Kapitel 4 - Nie wieder lieben

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Ab diesem Moment verlernte ich das Lieben. Niemand konnte es mir wieder beibringen. Meine Liebe verschwand, als Arian aus meinem Leben verschwand. Ich heulte Tage wie Wochen. Ich heulte an seinem Todestag. Ich heulte danach. Ich heulte auf seiner Beerdigung im Kosovo. Ich heulte nur noch. Ich spürte jede Sekunde, wie meine Mutter immer leerer wurde. Ihr wurde ihr Sohn genommen. 'Po me doket si athere kur ma kan marr shkit Motren tem' (es kommt mir so vor, wie damals, als die Serben mir meine Schwester nahmen).

Wie sollte es denn nun weitergehen? Ich konnte die ersten 4 Tage nicht mehr in die Schule. Ich bat meine Klassenkameraden alles für mich aufzuheben. Ich war einfach leer. Ich fühlte mich leer.

Jeden Abend saß ich vor meinem Balkonfenster und redete mit ihm. Ich redete mit Arian, meinem geliebten Bruder und mit Gott. Ich fragte ihn, wie es ihm geht, doch es kam keine Antwort. Ich vermisste ihn so sehr. Nun waren es schon 4 Monate ohne ihn und ich weiß immer noch nicht, wozu ich das verdient habe.

'Hilf uns in dieser schweren Zeit. Amin.' beendete ich meine Dua.

Leotrim kam jeden Abend zu mir rein und setzte sich neben mich. Ach mein großer Bruder. Ich hatte das Lieben verlernt. Mein Bruder sagt jedes Mal, wir sollten nicht noch mehr trauern. Er sei an einem besseren Ort. Es war so geschrieben. Dieser Optimist. 'mach dich nicht selber fertig.' sagte er leise. 'Ich kann mich noch erinnern..' fing er an zu erzählen, '..als ihr auf die Welt gekommen seid. Du und Arian. Ich sah euch an und wusste direkt ihr werdet ein Dreamteam sein. Von Anfang an schon. Und nur weil er jetzt nicht mehr in unserer Gegenwart ist, heißt es nicht, dass er nie in unserer Vergangeheit war und in unseren Gedanken.. und vor allem in unserem Herzen. Er würde wollen, dass du weiterkämpfst. Für ihn. Für dich. Für uns alle. Und vor allem für Mama, die seitdem kein Auge richtig zu bekommt. Wie gern würde ich ihren Schmerz nehmen. Sie hat nichts mehr gegessen seitdem. Sie ist so abgemagert.' Ich sah wie ihm die Tränen runterkullerten. Ich fing auch das Weinen an. Ich hielt meine Hand vor meinem Mund, um nicht zu schluchzen. Meine Augen schlossen sich, auf Grund des Weinens. Es war pure Trauer, welche ich in mir spürte. Allah nahm mir meinen geliebten Bruder. Meinen besten Freund. Meine Motivation. Doch wieso?

rruga jem (mein Weg)Where stories live. Discover now