6. -Ein verschlossener Zeuge-

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Kaito staunte nicht schlecht, als er die Tür öffnete, um zu sehen, wer hier die ganze Zeit Sturm klingelte. Vor seinem Haus stand eine kleine Gruppe, die er in dieser Zusammensetzung nie erwartet hätte.

Bei Aoko's Anblick musste er unwillkürlich an die vergangene Nacht zurück denken und ihm wurde etwas flau im Magen. Er hatte ihren Kuss noch nicht so ganz verdauen können. Immerhin war es seine beste Freundin, die er geküsst hatte. Zudem hatte sie nicht die leiseste Ahnung, dass er Kaito Kid war. Niemand außer Ji wusste das.

Doch als er seinen Blick von ihr abwandte und weiter über die Runde schweifen ließ, wurde ihm gleich noch etwas mulmiger zu Mute. Denn gleich neben seiner Kindheitsfreundin stand Ran. Und es war nicht genug, dass vor ihm zwei Mädchen standen, von denen er sich als Kaito Kid nie ganz hatte fern halten können und dass sie sich wie Zwillinge aufs Haar glichen. Nein. Zu allem Übel stand direkt daneben auch noch der geschrumpfte Kudo, der sich immer noch als Conan Edogawa ausgab. Ob er wusste, dass er hier vor dem Meisterdieb persönlich stand?

Außer Aoko und auch Conan standen alle Besucher nun mindestens genauso geschockt wie Kaito vor dessen Haustür und starrten diesen ungläubig an. Kazuha's Augen wurden groß, Heiji sah verwirrt zwischen Kaito und Conan hin und her. Ran war die erste, die den absurden Gedanken äußerte, der allen dreien sogleich gekommen war.

„Shi... Shi-Shinichi?", stieß sie erschrocken aus und starrte den Jungen vor sich ungläubig an. Er sah haar genauso aus wie Shinichi, bis auf die Frisur. Aber das hier war nicht Shinichi. Vor ihr stand ein Fremder, egal wie bekannt er ihr vorkommen mochte.

Es ist fast verwirrender als die Begegnung mit Aoko, schoss es ihr durch den Kopf.

Conan und Kaito waren die ersten, die sich aus der Schockstarre lösten, in die sie alle beim Öffnen der Tür verfallen waren. Denn sie waren die einzigen, die sich in diesem Moment vollkommen sicher waren, dass der Oberschüler auf der Türschwelle keinesfalls Shinichi Kudo sein konnte.

Conan kam außerdem noch ein anderer Gedanke. So hatte er es also geschafft.! Sollte sein Verdacht stimmen, würde das einige ungeklärte Fragen auflösen.

Aoko fragte sich im Stillen, warum alle außer ihr unter Schock standen und brach schließlich etwas unsicher das Schweigen.

„Also... Also das hier ist Kaito, mein bester Freund."

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Kaito fuhr sich nervös durch die Haare. In dieser Situation fiel es ihm unglaublich schwer, sein Pokerface aufrecht zu erhalten. Nur ein falsches Wort und er würde sich verraten. Immerhin saßen ihm die beiden berüchtigtsten Detektive Japans gegenüber, den schlafenden Kogoro mal außen vor gelassen.

„Es geht um deinen Vater, Kaito. Wir würden dir gerne ein paar Fragen zu ihm stellen", sagte Heiji sachlich.

„Mein Vater ist tot."

„Das wissen sie, Kaito. Sie wollen herausfinden wie er gestorben ist", meinte Aoko. Gemeinsam mit Ran und dem anderen Mädchen – Kaito hatte ihren Namen schon wieder vergessen, als sie sich vor ein paar Minuten vorgestellt hatte – stand seine beste Freundin in der Tür. Auf ihren Lippen lag ein ermutigendes Lächeln.

Kaito schluckte. Obwohl der Tod seines Vaters bereits acht Jahre her war, hatte er sich nie ganz mit dieser Tatsache abfinden können. Es juckte ihm einfach in den Fingern bei dem Gedanken, dass er endlich erfahren könnte, wie und warum man seinen Vater ermordet wurde. Denn dies war ja der Grund, warum er überhaupt in die Rolle des Phantomdiebs geschlüpft war. Er musste es einfach wissen.

Aber wenn er Kudo und seinem Freund helfen würde, das Geheimnis zu lüften, würde er auch riskieren, dass sie seine zweite Identität entdeckten. Außerdem wäre jeder, der mit den Ermittlungen in Verbindung stand, der schwarzen Organisation und ihren üblen Machenschaften ausgesetzt.

Conan und Heiji beobachteten ihr Gegenüber sehr genau. Sie konnten gut verstehen, warum Kaito zögerte. Es musste ihn viel Kraft gekostet haben, den Tod seines Vaters zu überwinden und nun war er nicht sicher, ob er das Ganze noch einmal aufrollen lassen sollte, denn damit würde auch der Schmerz wiederkommen.

Aber den Jungen schien noch etwas anderes zu beschäftigen, dass ihm die Entscheidung schwer machte. Conan wusste nicht genau, was es war, doch wenn seine Vermutung stimmen sollte...

„Warum gerade jetzt?", wollte Kaito wissen.

Die beiden Detektive wechselten einen Blick. Heiji war anzusehen, dass er dem Jungen eigentlich keine falschen Hoffnungen machen wollte, doch Conan konnte seinen Verdacht auch nicht für sich behalten. Kaito hatte ein Recht darauf, es zu erfahren.

„Wir glauben,", begann der Grundschüler, „dass dein Vater noch am Leben ist."

„Also rein theoretisch... ist dies möglich", ergänzte Heiji und versuchte erfolglos, das ganze weniger absurd zu machen.

Kaito blieb still. Die Worte des Kleinen hallten in seinem Kopf wieder. „...noch am Leben ist." Es war nicht das erste Mal, dass er diese Möglichkeit in Betracht zog. Seit er in die Rolle des Kaito Kid's geschlüpft war, hatte er mehr als einmal feststellen müssen, dass sein Vater weitaus brillianter war, als er dachte. Trotzdem hatte er den Gedanken gleich wieder gestrichen. Er hatte schon immer zu seinem alten Herren aufgsehen, es wäre naiv zu glauben, dass er so ein gewaltiges Feuer überstanden hatte. Und wenn er es doch geschafft hatte: Warum hatte er seinen eigenen Sohn darüber im Unklaren gelassen?

Allerdings war dem jungen Kuroba auch bewusst, dass zwei Detektive wie Kudo und Hattori nicht ohne Hinweise behaupten würden, ein Brandopfer wäre noch am Leben.

„Mit deiner Hilfe könnten wir diese Theorie vielleicht beweisen", meinte Conan und unterbrach damit Kaito's Gedankengänge.

„Nein."

Mit dieser Aussage erntete Kaito überraschte Blicke. Offenbar hatten alle anderen Anwesenden erwartet, dass er sich auf den Vorschlag einließ.

„Was soll das heißen, nein?", fragte Aoko erzürnt und trat vor. Die Mädchen hatten das Geschehen bisher aus dem Hintergrund betrachtet.

Kaito schaute seine Kindheitsfreundin ernst an. „Nein heißt eben nein." Dann wandte er sich wieder den beiden Detektiven zu. "Eure Ermittlungen werden nichts bringen. Mein Vater ist tot und das kann niemand ändern! Ihr könnt nicht einfach so hier hereinschneien und behaupten, dass es anders wäre. Also verlasst jetzt bitte dieses Haus und lasst euch nicht mehr bei mir blicken!"

Besorgt musterte Aoko ihren Freund. Er war lange nicht mehr so in Rage geraten, aber wenn es um seinen Vater ging, war nicht mit ihm zu spaßen. Traurig ließ sie den Kopf hängen. Sie hatte geglaubt, diese Hoffnung, die die Vermutung von Heiji und dem Kleinen in ihr hervorrief, würde auch Kaito helfen. Aber nun musste sie feststellen, dass sie damit nur den Schorf von einer Wunde gerissen hatten, die viel Zeit gebraucht hatte, um zu heilen.

„Ich denke, es ist besser, wenn ihr jetzt geht", raunte sie Ran zu. Diese nickte nur und sie und Kazuha zogen ihre Freunde in Richtung Tür.

Conan schob sich mit dem Zeigefinger die Brille hoch. Er hatte schon geahnt, dass dieser Kaito nicht reden würde. Aber so schnell würde er sicher nicht aufgeben. Toichi Kuroba lebte noch, da war er sich mittlerweile ziemlich sicher.

Bevor er hinter seinen Freunden durch die Haustür trat, wandte er sich noch einmal Kaito zu. „Egal ob du das akzeptierst, mir hilfst oder nicht: Dein Vater lebt! Und ich werde es beweisen."

Detektiv Conan: Das Ende des PhantomdiebsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt