34 - Deutschland

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Entsetzt starrte ich Ken an. Ich wusste genau was er vorhatte. Er wollte mich zurückschicken! Als er sich vorbereitete sein Jutsu anzuwenden, wollte ich auf ihn zustürmen um ihn aufhalten, doch der kräftige Mann hielt mich eisern fest, bevor es dazu kommen konnte. „Nein!", schrie ich, doch Ken grinste nur. Ich wollte nicht zurück! Die Ninjawelt wurde zu meinem Zuhause! Es ist mehr Heim für mich als Deutschland es je war. Auch wenn Jenna und ihre Familie dort waren, so habe ich hier Tobirama. Er allein war Grund genug, um zu bleiben. Tobirama wütete außerhalb des Schutzwalles und benutzte allerlei Jutsus, doch es brachte alles nichts. „Dann wollen wir mal anfangen!", sprach Ken seelenruhig und schon begann er in rasender Geschwindigkeit mit seinen Fingerzeichen. Als er seine Handflächen auf den Boden schlug bildeten sich blaue Runen, die sich in einem Kreis um mich ausbreiteten. Abrupt wurde ich losgelassen und in dem Kreis eingeschlossen. Ich versuchte wegzulaufen und aus dem Kreis mit den Runen zu entkommen, doch sie schlossen mich ein. Ken schlug seine Hände aneinander und murmelte irgendwelche unverständlichen Worte. Das Licht der Runen wurde immer heller und immer mehr wurde ich mir der Bedrohlichkeit bewusst. Ich wehrte mich nicht mehr. Ich schaute zu Tobirama, der inzwischen aufgehört hatte sein Chakra zu verschwenden und mich nun entsetzt anstarrte. „Verabschiede dich von deinen Liebsten!", schrie Ken und schlug seine beiden Handflächen auf den Boden. Ein gleißendes Licht schoss in den Himmel und drückte mich zu Boden. Ich wollte Tobiramas Namen schreien, doch stattdessen entwich meiner Kehle nur ein Schluchzen. Das letzte was ich sah, bevor ich das Bewusstsein verlor, war nichts als ein helles weißes Licht.

Als ich wieder erwachte befand ich mich in dem Badezimmer meiner Wohnung. In Deutschland. Das Wasser welches ich aufgedreht hatte, um das seltsame Leuchten meines Körpers wegzuwaschen. Ich konnte mich daran erinnern als wäre es gerade eben erst passiert. Als mir die Erkenntnis kam, dass ich weit weit weg von Konoha war, brauchte es einige Minuten, die ich einfach auf die Wand starrte. Das schmerzhafte Pochen an meinem Arm, zog mich wieder in die Wirklichkeit zurück. Ich war verwirrt, verängstigt, verletzt und wünschte mir gerade einfach wieder einzuschlafen. Doch das Tropfen meines Blutes an meinem Arm hielt mich davon ab. Ich wusste genau, dass ich kein Verbandszeug bei mir hatte und so torkelte ich, ohne nachzudenken aus dem Haus und klopfte schwerfällig bei meiner Nachbarin. Weinend hielt ich mir meinen Arm und als die alte Frau mich sah hob sie erschrocken ihre Augenbrauen. „Ach du grüne Neune! Was ist denn mit dir geschehen!?", rief sie erschrocken auf. „Ich... Ich...", versuchte ich zu sprechen, doch ich brach ab und fing zutiefst an zu schluchzen. „Ach du armes Kind. Komm, ich fahre dich ins Krankenhaus", sprach sie sanft, holt ihre Schlüssel und ging mit mir zum Auto. Auf dem Weg strich sie mir immer wieder über den Rücken und versuchte mich zu beruhigen. Ich hörte ihr nicht zu, doch war ich ihn unendlich dankbar.

Im Krankenhaus behandelten sie meinen Arm und meine anderen Wunden von den Schlägen und Tritten, doch behielten sie mich für eine Nacht dort. Nicht wegen des Arms, sondern wegen meines psychischen Umstandes. Sie meinten sie könnten mich bei meinem verstörten Verhalten nicht alleine lassen. Ebenso besuchte mich die Polizei. Das Krankenhaus hatte sie alarmiert, da meine Wunde am Arm und die zahlreichen blauen Flecken nicht von einem Unfall vom kochen kommen konnte. Sie wollten wissen, wer mir das angetan hatte, doch ich hatte darauf keine Antwort. Ich starrte einfach nur an die Wand. Ich wollte nicht glauben, dass ich wieder zurück war und Tobirama für immer verloren hatte. Ich kannte das Jutsu nicht und deswegen gab es auch keinen Weg zurück. Die Wochen verstrichen und ich wurde immer depressiver. Meinen Nebenjob tat ich nur halbherzig und meine Leistungen in der Universität wurden immer schlechter. Ich kam einfach nicht mehr hinterher. Manchmal meldete ich mich auch einfach krank.

Meine Tage verbrachte ich immer gleich. Wenn ich mal nicht in der Uni war oder halbherzig bei der Arbeit, saß ich nur zuhause rum und tat nichts. Manchmal lief der Fernseher im Hintergrund, doch konzentrieren konnte ich mich darauf nicht. Bei allen Fenstern hatte ich die Jalousien heruntergelassen, damit hier bloß kein Licht hereinkam. Manchmal kam in mir der Gedanke hoch, mir das alles bloß eingebildet zu haben. Doch jedes Mal kamen mir wieder die Verletzungen in den Sinn. Woher hätte ich sie sonst bekommen sollen? Aber es hört sich so verrückt an, wenn ich daran denke in der Welt eines Animes gewesen zu sein. Es klopfte an der Tür. „Kida? Bist du da?", hörte ich Jenna an meiner Haustür rufen. Ich antwortete nicht. Ich wollte niemanden sehen. „Bitte, ich weiß ganz genau, dass du da bist. Mach bitte auf!", flehte sie weiter, doch wieder reagierte ich nicht. Ich hörte Jenna seufzen und dachte schon sie würde gehen, doch dann hörte ich wie jemand die Tür aufschloss und die Tür hinter sich zu knallte. Natürlich. Sie hatte noch meinen Ersatzschlüssel. Wütend stapfte sie auf mich zu. „Ist das dein Ernst? Was ist denn los mit dir?", sprach sie und sah sich ein bisschen entsetzt in meiner Wohnung um. „Kida rede bitte mit mir. Was ist denn los mit dir?", meinte sie verzweifelt und setzte sich auf den Sessel neben mir. „Nichts", antwortete ich knapp, doch sie rollte nur mit den Augen. „Von den einen auf den anderen Tag bist du abgestürzt. Du bunkerst dich ein, wirst schlecht in der Uni, du nimmst immer mehr ab und verlierst immer mehr den Kontakt zu uns! Und du willst mir erzählen, dass mit dir alles okay ist?", zeterte sie rum, bis ihr Kopf rot anschwoll. Aus irgendeinem Grund bildeten sich Tränen in meinen Augen, doch ich versuchte sie so gut wie möglich zurückzuhalten. „Ich mach mir doch nur Sorgen um dich! Bitte, rede einfach mit mir", bat sie mich flehend und hockte sich vor mich hin. Meine Unterlippe fing an zu zittern, als ich ihren traurigen Blickausdruck sah. Ich war so eine schlechte Freundin. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich sie im Stich gelassen und ihr mit meiner Ignoranz ihr gegenüber wehgetan hatte. „Tut mir leid", flüsterte ich und brach in Tränen aus. Sofort war Jenna zur Stelle und umarmte mich. „Ich weiß nicht was passiert ist und du musst es mir auch nicht sagen. Aber bitte tu dir selbst einen Gefallen und geh wieder raus. Ich bin immer für dich da. Du kannst mich immer anrufen, wenn ich in Mannheim bin", sprach sie. Ich drückte sie leicht weg. „Mannheim?", hakte ich verwirrt nach. Sie verzog das Gesicht. „Ja ich... hab gemerkt, dass ich lieber eine Ausbildung machen will und das Studium nichts für mich ist. Ich hab eine in Mannheim gefunden die perfekt passt und jetzt zieh ich dahin. Nächste Woche, um genau zu sein", erzählte sie mir. Warum wusste ich davon nichts? Warum hat sie mir nichts erzählt? Im gleichen Moment, wo ich das dachte, hätte ich mir selbst eine reinhauen können. Ich war nicht für sie da gewesen. Es war meine eigene Schuld. „Komm, geh duschen und mach dich hübsch. Wir gehen zusammen in die Stadt und verbringen einen schönen Tag!", befahl sie, half mir von der Couch und scheuchte mich ins Badezimmer. Ich war ihr einfach unendlich dankbar, dass sie für mich da war!

Tatsächlich ging es mir besser. Jenna brachte wieder Leben in mich und ich konnte wieder Lachen. Doch sie zog schon bald weg. Und als sie mich verließ, fühlte ich mich so einsam wie noch nie. Tobirama war nicht hier, oder Mito, Hashirama und Madara. Nun war auch Jenna weg. Sie war meine einzige Freundin jemals hier in dieser Welt gewesen und nun war sie einfach weg. Zwar nicht so weg wie die anderen, aber dennoch fast am anderen Ende von Deutschland. Zumindest fühlte es sich an. Mannheim war nicht gerade um die Ecke. Je länger ich darüber nachdachte, desto schlechter fühlte ich mich. 

Verschollene SenjuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt