Don't let them watch you

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Eine halbe Stunde später hörte Solanum die Eingangstür erneut zuschlagen.
Seufzend stand sie auf, da sie vermutete, Sluggie wäre gekommen.
Als sie den unteren Salon erreichte, stellte sich heraus, dass sie recht hatte. Schade eigentlich.
Auf einem - wer hätte es geahnt - grünen Sofa saß Draco mit einem kalten Gesichtsausdruck, seine Augen blickten auf etwas im Sessel vor ihm.
Solanum stand in einem Winkel, in dem sie nicht sehen konnte,  wer oder was in dem Sessel saß, doch da Draco mit einem Blick auf denjenigen im Sessel sah, den er sonst nur Hauselfen schenkte, wusste Solanum, dass es Sluggie sein musste.

Als sie eintrat drehte Draco seinen Kopf leicht in ihre Richtung und obwohl seine Miene sich nicht veränderte, glaubte sie, dass er erleichtert war, sie zu sehen.
Der Sessel vor ihm drehte sich nun auch und Solanum blickte in das eingefallende Gesicht von Sluggie. Das Alter hatte deutliche Spuren in selbigem hinterlassen.
Als er sie schüchtern anlächelte, sah Solanum selbst aus den wenigen Metern Entfernung schon die Falten um Augen und Mund des ehemaligen Autors.
Solanum hatte Bilder vom seinem jüngeren Ich gesehen, auf denen er - verglichen mit der jetzigen Realität - nicht mehr wiederzuerkennen war.

Sie lächelte zurück, doch als sie aus dem Augenwinkel Draco leicht den Kopf schütteln sah, setzte sie wie ihr Urgroßcousin einen anteilnahmlosen Gesichtsausdruck auf (zumindest hoffte sie, dass er anteilnahmslos aussah) und setzte sich zu selbigem Cousin auf das weiche Sofa.
Sie versank ein wenig im elastischen Polster und versuchte, nicht zu erröten, da es ihr peinlich war, niedriger zu sitzen, als die anderen beiden.

Eine unangenehme Stille lag in den nächsten Momenten über der Szenerie, bis Sluggie sich räusperte und fragte: "Und... was habt ihr bisher so gemacht? Also, in den Ferien...ähm...zusammen..." Er rutschte auf dem Sessel hin und her und fühlte sich anscheinend sehr unwohl.
Plötzlich tat er Solanum leid. Vermutlich hatten Dracos Eltern ihn dazu "überredet", ins Herrenhaus zu kommen, genau, wie sie Solanum "hergebeten" hatten.

Es war vermutlich nicht einfach, als altersschwacher Mann auf zwei Teenager aufzupassen und den Eltern des einen der beiden dann Bericht zu erstatten, ob sich die eben benannten  Fünfzehnjährigen nahe standen.
Und obwohl sie Mitleid für ihn empfand, runzelte sie ein wenig die Stirn, da er ziemlich unverblümt danach fragte, wie es um ihre - sogenannte - Beziehung stand. Und schließlich war rein theoretisch nicht auszuschließen, dass man darauf auch mit Dingen antworten hätte können, die definitiv nicht jugendfrei waren.

Da Draco aber nicht auf die Frage antwortete und dies augenscheinlich auch nicht vor hatte, seufzte Solanum nur innerlich und antwortete: "Also, wir haben uns ein wenig... unterhalten und was für... die Schule gemacht und so!" Damit das ganze nicht zu gespielt rüberkam, kicherte sie nach beenden ihres Satzes noch leise.
Sie verspürte den Drang, sich selbst zu ohrfeigen; ihr war klar, dass, wenn sie ein überzeugendes Paar abgeben sollten, sie etwas mehr Zuneigung zeigen mussten, doch trotzdem fiel es ihr schwer, zweideutige Pausen zu lassen und in einem geheimnisvoll-glücklichem Tonfall über Draco und sich zu sprechen.

Solanum spürte, wie Draco sich neben ihr anspannte und schluckte. Sie hoffte, nicht zu dick aufgetragen zu haben. Vielleicht hätte sie doch nicht kichern sollen.

"Ah, wie schön", meinte Sluggie sichtlich erleichtert, dass er nun etwas hatte, das er den Malfoys vorsetzen konnte, "Na, ich lasse euch dann mal allein."

Damit stand er auf und ging aus dem Raum. Perplex sah Solanum ihm hinterher.
Sie wollte schon lächeln und ebenfalls aufstehen, erleichtert und gleichzeitig noch verwirrt, wie schnell Sluggie sich zufrieden gegeben hatte, als Draco leise zischte und sie ihn überrascht ansah.
Ohne die Lippen zu bewegen flüstere Draco: "Das Portrait von dem Mann mit dem langen Bart. Es hat am Bildrand Löcher, durch die man beobachten kann, was im Raum passiert."
Überrascht sah Solanum zum besagtem Bild. Sie sah zwar keine Löcher, aber wenn Draco das sagte, würde es schon stimmen.

Sie hörte ihren Cousin leise neben sich seufzen. "Was ist?" "Dreh dich demnächst Bitte nicht so auffällig um!", flüsterte er.
Solanum spürte, wie sie rot anlief und nickte kurz, bevor sie verlegen den Blick abwandte.

"Und jetzt?", fragte sie nach einer kurzen Pause, in der sie beide schwiegen. "Na ja...", antwortete Draco zögernd, doch dann huschte ein trauriges Lächeln über sein Gesicht, "ich würde sagen, die Show beginnt!"

Damit rutschte er näher zu ihr und legte seinen Arm hinter sie auf die Sofalehne. Aus einem Impuls heraus wollte sie ihn wegdrücken, doch sie sah etwas entschuldigendes in seinen Augen und spürte seine Nervosität, die auch ihre eigene hätte sein können, deswegen blieb sie etwas verkrampft sitzen.

Dracos jetzige, schauspielerische Art erinnerte Solanum an seine schleimerische, überhebliche Art in der Schule.
Sie hatte zwar schon vor langem festgestellt, dass dies seine Art war, sich zu schützen, ohne schwach auszusehen; aber gefallen tat ihr dieses unpersönliche Auftreten ganz und gar nicht.
Aus diesem Grund fiel es ihr in diesem Moment auch schwer, wieder ihre schauspielerische Leichtigkeit und unechte Freude hervor zubringen. Sie versuchte zu lächeln und wusste selbst, wie verkrampft sie dabei aussehen musste.
Solanum warf einen kurzen Blick zum Bild des alten Mannes und hoffte, ihre Beklommenheit würde aus der Ferne wie unterdrückte Freude aussehen.

Plötzlich spürte sie etwas an ihrem Ohr und zuckte zusammen.
"Ssschhhh! Einfach nur lächeln!", wisperte Draco beruhigend und tatsächlich entspannte sich Solanum ein wenig und setzte ein etwas ungezwungenderes Lächeln auf, "Wo sind denn deine schauspielerischen Meisterleistungen?" Sie war sich nicht sicher, welchen Unterton seine Stimme hatte. Es klang neckend und doch bildete Solanum sich eine leichte bittere Note ein.

"Ganz ruhig!" Draco sprach wieder und wie vorhin mit gedämpfter Stimme, so dass sie Mühe hatte, ihn zu verstehen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, in welcher Position die beiden inzwischen saßen.
Während Draco breitbeinig und wirklich sehr viel Platz einnehmend beinahe auf dem Sofa lag, saß Solanum fast zusammen gekauert neben ihm und überrascht stellte sie fest, dass sie sich einem Reflex folgend zu ihm lehnte.

Abrupt setzte sie sich gerade hin.
Sie spürte einen leichten Schmerz an der Kopfhaut und wandte den Kopf, um gerade noch zu sehen, wie Draco eine ihrer Haarsträhnen losließ, die er augenscheinlich bis eben in der Hand gehalten hatte.
Als sie noch etwas mehr Abstand zwischen sich und ihren Cousin brachte, meinte sie in Dracos Blick Niedergeschlagenheit aufblitzen zu sehen. 
Er beugte sich zu ihr und Solanum kostete es einige Anstrengung, sich nicht automatisch wegzulehnen.
Körperliche Nähe fand sie schon immer unangenehm.
"Tut mir Leid!", hauchte Draco ihr ins Ohr, stand auf und verließ den Raum.

Solanum blieb noch kurz sitzen, bevor sie ebenfalls aufstand und ging.
Den ganzen restlichen Tag über verhielt sich Draco ihr gegenüber sehr distanziert und sie war mehr als dankbar dafür.

Don't let them... (HP~FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt