Kapitel 2

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Ich robbte ein paar Schritte vom Fenster weg und legte erschöpft das Gesicht auf den Rasen. Ich atmete den Geruch von feuchter Erde und kaltem Gras ein. In diesem Fall verband ich den Geruch mit Freiheit. Ich hob den Kopf und stütze mich mit meinen Ellbogen vom Boden ab. Ich atmete schwer ein. Ich hatte gar nicht bemerkt wie mir die Erschöpfung in die Glieder gekrochen war, doch jetzt machte sie mir das Leben schwer. Ächzend stieß ich mich vom Boden ab und kam langsam und stöhnend wieder auf meine Beine. Meine Beine zitterten leicht, anscheinend waren sie es nicht mehr gewohnt belastet zu werden. Ich seufzte und schmiss meine Haare auf den Rücken so, dass sie mich nicht störten. Ich knackte mit meinen Fingerknöcheln und schaute mich um. Ich stand in einem großen Garten, der mit bunten Blumenbeeten überhäuft war. Anscheinend legten die Besitzer dieses Hauses sehr viel Wert auf ein gepflegtes Anwesen. Ich drehte mich um und sah das Haus an. Es war zweistöckig und war in einem hellgrauen Ton gestrichen. Die Fenster waren in einem Cremefarbenen Ton gestrichen der perfekt auf die gelben Blumen im Garten abgestimmt waren. Die Besitzer dieses Hauses mussten sich wirklich viele Gedanken darüber gemacht haben. Mein Blick wanderte rüber zu einer Rosenhecke die den Eisenzaun, mit dem das Haus von der Straße getrennt war, zur Hälfte abschirmte. Ich zog meinen Pullover noch weiter über meine tauben Hände so, dass nur noch die Fingerkuppen hervor lugten. Ich fasste mit einer Hand auf die Hecke und drückte leicht darauf. Winzige Dornen bohrten sich durch den Stoff meines Pullovers und stachen in meine Haut. Ich zog die Hand weg und zog den Ärmel zurück und begutachtete meine Hand. Kleine, rote Punkte waren zu sehen aber es floss kein Blut. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und stemmte mein rechtes Knie auf die Dornenhecke. Da die Hecke mir bis zum Bauchnabel ging, musste ich mich nach vorne bücken um den Eisenzaun zu ergreifen um mich dann langsam auf die Hecke zu hieven. Lauter Sticke durchbohrten mein Knie und mein Schienbein, es war nur ein leichter Schmerz doch dennoch war es furchtbar unangenehm.
Ich saß nun auf der Hecke, mit meinem Schienbein nach unten. Ich ergriff mit beiden Händen nun eine Eisenstrebe des Zaunes und zog mich langsam hoch. Mit wackeligen Knien stand ich auf der Hecke und klammerte mich hektisch an den Zaun. Die Hecke krachte schon unter mir und gab mir zu verstehen, dass ich nur noch wenig Zeit hatte bis sie unter mir zusammenkrachte. Ich stellte einen Fuß in einen Zwischenraum im Zaun und stieß mich ab. Mein linker Fuß baumelte einen Moment in der Luft ehe er Halt im Zaun fand. Ich kletterte etwas unbeholfen den Zaun hinauf weil mein Fuß immer wieder von den rutschigen Streben abrutschte und ich für einen Moment bangen musste, dass ich herunter fiel.
Ich ergriff die oberste Strebe des Zaunes und zog mich ächzend hoch. Ich hing nun mit meinem Bauch über dem Zaun und klammerte mich kopfüber am Zaun fest. „Geniale Idee, Mable.“, fluchte ich leise und biss die Zähne aufeinander weil sich die Strebe in meinen Bauch drückte. Mit meiner rechten Hand tastete ich die Streben nach unten ab und hielt  mich mit der anderen noch oben fest. Als ich endlich Halt in einer der Streben fand, zog ich meine Beine nach und konnte mich gerade noch so halten. Doch dank des Rückstoßes prallte ich mit meinem Kopf gegen den Zaun und stöhnte vor Schmerz. Ich stand langsam auf und stolperte ein paar Schritte voraus.
Ich sah auf und versuchte mich zu orientieren aber ich hatte keine Ahnung wo ich war. Geschweige denn wie ich hier her gekommen bin. Oder was sich hier abgespielt hatte. Aber ich wusste eins; Ich war nicht ohne Grund hier und jetzt war es meine Aufgabe herauszufinden, was ich hier eigentlich machte. Ich rieb meine Hände aneinander um Wärme zu erzeugen und lief dann die Straße entlang. Obwohl ich keine Ahnung hatte wo ich eigentlich nun herauskam. Es war kühl draußen aber wahrscheinlich fühlte es sich eindeutig kühler an als es eigentlich war. Ich war unterkühlt. Doch ich konnte jetzt nicht stehen bleiben, schließlich bin ich ja nicht umsonst aus dem Keller gekrochen. Ein seichter Wind kam von hinten und mir lief es kalt den Rücken runter. Ich lief durch eine Nachbarschaft, es war eine dieser typischen Nachbarschaften, nichts nobles nur ganz normale Familienhäuser. Ich verschränkte die Arme vor meinem Körper um den Wind unter meine Klamotten dringen zu lassen. Ich sah an mir herunter während ich ging und erst jetzt bemerkte ich erst wie schmutzig ich war. Meine Jeans war mit dunklen Erdflecken überzogen und an meinem linken Knie klaffte ein großes Loch. Ich hob meine Hand und sah das sich allerlei Dreck unter meinen Fingernägeln gesammelt hat und die Nagelhaut war blutig.
Ich kniff die Augen zusammen. Ich verdrängte die Erinnerungen an das was geschehen ist und atmete tief ein und aus. Alles ist gut. Niemand kann dich verletzten. Du bist in Sicherheit. Es hörte sich eher wie eine Pflicht an mir diese Worte einzureden denn ich glaubte sie nicht. Meine schwarzbraunen Haare wehten im Wind und ich genoss den Windzug der meine Haut umhüllte. Ich fror. Doch ich war frei und das war ziemlich viel wert.
Ich hörte Schritte hinter mir doch ich drehte mich nicht um. Niemand auf der Welt interessierte mich jetzt. Doch die Person hinter mir dache anders und riss mich aus den Gedanken. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter doch ich blieb nicht stehen. „Mable ..?“, fragte jemand mit schwacher Stimme. Und gerade als ich meinen Namen hörte zogen unzählige Erinnerungen vor meinen Augen vorbei die aber sogleich erloschen.
„Mable … bist du das?“ Die Stimme kam mir bekannt vor doch ich wagte es nicht mich umzudrehen. Die Person fasste mir erneut an die Schulter doch ich rührte mich nicht vom Fleck. Die Person packte mich an beiden Schultern und drehte mich um. Und als ich dessen Gesicht sah traf es mich wie ein Schlag.

The Night With The Thousand Sounds (Fortsetzung von TNWTTE)Where stories live. Discover now