette rauchen und unterhalte mich währenddessen mit Sam über Ihren bevorstehenden Geburtstag. Tobi wirft nur ab und zu ein Wort dazwischen und ist ansonsten mit seinem Handy beschäftigt. Plötzlich fixiert er etwas hinter mir an und wendet sich dann mir zu. „Wie ich sehe ist dein Wegbegleiter wieder da", meint er nicht gerade begeistert und ich runzle die Stirn. „Wie meinst du das?", frage ich verwundert zurück und werfe einen Blick hinter mich. Mitten in der Bewegung stoppe ich, unfähig mich weiter zu bewegen, geschweige denn etwas zu sagen. Max bewegte sich langsam und leise auf mich zu. Sein Blick auf mich fixiert. Als er bei uns angekommen ist wendet er seine Augen kurz zu meinen zwei Kollegen, nickt halb und schaut dann wieder zu mir. „Guten Abend", sagt er leise und seine Stimme vibriert förmlich. Panisch suche ich meine Stimme, die sich irgendwo tief in mir versteckt haben muss. Ich schaue schnell zu Tobi, der Max nicht gerade freundlich anschaut, und zu Sam, die im Gegensatz zu Tobi am Rande des Sabberns stand. Immer noch wortlos drehe ich mich wieder zu Max, der ganz lässig neben mir steht, als ob es das normalste auf der Welt wäre. „Was machst du hier?"-Super Mia, die ersten Worte, die du findest sind mal wieder super freundlich. Und das ausgerechnet an deinen Kunden.

Max scheint sich an meiner schroffen Art nicht zu stören. „Ich bringe dich nach Hause", meint er nur. Ich bin zu müde, um irgendwas zu erwidern und ich möchte auch vor Sam und Tobi keinen Aufstand machen. Resigniert zucke ich mit den Schultern und wende mich meinen zwei Kollegen zu, die noch nicht viel an Ihrer Haltung geändert haben. „Ich packs, meine ich nur und umarme beide kurz Tobi sieht kurz so aus, als ob er noch was sagen möchte, entscheidet sich aber dagegen. „Machs gut Kleine", ist alles was er noch zu mir sagt, Max bekommt ein kurzes Nicken von Ihm.

Schweigend mache ich mich neben Max auf den Weg nach Hause. Sobald wir außer Hörweite sind kann ich mich nicht mehr zurückhalten. „Was soll das denn?", fahre ich ihn von der Seite an. „Was meinst du?", erwidert das Raubtier neben mir unbeeindruckt. „Warum tauchst du einfach so Nachts auf und denkst mich heimbringen zu müssen?", gebe ich eine Erklärung ab, wohl wissend, dass er genau weiß was mich stört. „Ich brauche keine Beschützer, ich kann auf mich selbst aufpassen", schiebe ich noch hinterher. Entrüstet bleibe ich stehen und schaue ihn an. Ich bin wirklich wütend, taucht der auf und denkt ich bin so wehrlos und muss beschützt werden. Ich werde noch wütender, als ich merke das mein Gegenüber von meinem Ausbruch gänzlich unbeeindruckt ist. „Ich hatte doch gesagt, ich möchte eine junge Frau nicht allein durch die Stadt laufen lassen", antwortet er ruhig und schaut mich durchdringend an. Ja super der kann sich auch nur wiederholen, denke ich genervt und schnaube auf. „Und du denkst sonst läuft gerade keine andere Frau durch die Stadt? Allein?", schnaube ich und laufe wieder los, in der Hoffnung, dass er einfach stehenbleibt. Tut er natürlich nicht. Fast lautlos läuft er neben mir her und so hören sich meine hohen Absätze auf dem Pflasterboden noch lauter an. Ich weiß das ich mich zickig verhalte, aber das ist mir in dem Moment egal. Irgendwie nervt mich die ganze Situation. Ich bin müde, ich verstehe Max nicht und meine Füße tun weh. „Und ich habe Hunger!" Zu spät merke ich, dass ich das letzte laut gesagt habe. „Hunger?", fragt Max und bleibt stehen. „Das war nicht an dich", sage ich schnell und merke im selben Moment wie dämlich sich das anhört. „Dann holen wir dir was zu essen", ignoriert Max meinen Einwand und ich schüttle schnell den Kopf. „Ach was ich brauch nichts. Ich esse daheim was, dann kannst du auch schlafen gehen." Max lacht laut auf. „Die halbe Stunde ist mir egal, ich würde eh noch nicht schlafen", sagt er und dirigiert mich in eine Seitenstraße. Wortlos trotte ich ihm hinterher. Ich habe keine Lust mehr zu diskutieren.

Ein paar Minuten später sitzen wir in einem verdreckten Dönerladen und ich beiße glücklich in meinen Döner. Genüsslich schließe ich die Augen, als ich den ersten Bissen schmecke. Ich hatte echt totalen Hunger gehabt. Max sitzt mir gegenüber und schaut mich amüsiert an, bevor er es mir gleichtut und in seinen Döner hineinbeißt. Die ersten Bissen essen wir schweigend und jeder hängt seinen eigenen Gedanken nach. Das Licht über uns flackert unangenehm und mein Gedankengang ist gerade bei einer möglichen Patenschaft für ein Panda angekommen, als Max die Stille durchbricht. „Und was machst du sonst so außer Arbeiten und arbeiten?", fragt er mich und wischt sich nebenbei die Hände an einer Serviette ab. Sein Teller ist leer. Ich schaue geschockt auf meinen Döner, von dem noch mehr als die Hälfte übrig ist und bringe nur ein leeres „Was?" heraus. „Was du so in deiner Freizeit machst", wiederholt er seine Worte und lächelt halb. „Hm... ähm eigentlich nichts Besonderes", meine ich und überlege. „Ich mach viel Sport und am Wochenende arbeite ich ja abends meistens", schiebe ich hinterher. „Was machst du für Sport?", er klingt ehrlich interessiert. „Meistens gehe ich einfach nur ins Fitnessstudio", antworte ich. „Oder ich geh joggen. Früher bin ich öfter mal Parcours gegangen", ich breche ab. „Aber das ist schon eine Weile her", sage ich schnell und nehme einen großen Bissen von meinem Essen. Ich möchte nicht daran denken, nicht jetzt. Max scheint zum Glück nicht zu merken, dass mir beim letzten Thema unwohl war. „Klingt gut, meint er nur und scheint über etwas nach zu denken. Ich esse die Reste meines Döners auf und unterdrücke ein Gähnen. Für Max scheint das das Startzeichen zu sein, aufzustehen und seine Jacke anzuziehen. „Los ab nach Hause meint er", und ehe ich mich versehe hat er unsere beiden Essen gezahlt. „Hey", beschwere ich mich. „Ich kann selbst zahlen!" Wieder ignoriert er mich einfach und geht nach draußen. Sofort kocht wieder die Wut nach oben, dass er warum auch immer einfach über mich bestimmt. Wenn es etwas gibt, was ich gar nicht leiden kann, dann bevormundet zu werden. Ich nicke dem Besitzer zu und verlasse ebenfalls den Laden. Die kühle Nachtluft schlägt mir entgegen, aber ich bin so genervt, dass mir gar nicht auffällt, wie kalt es schon ist. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen laufe ich an dem arroganten Deppen vorbei und mache mich auf den Weg nach Hause. Schweigend läuft er neben mir her und aus dem Augenwinkel sehe ich, dass er grinst. Ich schnaube auf und vergrößere meine Schritte. Bringt natürlich nichts, er hält ohne den Hauch einer Anstrengung Schritt. Den restlichen Weg ignoriere ich ihn komplett, zum Glück ist es nicht mehr so weit. Vor meinem Haus angekommen mache ich keinen Halt, sondern gehe direkt auf die Haustüre zu und krame meinen Schlüssel hervor. „Gerne geschehen", tönt es hinter mir. Jetzt reichts mir. Ich drehe mich auf dem Absatz um und zische ihn an. „Was denkst du eigentlich wer du bist? Nur weil dich ein paar Leute kennen, denkst du, du kannst herumlaufen und Leute bevormunden und nerven?" Max hebt eine Augenbraue, mehr Reaktion kommt nicht von ihm. Ich weiß, dass ich wahrscheinlich überreagiere, aber das ist mir so egal in dem Moment. Ich werfe Max noch einen bösen Blick zu, dann drehe ich mich wieder zur Haustüre, schließe die Tür auf und knall Sie hinter mir zu.

Meine Nachbarn werden mich hassen.



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Meine lieben Freunde, nach über einem Jahr schreibe ich hier wieder.

Es tut mir wirklich leid, für alle die diese Geschichte angefangen haben, aber über mein Studium und diverser anderer Sachen habe ich einfach nie den richtigen Zeitpunkt gefunden um weiter zu schreiben. Ich hoffe es gefällt euch trotzdem!

Fels in der Brandung (Kontra K)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt