(Niemandes Sichtweise)
Nach ihrem Erfolg besuchte Tauriel als erstes eine gelehrte Heilerin, welche alle entstandenen Wunden, bis auf den tiefen Schnitt in ihrer Schulter problemlos versorgen konnte. "Du wirst diese Wunde nicht lange auf der Haut tragen, doch im Moment kann ich nichts weiter tun, als sie zu verbinden. Es ist schon eine ordentliche Fleischwunde, meine liebe Tauriel.",sagte sie und musste lachen:"Doch ich erinnere mich, dass du nach so manchem Ausflug mit viel schlimmeren Verletzungen zu mir gekommen bist." Auch Tauriel musste lachen. Die Heilerin hatte Recht: im Vergleich zu anderen Wunden, welche sie schon erlitten hatte, war ein solcher Schnitt Garnichts. Berührte man jedoch ihre Schulter, durchfuhr diese ein heftiger Schmerz, der ihr den Atem nahm.
Wieder lachte die weise Heilerin, doch dann wandelte sich ihre Freude in eine Art... Bewunderung. "Liebste Tauriel, ich muss gestehen, auch ich war Zuschauer bei deinem kleinen Auftritt und ich muss sagen, ich bewundere deine Kampfkünste sehr. Bis jetzt habe ich immer nur die dadurch entstehenden Wunden gesehen, doch der Kampf an sich ist wesentlich beeindruckender." Tauriel lächelte sie dankbar an und brachte zum Ausdruck, dass sie sich sehr geehrt fühlte. Die Heilerin strich sich durch ihr gelocktes, helles Haar, während sie fragte: "Ich habe nach deiner meisterhaften Darbietung den Herrn Thranduil sagen hören, du sollst ihn nach der Versorgung deiner Wunden besuchen?" Tauriels Augen weiteten sich, das hatte sie vollkommen vergessen. Sie musste sich beeilen, wenn sie den Unmut des Königs nicht noch mehr erregen wollte! Sie erhob sich und fragte vor dem Gehen zögernd: "Sag mal, hast du eine Ahnung, weshalb mich Eure Majestät persönlich sprechen will? Ich meine, er hätte mir ja alles vor den Zuschauern mitteilen können..." Die Heilerin blickte sie ratlos an "Nun, vielleicht überreicht dir unser König eine Art Trophäe für deine Mühen." Tauriel nickte, ja, das sollte der Grund sein. Mit einer letzten Bedankung verließ sie schließlich das Versorgungszimmer und begab sich in Richtung Thronsaal.
Thranduil wartete schon lange und er hasste es zu warten. Mit der Zeit fragte er sich ernsthaft, ob es klug gewesen war, die Elbin herzubitten. Irgendetwas hatte ihn dazu verleitet und er musste herausfinden, was es war. Da hörte er plötzlich Schritte. Tauriel betrat den großen Thronsaal und verbeugte sich, was nach dem Kampf ziemlich schmerzhaft aussah und es bestimmt auch war. "Du kannst dich erheben.", sagte Thranduil gebieterisch und sie kam seinem Befehl nach. "Sicherlich fragst du dich nach dem Sinn des heutigen Wettkampfes." Sie blickte ihn selbstbewusst an und nickte. Und da war wieder das eigenartige Gefühl in seiner Brust. Alle anderen Elbinnen und Elben die er hier empfing waren schüchtern, zurückhaltend und ängstlich - Keine dieser Eigenschaften ließ sich auf Tauriels Gesicht wiederfinden. Und auch das schätzte er sehr... Bei anderen Leuten- Sie war nichts Besonderes, sondern lediglich eine einfach Elbin mit etwas Glück.
"Nun...", fasste er sich wieder, "In Kürze steht ein äußerst wichtiges Treffen mit ein paar Orks an und ich habe leichtsinniger Weise zugesagt. Ich bin mir sicher das sie mich bei dem Treffen einen Angriff auf mich starten werden und wie du siehst..." Er erhob seinen gebrochenen Arm, "Kann ich mich nicht ausreichend verteidigen."
Er sah sie an, doch sie schien noch immer nicht zu verstehen, was sie damit zu tun hatte. Also fuhr er mit seinen Erläuterungen fort. "Auf der Suche nach einem geeigneten Beschützer beschloss ich, einen Wettbewerb zu veranstalten, der mir diesen offenbaren würde." Jetzt schien sie zu verstehen und für einen Moment stand sie so ratlos und erschrocken da, dass Thranduil schon Zweifel daran hatte, die Richtige gefunden zu haben. Mit einer viel zu hohen und lauten Stimme rief sie: "Das heißt, ich bin ab jetzt Eure Leibwächterin ?!" Es klang fassungslos, wollte sie doch eigentlich nur seinen Respekt und ein von ihm ungestörtes Leben führen, jetzt sollte sie auch noch das seine beschützen !
Für einen Moment standen sie beide da, ohne ein Wort zu wechseln und beide schienen mit dieser Wendug des Schicksals nicht sonderlich zufrieden zu sein. Thranduil hatte Übung darin, sich zu beherrschen und war der erste der wieder das Wort ergriff. "Natürlich musst du auch trainieren, ich werde gewiss nicht mein Leben in die Hände einer völlig Fremden legen." Auch Tauriel schien sich jetzt ein wenig beruhigt zu haben, denn sie antwortete: "Das kann ich natürlich nachvollziehen und ich werde mir Mühe geben Euch zu beschützen..." Sie zögerte "...Eure Majestät." Thranduil musste tatsächlich kurz lächeln, aber wie gesagt: nur kurz.
"Ich fasse zusammen:", sagte Tauriel, "Ich muss, wenn ich Eure Leibwächterin werden soll, all Eure Vorlieben und Abneigungen kennen und meine Kampfkünste zusätzlich verbessern?" Er nickte kühl, doch seltsamer Weise empfand er ein klein wenig Aufregung und genau das selbe spürte auch Tauriel. Jedoch waren sie beide geübt darin, ihre Gefühle zu verbergen.
Für einen kurzen Moment war es still, dann wagte Tauriel zu fragen: "Beginnen wir mit dem Kennenlernen...", Thranduil war amüsiert darüber, wie unangenehm es ihr war die Worte über die Lippen zu bringen, doch war auch sein Gemüt nicht so emotionslos, gleichgültig und gelassen wie üblich. Sie entschieden sich beide für das Training, Kennenlernen war für den Anfang doch zu vielverlangt.
Thranduil erhob sich von seinem Thron und schritt die Stufen hinab auf Tauriel zu. "Hast du Erfahrung mit Schwertern?" ,fragte er. "Nein, ich bevorzuge Bogen und Pfeil.", sagte sie, wobei man ein wenig Scham aus ihrer Stimme heraus hörte. Thranduil blickte überlegen auf sie herab, er stand jetzt nur einen Meter von ihr entfernt und sie musste zu ihm aufblicken, da er von Nahmen tatsächlich größer war als er von Weitem schien. "Nun, du wirst den Umgang mit dem Schwert erlernen müssen, es ist meine bevorzugte Waffe." Sie lachte leise auf "Warum sollte ich eine völlig neue Waffenkunst erlernen, wenn ich perfekt mit der meinen umgehen kann?", fragte sie, doch verstummte als sie die kalten Gesichtszüge ihres Königs sah. "Weil ich es wünsche und meines Wissens nach bin noch immer ich dein Herr, nicht andersrum!" Die Kälte und Bosheit in seiner Stimme schockierte Tauriel, doch was hätte sie anderes von einem solch herzlosen Elbenkönig erwarten können ? Sie neigte-leicht in ihrem Stolz gekränkt und widerwillig-ehrerbietig den Kopf. "Wie ihr wünscht, mein König."
Zufrieden holte er seine beiden Langschwerter aus seinen Kammern, während Tauriel im Thronsaal auf ihn wartete. Als er wiederkam drückte er ihr die zwei Klingen in die Hand und forderte sie auf, ihr Talent unter Beweis zu stellen. Ratlos und beschämt stand sie da und machte ein paar klägliche und in Thranduils Augen wirklich lächerliche Versuche ihn anzugreifen. Er seufzte spöttisch und gab ihr einige Anweisungen, doch auch damit konnte sie kaum etwas anfangen. Schließlich hatte er genug und trat hinter sie, sodass er ihre Arme greifen und sie führen konnte. Überrascht hörte er, wie sie ein wenig zu zittern begann und ihr Atem schneller wurde. Kühl und verständnislos wie immer fragte er: "Was ist los?" Sie zögerte bevor sie antwortete: "Es ist nichts, wirklich, nur ihr seit ein wenig...nun...nah." Erschrocken bemerkte Thranduil, wie nah er an sie herangetreten war. Seine Brust und sein Bauch berührten ihren gesamten Rücken, während seine Arme (bzw. der unverletzte Arm) die ihren schon fast umschlungen hielten. Schnell wich er zurück und wandte sich ab, als er das eigene Herz unnormal schnell konnte schlagen hören. "Es tut mir leid, Euer Majestät, ich wollte Euch nicht kränken, es war nur..." sie zögerte und sagte leise: "Ungewohnt." Ja, in der Tat, auch für Thranduil war eine solche Nähe schon seit Ewigkeiten 'ungewohnt'. Er hätte sagen müssen, dass es seine und nicht ihre Schuld war, das wusste er, aber es war so viel leichter, die kalte Maske weiterhin zu tragen- sie stand ihm zu gut. Nachdem er sich wieder gefasst hatte und sein unsterbliches Herz anfing, wieder normal zu schlagen, verkündete er, dass das Training für heute beendet war. Er ließ sich wieder in seinen Thron sinken und sah zu wie Tauriel, sichtlich verwirrt, den großen Thronsaal verließ. Kurz bevor sie durch ein Tor verschwand, blieb sie noch einmal stehen und sah ihm direkt in die Augen. Sie schien so etwas wie eine Erklärung für das Geschehen zu erwarten, doch auch Thranduil konnte sich nicht erkläre, wie es zu einer 'Umarmung' seinerseits kommen konnte und zu seinem anschließenden Herzklopfen. Doch noch verwirrter war er, als er feststellte, wie zufrieden und seltsamer Weise... glücklich es ihn gemacht hatte, als er nach der Berührung auch ihr Herz ungewöhnlich schnell hatte schlagen hören.
Als sich Tauriel wieder zum Gehen wandte, rief sie über die Schulter: "Kommt morgen vor die Tore der Stadt !"
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Can a cold heart love?
FanfictionDer Elbenkönig Thranduil hat ein Herz aus Eis und ist unfähig zu lieben. Doch was ist, wenn das Schicksal ihn plötzlich fest an die temperamentvolle Anführerin der Elbengarde, Tauriel, bindet und sie letztendlich sein Leben beschützen muss? In der...