Merry Christmas

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Gespannt griff James in den Kelch mit allen Namen der Schüler seines Jahrs, um die Person zu ermitteln, der er etwas zu Weihnachten schenken durfte oder auch musste. Seine Finger schlossen sich um einen Zettel. Er zog die Hand aus dem Kelch und entfaltete das Stück Papier.
Lily Evans stand in schöner, gleichmäßig geschwungener Schrift darauf. Er sollte Lily Evans etwas schenken. Dem Mädchen, welches er seit 5 Jahren vergeblich um ein Date bat. Der Schülerin, die die besten Noten im gesamten Jahr erzielte. Lily, die für James die schönste Frau auf der ganzen Welt war. Lily, mit ihrem feurigen, rotem Haar, auf das er in ebendiesem Moment einen Blick erhaschte, während sie die große Halle verließ.

Unkonzentriert saß James auf einem Sessel im Gemeinschaftsraum und versuchte sich an seiner Verwandlungshausaufgabe, die Professor McGonagall den armen Schülern so kurz vor Weihnachten noch aufgedrückt hatte. Unkonzentriert war er deshalb, weil er seit einer Woche fieberhaft überlegte, was er Lily denn nun schenken sollte, um ihr Herz zu erobern. Oder um ihr wenigstens ein Lächeln, das James galt, zu entlocken.
Sirius war in dieser Angelegenheit nicht sehr hilfreich gewesen, er hatte vorgeschlagen, Lily sprechende Luftballons zu schenken, die nur vor sich hin schimpften. Aber über so etwas würde sich nur jemand wie Lucy, Sirius' neue Flamme, die für jeden noch so albernen Spaß zu haben war, freuen. Vielleicht harmonierten die beiden deswegen so gut und waren schon seit mehreren Monaten zusammen.

Remus hatte schon einen sinnvolleren Vorschlag gemacht, er hatte ihm empfohlen, Lily ein Buch zu kaufen, aber das war James eigentlich zu unkreativ und langweilig.
Und Peter hatte von einem Liebesbrief gefaselt, den er Lily schreiben sollte und dazu Pralinen in Herzform. Peter hatte noch davon geredet, Liebestrank in die Pralinen zu füllen, aber das wollte James nicht. Er wollte echte Anerkennung und ein echtes Lächeln von Lily, keine Knutschereien, die nicht von ihr ausgingen. Er brauchte das perfekte Geschenk.
Entschlossen zu handeln, packte er seine nicht gemachte Verwandlungsaufgabe weg und machte sich auf die Suche nach Lucy. Ein paar Worte weiblicher Einsicht könnten ihm eventuell helfen. Mit der Karte des Rumtreibers bewaffnet, fand James Lucy in einem Geheimgang, mit Sirius. Beim Knutschen. Schon als er durch das Porträtloch gestiegen war, das den Eingang zum Geheimweg bildete, hatte er auf der Stelle wieder umdrehen und sich übergeben wollen. Lucy und Sirius fuhren auseinander als sie James bemerkten. Leicht genervt stellte Sirius klar: "Krone, du störst. Also, was willst du?" "Eigentlich habe ich Lucy gesucht wegen des Geschenks für Lily", erwiderte James, "Ich brauche weibliche Hilfe, weil du nicht sonderlich konstruktiv warst".

Mehr oder weniger bereitwillig folgte Lucy James in Richtung Bibliothek, wo sie Ideen sammeln wollten. "Remus hat bestimmt schon vorgeschlagen, dass du ihr ein Buch schenken könntest, darüber würde sie sich in jedem Fall freuen".
"Oder einen Besen. Das ist die Idee, ich schenke ihr einen Besen! ", rief James außer sich vor Begeisterung.  "Oh nein, auf gar keinen Fall", stöhnte Lucy, "Sie würde dich umbringen, Lily hasst fliegen und putzen mag sie auch nicht, das könnte man mit einem Besen natürlich auch noch machen". James empörte sich: "Aber...aber wie kann man fliegen hassen?"
"Willst du jetzt ernsthaft darüber diskutieren oder können wir weiter Ideen sammeln?", erkundigte sich Lucy leicht genervt, "Ich würde ja etwas witziges vorschlagen, aber darauf steht Lily nicht so. Sie liebt Schokolade und Musik".
"Welche Art von Musik? Hat sie eine Lieblingsband?", fragte James begeistert.
"Ja, absolut, sie vergöttert die Beatles, das ist eine Muggelband..."
"Natürlich weiß ich, wer die Beatles sind, die sind der Hammer! Lily hat einen wunderbaren Musikgeschmack, ich hatte ja keine Ahnung!", freute sich James und fuhr sich währenddessen vor Begeisterung durch die Haare.
"Das ist die Lösung, ich schenk ihr eine CD und vielleicht, wenn ich Glück habe, ergattere ich sogar noch Karten für das Konzert in London, das im August stattfindet".
James freute sich riesig, er hatte eine Gemeinsamkeit mit Lily. Mit seiner Traumfrau. Und er konnte ihr eine Freude bereiten mit einem Geschenk, das ihm gefiel.

Zwei Wochen später hielt er die CD und Konzertkarten in Händen, wickelte beides, zusammen mit Schokolade aus dem Honigtopf in Geschenkpapier, während er "Eight days a week" vor sich hin summte. Am nächsten Tag war der Weihnachtsmorgen, heute Nacht würde James sich hinausschleichen und Lilys Geschenk unter den riesigen Christbaum in der großen Halle legen, wo morgen in der Früh alle Schüler ihr Wichtelgeschenk vorfinden würden.

James war schon gespannt auf Lilys Reaktion. Spontan entschied er sich, noch eine kleine Weihnachtskarte beizulegen, in der er sich zu erkennen gab und er Lily sehr viel Spaß auf dem Konzert wünschte. Er hatte ihr zwei Karten gekauft, zwar in der Hoffnung, dass sie ihn dazu einladen würde, er vermutete aber eher, dass sie Marlene, ihre beste Freundin, fragen würde, sie zu begleiten.

Am nächsten Morgen war James einer der ersten in der großen Halle, er wollte auf gar keinen Fall verpassen, wenn Lily ihr Geschenk öffnete. James hatte ein wenig Angst. Das war seine letzte Chance, wenn das Geschenk Lily nicht gefiel, würde sie sich nie in ihn verlieben, ja sie würde sich nicht mal für ihn interessieren, sondern ihn einfach nur mit einem verächtlichen Blick bedenken, wann immer er sie nach einem Date fragte. In der großen Halle war die Stimmung zauberhaft. Große Schneeflocken fielen von der Decke, erreichten aber den Boden nicht, sondern lösten sich schon davor in Luft auf. Der große Christbaum stand rechts neben dem Lehrertisch, darunter lag eine Vielzahl von Geschenken unterschiedlicher Größe und Dumbledore hatte sich zur Belustigung aller als Weihnachtsmann verkleidet. Er hatte ohnehin schon einen langen Bart, den musste er gar nicht ankleben.

Während James seine Umgebung betrachtete und dem Gelächter seiner Mitschüler zuhörte, sah er aus dem Augenwinkel, wie Lily sich dem Weihnachtsbaum näherte und ihr Geschenk suchte. Als sie es schließlich gefunden hatte, zog sie es hervor und setzte sich an ein Ende des Gryffindor Haustisches, um es auszupacken.

James beobachtete sie genau, jede Regung ihres Gesichtes, jede Bewegung ihrer Hände, wie sie mit den Füßen scharrte und schließlich das Geschenkpapier unelegant aufriss, um endlich ihr Geschenk zu betrachten. Das Erstaunen stand ihr ins Gesicht geschrieben. Schließlich verzogen sich ihre Lippen in ein echtes, strahlendes Lächeln. Immer noch lächelnd öffnete sie die dazugehörige Karte und las diese.

Sie zeigte ihr Entsetzen zunächst sehr deutlich darüber, dass ausgerechnet James Potter ihr ein so wunderbares Geschenk gemacht hatte. Schlussendlich ging ihr Entsetzen in Erstaunen und Freude über und ihre Augen trafen auf seine. Grün traf auf braun. James konnte das Glitzern in ihren Augen erkennen und er lächelte sie ermutigt an. Zu seiner Überraschung stand sie auf, ging auf ihn zu und setzte sich sogar neben ihn. Das Lächeln immer noch im Gesicht, sagte sie einfach: "Danke!" Für James bedeutete es so viel. Sie hatte sich wirklich über sein Geschenk gefreut und sich sogar bei ihm persönlich bedankt. Er antwortete: "Gern geschehen. Ich wünsche dir viel Spaß auf dem Konzert mit Marlene!"
Verwirrt fragte sie: "Marlene? Die würden keine zehn Hippogreife auf ein Konzert der Beatles ziehen. Sie kann diese Musik nicht ausstehen".
"Und mit wem gehst du dann hin?", erkundigte sich James.

Mit einem schüchternen, leicht verlegenem Lächeln fragte Lily dann: "Würdest du mich begleiten? "
"Es wäre mir eine Ehre, Mylady!", witzelte James.

Und, hat eine gewisse Person die Anspielung bemerkt?
Ich wünsche euch allen frohe Weihnachten mit vielen Plätzchen, Geschenken, einer tollen Familie, guten Freunden und natürlich viel Spaß und Unterhaltung!
Und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2017, überlegt euch schon mal gute Vorsätze, die ihr bereits in der ersten Januarwoche über den Haufen werfen könnt...oder vielleicht auch nicht, kommt drauf an, wie viel Durchhaltevermögen ihr habt. In diesem Sinne, schöne Feiertage und gute Erholung!
LG, eure Aubergine

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