Wein und Elbenblut

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(Niemandes Sichtweise)

Tauriels Herz stand still und ihre Welt zerbrach vor ihren Augen. Sie wollte eine Erklärung für das alles finden, doch das einzige was sie sah war Thranduils Gesicht. Darauf erkannte sie Wut, Hass und Schmerz.

Der König blickte erst zu Legolas und dann zu Tauriel. Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, als er langsam zischte: "Du! Komm mit mir!" Er deutete auf Tauriel und sie erhob sich vorsichtig, den Blick gesenkt. Thranduil packte sie fest am Arm und zog sie mit sich durch das Tor, zurück in sein Schloss. Hinter ihnen rief Legolas, dass er lieber ihn bestrafen sollte, aber er erhielt keine Antwort.

Mit schnellen Schritten näherten sie sich den Kammern des Königs, doch das einzige, was Tauriel wollte, war den Schmerz von seinem Gesicht zu wischen. Nur kamen die Wörter, die sie so fieberhaft suchte, ihr nicht über die Lippen. Und sie spürte nicht einmal mehr den Schmerz, der durch Thranduils festen Griff entstand. Es schien ihr, als würde er sie Ewigkeiten so hinter sich her ziehen, aber irgendwann erreichten sie doch seine Gemächer.

Als sie in dem geräumigen Zimmer angekommen waren, stieß er mit einem lauten Schrei die Tür hinter sich zu und ließ Tauriel endlich los. Am liebsten wäre sie weit weg gerannt, doch der einzige Weg nach draußen, die Tür, war fest verschlossen. Thranduil lief in den hinteren Teil des Zimmers, wo ein kleines Fenster in die Wand eingelassen war und fuhr sich durch die langen Haare. Tauriel blieb währenddessen unschlüssig vor einer Wand stehen. Schließlich brach er das Schweigen.

"All deine Worte..." Er goss sich einen edlen Wein ein "All deine Taten..." Er nahm den ersten Schluck. "Eine Lüge." Tauriel schloss die Augen und eine unglaubliche Verzweiflung breitete sich in ihr aus. Er wandte sich langsam zu ihr um und nahm einen weiteren Schluck. "Sag mir..." Er zerschmetterte das noch fast volle Glas auf dem Boden. "War ALLES eine Lüge?"

Er kam eilig auf sie zu und sie wich zitternd vor ihm zurück, jedoch stieß sie bald gegen die kühle Wand. Sie rutsche langsam daran herunter, bis sie auf dem blank polierten Holzboden auftraf. Dort blieb sie sitzen und vergrub den Kopf in den Händen. "Es...tut mir leid...aber...ich kann es Euch erklären, ich..." Sie sprach leise und ihre Stimme bebte. Thranduil lief auf sie zu und zog sie abrupt zu sich hoch, dann presste er sie gegen die Wand. "WAS TUT DIR LEID ??!" Tauriel brach in einen Weinkrampf aus und versuchte heftig sich zu befreien, aber er drückte sie nur noch fester gegen die Wand. "Wie konntest du mir das antun? SAG ES MIR!" Sie wollte ihm so gerne antworten und ihm erklären, dass sie den Kuss gar nicht gewollt hatte, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt und ihr Gesicht war tränenüberströmt. 

Thranduil hatte noch nie eine so ungeheuerliche Wut in sich gespürt wie jetzt. Er spürte, wie sein wahres Gesicht zum Vorschein kam. Noch vor einem Tag hatte er sich geschworen, Tauriel nie diese Seite von sich sehen zu lassen und sie gut zu verstecken. Doch es war ihm egal. Ihm war nichts so egal gewesen wie in diesem Moment. Noch immer drückte er sie gegen die Wand, aber er war sich sicher, dass es nicht so sehr schmerzte, wie sein Herz. Nun blickte sie ihm endlich in die Augen, die sich plötzlich vor Schrecken weiteten.

Seine gesamte linke Gesichtshälfte sah aus, als hätte er keine Haut: Sehnen und Fleisch kamen deutlich zum Vorschein. Sein Auge war auf dieser Seite milchig und weder Pupille, noch Iris waren zu sehen. Tauriel schrie leise auf und wollte ihr Gesicht abwenden, doch Thranduil hielt mit seiner anderen Hand ihren Kopf an Ort und stelle, sodass sie gezwungen war ihn anzusehen. Er lachte bitter. "Ja, sieh genau hin! Nicht nur du zeigst heute dein wahres Gesicht." Sie schloss verzweifelt ihre Augen, sie konnte diesen Anblick nicht länger ertragen. Weitere Tränen bahnten sich ihren Weg über ihre Wangen. So standen sie eine Weile da, er drückte sie noch immer schmerzhaft fest gegen die harte Wand seines Gemachs. Tauriel machte einen letzten verzweifelten Versuch sich zu befreien, doch das führte nur dazu, dass er sie jetzt an den Schultern festhielt.

Plötzlich durchfuhr ein unglaublicher Schmerz Tauriels Schulter. Sie erinnerte sich an den Wettkampf, mit dem alles angefangen hatte und in dem Harun eine tiefe Fleischwunde an ihren linken Schulter hinterlassen hatte. Genau darauf presste Thranduil seine Hand. Sie schrie so laut, dass er seinen Griff lockerte. Als er ihr schmerzverzehrtes Gesicht sah und das Blut, das den grünen Stoff über ihrer Schulter tränkte, trat er erschrocken zurück. In diesem Moment kippte sie vornüber und fiel mit einem Krachen hart auf den Holzboden.

Auf einmal verschwand Thranduils angsteinflößende linke Gesichtshälfte und mit vor Verwunderung und Angst geweiteten Augen ließ er sich neben ihr auf die Knie fallen. Sie regte sich nicht mehr. "Tauriel? Tauriel! Hörst du mich?" Von Zorn war nichts mehr in seiner lauter werdenden Stimme zu hören. Schließlich bemerkte er, dass sie ohnmächtig geworden war. Verzweifelt rüttelte er an ihrer unverletzten Schulter und drehte sie vom Bauch auf ihren Rücken. Er fuhr mit einem leisen Schrei zurück, als er sah, dass ihr schönes und zierliches Gesicht über und über mit Blut bedeckt war: Bei ihrem Aufprall musste sie sich ihre Nase gebrochen haben. Auch neben ihrer Schulter hatte sich bereits eine kleine Blutlache gebildet, die stetig wuchs. Thranduil begann ihren Namen zu rufen, er schlug die Hände vorm Gesicht zusammen, als er begriff, dass es allein seine Schuld war. Ebenfalls erinnerte er sich daran, wie sie ihn um Verzeihung gebeten hatte: 'Es...tut mir leid...aber', hatte sie gesagt 'ich kann es Euch alles erklären, ich...' Er schrie laut in die Stille hinein und hasste sich so sehr dafür, sie nicht ausreden gelassen zu haben. Er schlug mit der Hand auf den Boden und ignorierte die Scherben des zerbrochenen Weinglases, die sich tief in seine Hand bohrten. Dann begann er die Wachen zu rufen, während er eine Träne heiß über sein kaltes Gesicht laufen spürte. Er legte die seine auf die leblose Stirn Tauriels und schluchzte leise, wobei sich immer mehr Scherben in seine Beine, Arme und Hände bohrten.

Er selbst fiel kurz danach in Ohnmacht, mit seinem Arm schützend um Tauriel gelegt und den Blick auf die Tür zu seinen Gemächern gerichtet. So war das letzte was er sah, eine Gruppe seiner besten Wächter, dann fiel er in das schwarze Loch, aus dem er gerade erst gerettet worden war. "Von dir,Tauriel..." seufzte er. 


Can a cold heart love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt