Kapitel 3

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Pov - Alicia:

Ich lag im Dunkeln in meinem Zimmer. Starrte an die Decke. Und versuchte an nichts zu denken. Betonung lag auf 'versuchte'. Mit einem Seufzer richtete ich mich auf. Dabei stützte ich mich auf der Hand ab und Schmerz durchzuckte meine Hand. Unsicher starrte ich auf den langen tiefen Schnitt, der sich über meinen Handrücken zog. Luna hatte echt ganze Arbeit geleistet. Vorsichtig strich ich über das getrocknete Blut und fuhr zusammen, als ich das empfindliche Fleisch berührte. Ich biss die Zähne zusammen. Ich war immer noch mehr als frustriert dass es nicht so geklappt hatte wie es sollte. Die Wunde war nicht geheilt. Und eigentlich fühlte ich mich auch kein bisschen anders als sonst. Die Bisswunde an meinem Arm war auch nicht verschwunden. Wütend schmiss ich mein Buch vom Bett. Verdammt! Nie lief etwas wie es sollte! Nie! Ich hatte so lange darauf gewartet endlich auch ein Werwolf sein zu können... Und jetzt? Was war ich überhaupt? Gab es so ein Zwischending zwischen Mensch und Werwolf? Luna hatte zwar die plausible Idee gehabt, dass es bei mir einfach länger dauerte... Aber wieso? Entnervt schmiss ich mich aufs Bett und starrte wieder die Decke an.

"Hey...Liz!" Eine sanfte Stimme an meinem Ohr ließ mich die Augen aufschlagen. "Tyler?" murmelte ich verschlafen. "Was machst du denn hier?" "Deine Mum hat mich reingelassen. Ich wollte wissen wie's bei Luna war. Kannst du jetzt irgendwelche Werwolftricks?" fragte Tyler neugierig. "Ach, frag bloß nicht!" Ich machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand und lehnte mich an die Wand. Tyler saß vor mir auf dem Bett und blickte mich fragend an. "So schlimm?" Er runzelte die Augenbrauen. Ich lächelte. Wenn er das tat, sah er seinem Vater unglaublich ähnlich. Müde fuhr ich mir über die Augen. Tyler entdeckte die Schnittwunde an meiner Hand. "War das Luna?" Ich schwieg. "Liz." Ich senkte den Blick. Tyler nahm meine Hand und sah sich die Wunde genauer an. Da sah er auch das Pflaster an meinem Unterarm. Ohne zu fragen zog er das Pflaster mit einem Ruck ab. "Au!" beschwerte ich mich, zum 2. Mal an diesem Tag. Tyler starrte die Bisswunde an. Sie war nur leicht verkrustet, aber verheilt definitiv nicht.

"Ja verdammt! Es heilt nicht. Vielleicht funktioniert es einfach nicht bei mir... Ich werde kein Werwolf und Schluss." regte ich mich auf. "Liz... Hey komm schon, das heilt bestimmt bald. Und du wirst ein Werwolf versprochen." versuchte Tyler mich aufzumuntern. Ich kaute auf meiner Lippe rum bis ich Blut schmeckte. "Außer, du..." Zögernd sah Tyler mich an. "Was? Was ist Tyler?" "Nichts." Er wandte sich ab. Stöhnend vergrub ich mein Kopf in den Kissen. "Ich geh dann mal." Gedämpft murmelte ich eine Antwort ins Kissen und hörte wie die Tür sich schloss. So ein Mist, Mist, Mist! Ich hatte es bis jetzt versteckt, dass die Bisswunde nicht geheilt war... Und jetzt wusste es Tyler und mehr als das. Ich hatte das Gefühl, er hatte eine Vermutung, die er mir nicht sagen wollte, aus welchem Grund auch immer. Die Enttäuschung schwappte wie eine rießige Welle über mich und ich presste mein Gesicht noch tiefer ins Kissen. Wilkommen im absolut tollen Leben von Alicia Martin, in dem nichts lief wie es sollte! Herzlichen Dank auch Universum.

Pov - Luna

Ich brachte all meine Sprungkraft dazu auf, mich zu dem Korb zu befördern. Mit dem Ball in meiner Hand vollführte ich einen formvollendeten Korbleger und landete dumpf auf dem Boden der Halle. Von rechts hörte ich ein Jubeln. Grinsend folgte ich der Stimme und beobachtete belustigt, wie Dylan hüpfend und rufend auf der Tribüne herumlief. Ich war also kurz abgelenkt. Ich hörte wie jemand ,,Vorsicht!" rief, doch es war zu spät. Der plötzlich auftauchende Ball schlug mit voller Wucht gegen meinen Kopf.

Am Rand der Halle lag ich jetzt also und Dylan saß neben mir. Grummelnd stütze ich mich auf meine Ellenbogen. ,,Warum lässt mich Liam nicht weiterspielen?! Ich hab nur eine Beule, sonst nichts! Außerdem bin ich ein Werwolf! Er weiß doch am besten, dass mir so etwas nichts ausmacht!", regte ich mich auf. Dylan gluckste kurz und antwortete beruhigend: ,,Aber deine Mitspieler nicht. Also denk einen Moment mehr nach, bevor du ihn verurteilst. Er möchte uns nur im Sicheren haben." Verächtlich drehte ich meinen Kopf in seine Richtung. ,,Und ein Basketballfeld ist gefährlich, ja klar!", echauffierte ich mich. Dann senkte ich den Blick.
Ich wusste nicht, wie es war, ein normaler Mensch zu sein. An der Stelle von meinen Mitspielern hätte ich mich wahrscheinlich auch aus dem Spiel geschickt.

,,Dylan... manchmal, da frage ich mich, ob es wirklich so... toll ist, ein Werwolf zu sein. Etwas Übermenschliches. Stell dir doch mal vor, wie es wäre, ein Leben ohne das Alles zu haben. Ohne die qualvolle Kontrolle an Vollmond. Oder die ständige Heimlichtuerei. Ich wünsche mir das manchmal. Einfach so sein, wie Alicia mal war. Ein Mensch", sagte ich leise.
Seine Hand packte meinen Oberarm. Forschend sah er mir in die Augen. ,,Du spinnst. Wir haben Glück so zu sein wie wir sind, Luna okay? Wir sind perfekt so. Es muss so sein, es wäre falsch und unnatürlich", sprach er mit fester Stimme. Ich entriss ihm meinen Arm.
,,Unnatürlich?! Willst du mich verarschen? Wenn hier etwas unnatürlich ist, dann sind wir das. Wir bringen das Gleichgewicht der Natur völlig durcheinander, mit unserer Kraft! Glaubst du nicht, dass es unfair ist? Wir können den schwachen Menschen nicht einmal helfen, weil sie sonst herausfinden würden, was wir sind! Wozu sind wir dann da?!" Ich atmete schnell. Dylan saß mir gegenüber. Seine Augen blickten mich an, als wüsste er nicht mehr, wer ich bin. Gut. Ich wusste es auch nicht. ,,Luna...", setzte er an, doch ich schnitt ihm das Wort ab. ,,Lass es. Du weißt dass ich Recht habe", sagte ich und stand auf. Meine Tasche schulterte ich und verließ mit schnellen Schritten die Halle.

Draußen schnappte ich nach Luft. Es kam mir vor, als würde ich das erste Mal an meinem Leben zweifeln. An meiner Existenz, an meiner Familie, meinen Freunden... an mir. Ich lief ein paar Schritte und entschied mich, in den Wald zu gehen. In den Blättern nahm ich das Rascheln der Vögel wahr. Ich roch die Düfte der Nacht. Ich sah die Natur so klar und unverfälscht vor mir, dass ich mich wie ein Eindringling in dieser Idylle fühlte. Langsam schritt ich weiter. Über mir leuchtete der Mond so hell, dass ich ihn auf den Pfützen im Boden wiedererkannte. Ich ließ mich vor einer nieder und fuhr mit meiner Hand hindurch. Die kleinen Wellen verteilten sich nach außen und schlugen gegen die Kiesel, die das Wasser einschlossen. Ich seufzte. Alles war auf einmal so unscharf. Alicia hat einen Wunsch erfüllt bekommen. Doch mir machte dieser Wunsch auf einmal Angst. Wieso jetzt? Was brachte mich dazu, auf einmal an so etwas zu denken? Frustriert ließ ich meine Hand in die Pfütze niedersausen. Das Wasser spritzte meine Knie nass. Ich beobachtete mein verzerrtes Spiegelbild in der Oberfläche.

,,Was machst du da?", fragte eine bekannte Stimme. Erschrocken fuhr ich zusammen. Tyler stand vor mir und musterte mich belustigt. Hastig erhob ich mich und strich den Dreck von meinen Hosen. ,,Nichts. Nur denken", antwortete ich und lächelte leicht. Er nickte. Seine Augen huschten nervös hin und her und ich bemerkte ebenfalls, dass seine Finger unentwegt auf seinem Bein tippten. ,,Und über was denkst du so stark nach, Tyler?", fragte ich und zog eine Augenbraue hoch. Ertappt blickte er auf den Boden. ,,Nichts Wichtiges", sagt er. Ich boxte ihn auffordernd in die Rippen. ,,Sag schon! Du brauchst mir nichts zu verheimlichen, klar?" Er sah auf und verdrehte die Augen. Ich tat es ihm gleich. ,,Hey, du bist mir gefolgt oder hast mich gesucht. Jetzt spuck schon aus, was der Grund für das Ganze ist", forderte ich. Wieder blickte er ertappt und lächelte dann aber. ,,Bin ich so einfach zu lesen?"
,,Du bist ein offenes Buch, kleiner!", antwortete ich grinsend, wohl wissend, dass er einen ganzen Kopf größer war. Schließlich lenkte er ein. ,,Es geht um Liz", beginnt er. Ich seufze. ,,Ja, ich weiß. Ich hätte ihr nicht weh tun sollen. Aber die Wunde ist jetzt bestimmt geheilt, glaub mir", sagte ich und sah ihn entschuldigend an. Er schüttelte den Kopf. ,,Das ist es ja. Die Wunde ist nicht geheilt. Und nicht nur das. Der Biss an ihrem Unterarm ist noch deutlich sichtbar. Auch er verheilt nicht Luna", sagte er und ich meinte, Angst in seinen Augen zu erkennen. Verwirrt blieb ich stehen, denn wir waren während dem Gespräch ein kleines Stück gelaufen. ,,Was?! Warum sollte das passieren? Das ist doch..."
,,... verrückt? Ja, ist es", beendete Tyler meinen Satz. Kopfschüttelnd setzte ich mich wieder in Bewegung. ,,Es muss irgendwas schiefgelaufen sein", sagte ich vor mich hin. Meine Stirn war in Falten gezogen. Mein Kopf dröhnte von den vielen Gedanken, die jetzt in ihm herumwirbelten.  Tyler schwieg. Er schwieg auffällig. Ich erkannte sowas.

,,Was weißt du, was ich nicht weiß?!", fragte ich. Er winkte ab. ,,Es ist nur eine Vermutung. Noch sehr vage, ich muss da noch ein bisschen nachforschen...", wich er aus. Das ließ ich nicht auf mir sitzen. ,,Nichts da. Rück schon raus mit der Sprache! Aber schnell", drängte ich und hielt ihn an. Er zuckte hilflos mit den Schultern. Es schien, als würde er sich die Wörter zurechtlegen.
,,Was, wenn Liz kein Werwolf werden kann?", stellte er schließlich seine Frage. Ich war verwirrt. ,,Warum sollte sie kein Werwolf werden können? Das ist doch absurd!", stritt ich ab. Er seufzte. ,,Vielleicht besteht die Möglichkeit, dass sie schon etwas Anderes ist. Denk mal an ihre Mutter", sagte er und sah mich unsicher an. ,,Lydia...", hauchte ich.

,,Genau. Lydia", sagte er.

22 years after | TeenwolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt