Luhans POV
''Alsooo, was würde alles für Chen sprechen?'' fragte ich eine Weile später und nahm an Minseoks Schreibtisch platz. ''Du willst doch jetzt nicht ernsthaft eine Pro und Contra Liste machen?'' ''Wie sollen wir denn sonst auf ein Ergebnis kommen? So oder so hätten wir die Vor- und Nachteile aufgezählt, also können wir sie auch gleich mit aufschreiben,'' erwiderte ich, während ich mir Zettel und Stift nahm und eine unordentliche Tabelle aufs Blatt kritzelte.
''Also?'' Er seufzte und überlegte kurz. ''Der größte Pluspunkt wäre wohl, dass ich mich nicht mehr prostituieren müsste.'' ''Keine Prostitution.... weiter.'' ''Naja, mehr fällt mir auch nicht ein,'' meinte er und stützte seinen linken Ellbogen auf seinem Oberschenkel ab, um sein Kinn besser auf seine Faust stützten zu können. ''Du kannst mir doch nicht erzählen, dass es nicht mehr gibt. Sagte er nicht auch, dass du ohne Probleme von seinem Geld leben kannst? Da haben wir doch gleich den nächsten Pluspunkt: Du musst generell nicht mehr arbeiten,'' sagte ich und wollte gerade den ersten Buchstaben aufs Blatt schreiben, als er mich davon abhielt. ''Aber das will ich ja gar nicht. Ich will nicht auf jemand anderes angewiesen sein, sondern mein eigenes Geld verdienen.'' ''Wenn du das könntest, würdest du wohl kaum deinen Körper verkaufen. Deshalb leb realistisch und freu dich doch lieber, dass jemand für dich Sorgen kann und auch möchte. Andere wären froh wenn sie keinen Finger krümmen müssten und du heulst rum das du dein eigenes Geld verdienen willst, obwohl das nie passieren wird, da dich niemand einstellen will.'' Bei diesen Worten klappte ihm die Kinnlade runter und erst jetzt realisierte ich, dass meine Wortwahl wohl etwas zu harsch gewählt wurde. Manchmal verfluchte ich meine große Klappe wirklich....
''Was soll die scheiße? Ich dachte du wolltest mir helfen und mich nicht fertig machen,'' beschwerte er sich und seufzend legte ich den Stift aus der Hand. ''Minnie es tut mir Leid, so war das nicht gemeint. Ich wollte nur damit sagen, dass es vielleicht fürs erste das Beste wäre wenn Chen dir ein bisschen unter die Arme greift. Jedenfalls so lange bis du deine ganzen Schulden abgezahlt hast. Danach kannst du dich immer noch nach einem besseren Job umsehen und wer weiß? Vielleicht kann er dir ja dabei helfen.'' ''Natürlich kann er das. Ich wette er kennt ganz viele Legale Jobs die etwas für mich wären,'' erwiderte er Sarkastisch und darauf konnte ich nur mit den Augen rollen. ''Und selbst wenn es ein illegaler Job ist, Geld ist Geld, scheiß doch drauf.'' ''Nicht jeder sucht mit aller Gewalt nach Adrenalinkicks so wie du Lu Han.''
Wieder seufzte ich und wandte mich erneut der Liste zu, bevor wir uns noch gegenseitig an den Hals springen. ''Da uns wohl keine Vorteile mehr einfallen, machen wir mit den Nachteilen weiter. Was spricht gegen ihn?'' fragte ich. ''Das fragst du noch? Er ist ein verdammter Verbrecher!'' ''Na und? Was stört dich so sehr daran? Solange er nicht dich und die Menschen die wichtig für dich sind killt ist doch alles in Ordnung.'' Fassungslos starrte er mich an und schüttelte langsam mit dem Kopf. ''Bist du als Kind zu oft auf den Kopf gefallen oder wieso gibst du so einen Müll von dir? Es ist scheiß egal ob er Leute aus meinem Bekanntenkreis tötet oder völlig fremde, das macht einen Mord nicht weniger Schlimm!'' ''Du spielst doch immer so gerne Hobby Psychologe, wieso versuchst du nicht einfach heraus zu finden warum Chen tötet? Einfach aus Spaß wird er das bestimmt nicht machen und vielleicht schaffst du es ja ihn zu ändern,'' schlug ich vor, in der Hoffnung das das sein Interesse wecken könnte. ''Und wenn ich es nicht schaffe? Dann habe ich auf ewig einen Mörder an der Backe.'' ''Besser als zu sterben,'' entgegnete ich, was Minseok seufzen ließ.
''Betrachten wir das alles Mal von einer anderen Perspektive. Nehmen wir an, Chen wäre kein Mörder, was würde dann gegen ihn sprechen?'' fragte ich und hielt den Stift bereit. ''Naja, eigentlich nichts... Er sieht gut aus, er ist nett zu mir, er achtet nicht nur auf seine eigenen Bedürfnisse, sondern besteht jedes Mal darauf das ich genauso oft komme wie er, wenn nicht sogar öfter... Und er nimmt Rücksicht auf mich. Er fragt jedes Mal ob ich etwas machen möchte und wenn nicht ist das okay für ihn. Er zwingt mir nicht irgendetwas auf, so wie es alle anderen tun,'' erzählte er und schnell schrieb ich Stichpunktartig alles mit. ''Siehst du? Chen ist gar nicht mal so übel und wie ich von Sehun gehört habe, scheint er ganz schön in dich verschossen zu sein, denn sonst hätte er dir niemals dieses Angebot gemacht,'' sagte ich, was ihn nachdenklich zu Boden blicken ließ.
''Ich will es ja wirklich... Ich will mich wirklich mit dem Gedanken mit ihm zusammen zu sein anfreunden, aber ich kann es einfach nicht. Ich kann einfach nicht Ja zu einem Leben mit einem Mörder sagen, ich kann es nicht,'' schluchzte er und legte sein Gesicht in seine Hände. Stumm stand ich auf, setzte mich neben ihn auf sein Bett und rieb ihm beruhigend über den Rücken. ''Ich kann mir vorstellen wie du gerade innerlich mit dir kämpfst... Um ehrlich zu sein, hatte ich anfangs auch etwas Angst mit Sehun und habe mich gefragt ob es die richtige Entscheidung war und ich sage dir, es war sie. Ich habe die Abwechslung in meinem Leben die ich unbedingt wollte, ich wohne endlich nicht mehr bei meinen Eltern, verdiene mein eigenes Geld und habe noch dazu einen verdammt geilen Mann an meiner Seite der mich gut behandelt. Das alles kannst du auch mit Chen haben. Er mag dich wirklich und du magst ihn auch. Kannst du nicht einfach darüber hinwegsehen was er ist und ihm eine Chance geben?''
Langsam hob er seinen Kopf und sah mich mit seinen nassen Augen lange nachdenklich an. ''Würde es mich zu einem schlechten Menschen machen, wenn ich eine Beziehung mit ihm will?'' ''Was macht heutzutage einen Menschen bitte noch gut? Wir alle sind keine Engel, wieso also sollten wir unser ganzes Leben damit verbringen uns von anderen einreden zu lassen was gut und was schlecht ist. Das müssen wir alle für uns selbst entscheiden und wenn alles in dir Ja zu Chen sagt, kann es nicht die falsche Entscheidung sein. Es wäre falsch wenn du deine Gefühle ignorieren würdest, nur um anderen zu gefallen. Du lebst dein Leben für dich, für niemanden sonst. Wenn du also verdammt nochmal einen Mörder liebst, dann lass es zu.'' Minseok schwieg darauf eine Weile, bis er meinte: ''Ich werde es mir nochmal genau durch den Kopf gehen lassen...''
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''Und? Konntest du ihn überzeugen?'' begrüßte Sehun mich ein paar Stunden später, während ich das Wohnzimmer betrat. ''Er will noch mal in Ruhe darüber nachdenken, aber ich denke das die Chancen für Chen gut stehen,'' erwiderte ich und lief direkt weiter ins Schlafzimmer um mir etwas Bequemeres anzuziehen. Als dies erledigt war, ging ich zurück zu Sehun und ließ mich erschöpft neben ihn auf die Couch fallen. ''Schon wieder müde?'' fragte er und legte seinen rechten Arm um mich. ''Ich bin immer Müde,'' erwiderte ich und schloss die Augen.
''Übrigens haben du und Suho morgen einen Auftrag.'' ''Was für einen Auftrag?'' fragte ich und musste mich wirklich anstrengen wach zu bleiben. ''Ihr werdet Falschgeld unter die Leute bringen.'' ''WAS?!'' fragte ich und riss geschockt die Augen auf. ''Du hast richtig gehört, Falschgeld. Irgendwie müssen wir ja an Kohle kommen und da wir nicht ständig Leute killen oder ausrauben können, gibt es noch diese Alternative. Aber keine Sorge, Suho ist ein Profi darin. Halte dich einfach an seine Anweisungen und alles wird glatt laufen.'' ''Ich dachte er ist nur dabei weil er dein bester Freund ist. Wieso ist er jetzt plötzlich ein Profi darin Falschgeld unter die Leute zu bringen?'' fragte ich und zog eine Augenbraue dabei in die Höhe. Sehun grinste dreckig und fuhr sanft mit seiner Hand über meinen Arm. ''Weil ich keine Ausnahmen mache. Wer bleiben will, muss arbeiten. Ich kann keine faulen Leute um mich herum gebrauchen die mein Geld für Schwachsinn aus dem Fenster schmeißen,'' erwiderte er. ''Du sagtest doch aber anfangs das ich ein Lockvogel wäre, wieso jetzt plötzlich Falschgeld?'' ''Hör auf so rum zu heulen und sei mal ein bisschen Flexibel, immerhin bezahle ich dich nicht für den Sex sondern für getane Arbeit. Entweder du machst das mit dem Falschgeld oder du folterst mit Baekhyun ein paar Geiseln und als kleine Vorwarnung, unser kleiner Höllen Hund kann ziemlich grausam sein,'' sagte er genervt und ich konnte nicht anders als zu seufzen und zu zustimmen. Bleibt nur noch zu hoffen, dass das keine Falle ist in die er mich rein laufen lässt...
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上瘾 (OVERDOSE)
Mystère / ThrillerLangweilig. So könnte man Luhans Lebens perfekt beschreiben. Zumindest würde er es so beschreiben. Er kann sich für nichts und niemanden so wirklich begeistert und lebt sein Leben jeden Tag wie eine leere Hülle vor sich hin. Noch dazu kommt das er...