Kapitel 9

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„Ich weiß nicht was passiert ist.“, sagte eine Frauenstimme mit einem weinerlichen Unterton. „Sie ist einfach zusammengekracht. Ohne jeglichen Grund.“ Ich wälzte mich herum, öffnete meine Augen jedoch nicht.
„Sie wird doch wieder, oder?“ Melissa.
„Ich schätze ihr Kreislauf hat für einen Moment versagt. Das ist nichts Ernstes. Sie wird sich schnell wieder erholen.“, sagte eine tiefe männliche Stimme. Was ging hier vor sich? Mein Kopf fühlte sich so an als würde er explodieren. Ich lag auf etwas Weichem. Sofort stieg in mir wieder die Panik hoch doch ich beruhigte mich als ich merkte, dass ich mich frei bewegen konnte. Was war passiert? Und vor allem; Wer war ich?
War ich der tote Scott? Oder Mable? Oder vielleicht doch jemand ganz anderes? Jemand legte mir seine warme Hand auf die Stirn und dann entschied ich mich dafür meine Augen ein kleines Stück zu öffnen.
Melissa sah mich besorgt an und als sie sah, dass ich wach war strich sie mir sanft über die Stirn. „Was …“, krächzte ich, „was ist passiert?“
Melissa lächelte mich sanft an. „Du bist ohnmächtig geworden. Der Arzt sagt dein Kreislauf ist zusammen gebrochen.“ Sofort saß ich kerzengerade im Bett doch Melissa hielt mich an den Schultern fest und sah mich eindringlich an. „Arzt?!“, hauchte ich weil mir die Stimme vor Schreck im Hals stecken blieb. „Ganz ruhig, Mable.“, sagte sie. Ich sah sie entgeistert und panisch zu gleich an. „Ganz ruhig? Ich bin für tot erklärt wurden!“, zischte ich doch bereute es gleich wieder als ich Melissa’s traurigen Gesichtsausdruck sah. „Ich bin nicht von der dummen Sorte“, erklärte sie mir, „ich hab das geregelt.“ Ich schüttelte vor Verzweiflung den Kopf. „Wie können sie das geregelt haben? Das ist keine Sache die man einfach so regeln kann!“, flüsterte ich verzweifelt. Ich schwang meine Beine aus dem Bett. „Ich muss hier weg.“, sagte ich bestimmt. Doch Melissa drückte meinen Oberkörper wieder in die Matratze. „Ich habe ihnen erklärt, dass du meine Nichte bist.“, sagte sie ruhig. Zu ruhig. Sogar ruhiger als Stiles damals. Oder wann auch immer das war. Ich merkte wie die Verzweiflung in mir aufstieg.
„Ich muss zu … zu … Derek. Ich muss weg hier, weg aus der Öffentlichkeit. Melissa … ich hab zu viele offene Fragen und zu viele Leute die mich nicht sehen sollten. Ich kann hier nicht ruhig liegen bleiben.“
Ich ging mir einmal kurz durch meine zerzausten Haare. „Verdammt, ich weiß noch nicht einmal mehr was ruhig bedeutet.“
Melissa sah mich sanft an, strich mir über die Haare und deckte mich zu.
„Und genau das ist der Grund warum du dich einfach hinlegen musst. Du musst dich ausruhen.“ Dann stand sie auf. „Warum sind sie so nett zu mir? Warum rennen sie nicht schreiend davon? Oder rufen die Polizei? Oder das Bestattungsinstitut damit sie mich wieder in eine kleine Kiste packen können. Warum verhalten sie sich nicht wie ein normaler Mensch?“
Melissa lächelte leicht. „Ich schätze ich weiß nicht einmal mehr was normal bedeutet.“ Und dann verließ sie den Raum.

Melissa war schon lange weg. Und obwohl ihre Worte einen ziemlich relevanten Sinn ergaben konnte ich mich nicht zurücklehnen und entspannen. Ich meine, klar, Melissa hatte für mich gesorgt, dass ich kein Aufsehen errege aber es muss mindestens einen Menschen geben der ihre Lüge durchschaut hat, oder etwa nicht? So läuft es immer, man denkt, dass man sicher ist und dann bekommt man von der Realität einen Schlag auf den Schädel. So als würde das Leben dir zurufen „Hey! Du bist noch lange nicht fertig! Steh auf und mach weiter, fertig bist du erst wenn du verreckst.“ Jedenfalls scheint es immer so. So, als würde man nie zur Ruhe kommen außer man liegt bettelnd am Boden während man Blut kotzt und um sein Leben wimmert. Verdammt, ich muss hier raus.
Aber wie schafft man es aus einem Krankenhaus zu fliehen? Damit hatte ich noch keine Erfahrungen gemacht. Das Krankenzimmer, in dem ich lag, hatte ein Fenster mit dem ich raus auf den völlig überbelichteten Flur sehen konnte. Der Vorhang war nur auf einer Seite zugezogen so, dass ich immer noch perfekt auf das Geschehen draußen sehen konnte.
Und immer wieder spielte sich der gleiche Gedanke in meinem Kopf ab
Du musst hier raus. Raus. Raus. RAUS.
Aber wie, verdammt?
Ich fasste mir an meine viel zu heiße Stirn und atmete tief durch. Beruhige dich. Ich rieb mir einmal kurz über die Augen um ein wenig Stress von mir abfallen zu lassen und sah erneut zum Fenster rüber.
Ich setzte mich ruhig auf und sah nach draußen um irgendwelche Ärzte zu finden die mich möglicherweise beobachteten. Aber da draußen war niemand mit einem weißen Arztkittel. Ich schwang meine Füße aus dem Bett und zuckte kurz zusammen als ich die Kälte des Fußbodens spürte, doch ich stand dennoch auf. Ich schlich schnell am Fenster vorbei und kniff kurz die Augen zusammen und wartete ab ob sich die Tür neben mir öffnete.
Als dies nicht der Fall war atmete ich erleichtert auf.
Aber ich konnte mir nicht viel Zeit lassen, wer weiß wann jemand nach mir sieht. Klamotten. Wo sind meine Klamotten?
Ich sah mich um doch der Raum war stockdunkel. Die Digitaluhr auf meinem Schreibtisch zeigte die Uhrzeit 21:26 Uhr. Na super.
Fliehen bei Nacht? Was für ein Traum.
Ich tastete nach dem Lichtschalter doch stockte. Ich konnte doch jetzt nicht einfach das Licht anmachen. Total unauffällig, Mable. Total.
Andererseits konnte ich ja auch nicht in diesem Nachthemd aus der Tür raus spazieren. Ich tapste durch die Dunkelheit während ich mich an der Wand entlang tastete. Ich suchte nach einem Schrank, oder einer Kommode oder irgendwo nach wo meine Klamotten lagen, die mir Ava, oder wer auch immer, angezogen hatte. Ava. Wo war sie jetzt? Was hatte sie vor?
Und wo war Derek? Suchte er überhaupt nach mir? Oder war er erleichtert, dass ich weg war?
Jemand klopfte an der Tür. Ich zuckte zusammen, so stark, dass ich fast auf den Boden fiel.
Verdammt. Verdammt. Verdammt.
Es klopfte nochmal. Ich fing an zu zittern und lief voller Panik zum Bett zurück. Verdammt. Verdammt. Verdammt. Ich kniete mich mit einem Bein ins Bett doch da ging die Tür schon auf.

Ich reagierte unfassbar schnell, dass ich noch nicht mal realisiert habe, dass ich schon im Bett lag. Die Person die rein kam, schaltete das Licht nicht ein. Doch ich konnte ihren Schatten erkennen. Es war eine kleine, zierliche Person. Und sie lief unfassbar langsam. Mein Puls ging viel zu schnell. Und ich kniff meine Augen so stark zusammen, dass meine Augenlider schmerzten. Nicht bewegen. Mach absolut gar nichts. Vielleicht geht die Person wieder wenn sie merkt, dass du schläfst … oder immerhin so tust.
Doch die Person ging nicht und je näher sie kam desto panischer wurde ich. Ich hörte wie die Person seufzte. Und dann merkte  ich eine Hand auf meiner Wange und ich musste mich dazu zwingen nicht sofort aufzuspringen.
„Ach Mable, warum hast du nicht einfach auf mich gehört?“
Ich krallte mich in meine Bettlaken und versuchte möglichst normal zu erscheinen. Sie strich mir über das Haar. „Hättest du nur auf mich gehört“, sie kam näher zu meinem Ohr, „es hätte alles perfekt sein können.“
Wieder strich sie mir über die Wange. Doch diesmal konnte ich nicht anders und öffnete meine Augen ein Stück.
Die Person starrte mich an. Ich starrte sie an. Und das einzige was in diesem Moment noch meinen Kopf durchquerte war das Wort Nein.
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Ähem ... ja nach 2 Monaten geht's hier auch mal weiter. Ich bin mir zwar sicher, dass ich jeden Leser bei dieser Story verloren habe aber ich versuch's nochmal.
Jedenfalls in dieser Story wird Mable zu einem kleinen Pessimist also wird das auf jeden Fall nochmal interessant.
Wer auch immer das hier gerade liest, ich hoffe dir hat es gefallen :)
Wir sehen uns dann wohl in 2 Tagen beim nächsten Kapitel ^.^

The Night With The Thousand Sounds (Fortsetzung von TNWTTE)Where stories live. Discover now