Kapitel 10

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Ava starrte mich mit solch einer Ruhe an, dass ich nicht einschätzen konnte ob sie wütend war oder nicht. Ihr Blick zeigte keinerlei Ausdruck. Sie lächelte nicht. Ihre Augen waren direkt auf meine gerichtet aber sie wirkten dennoch nicht bedrohlich. Die Gesamtsituation schon.
Und ich lag immer noch im Krankenhausbett, steif wie eh und je, und starrte Ava an und dachte darüber nach was sie wohl als Nächstes tun würde. Doch sie tat nichts. Gar nichts. Sie stand nur da, den Blick auf mich gerichtet, ohne sich zu bewegen. Wenn die ganze Situation nicht nur so absurd gewesen wäre dann hätte ich wohl jetzt angefangen zu lachen.
Doch ich lachte nicht. Ich starrte Ava bloß an.
Sie wartete auf meine Reaktion. Ja. Sie wartete so lange bis ich den ersten Schritt tat und auf alles reagierte. Sie erwartete nicht, dass ich schrie oder Ähnliches. Sie kannte mich zu gut. Klar, du lagst ja auch Einen Monat bewusstlos in ihrem Keller. Sofort verdrängte ich diese Erinnerung. Ava war verdammt gut darin einen einzuschüchtern. Obwohl sie eher zierlich und niedlich aussah doch man konnte nur erahnen, dass sie es faustdick hinter den Ohren hatte. So jemand, der dir das Messer in die Rippen rammt wenn du ihr den Rücken zukehrst. Super, Mable, mache die Situation halt noch unangenehmer. „Ava …“, sagte ich kaum hörbar. Es war eher an mich gerichtet weil ich es immer noch nicht glauben konnte doch sie reagierte dennoch. „Warum bist du weggelaufen?“, fragte sie. Gleich zur Sache, na klar. Ich stieß einen verächtlichen Laut aus. „Wärst du denn in einem fremden Keller geblieben mit einem fremden Mädchen, dass dich versorgt? Ich war verdammt lang bewusstlos, ich erinnere mich an gar nichts mehr! Ich wollte herausfinden wer ich bin.“
Ava sagte nichts. Wahrscheinlich fiel ihr nichts darauf ein. Oder sie überlegte sich wie sie mir das Leben zur Hölle machen konnte.
„Ich wollte dich nur schützen.“, flüsterte sie und unterbrach damit meine Gedanken. „Wovor denn?“, fragte ich sofort und setzte mich im Bett auf. Ava schüttelte verzweifelt den Kopf. „Das kann ich dir nicht sagen, Mable. Das ist ja das Problem. Ich kann dir nichts sagen.“ Ich schüttelte leicht den Kopf.
„Und du erwartest von mir, dass ich dir vertraue? Obwohl du mir rein gar nichts sagst?“, fragte ich sie und sah sie eindringlich an.
Ava merkte, dass ich ihr unheimlich misstraute. „Du musst mir einfach vertrauen. Es gibt keine andere Möglichkeit.“
Ich starrte Ava an. Sie sah aus wie ein kleines, verzweifeltes Mädchen doch ich traute ihr nicht. Sie gab mir auch keinen Grund dieses zu tun.
„Wie stellst du dir das vor? Du brichst in mein Krankenzimmer ein und willst sofort, dass ich aufspringe und dir vertraue? So läuft das nicht, Ava.“ Ich versuchte möglichst bestimmt zu klingen doch ich bekam das nicht besonders gut hin. Ava spürte, dass sie mich einschüchterte. Ihre Präsenz hatte schon etwas Gruseliges an sich. Was absurd war denn Ava war ein kleines, zierliches Mädchen mit blonden Engelslocken und blauen Strahleaugen. Ava sah mich an und zog die Augenbrauen hoch. „Es gibt keine andere Option, Mable. Du bist in Gefahr. Dir zu sagen wer dir schaden möchte ist unwichtig und außerdem würdest du dir viel zu viel Sorgen machen. Du hast ja selbst bewiesen, dass du auf Alleingänge bestehst.“ Ava klang schnippisch aber, so sehr ich mich dafür ohrfeigen möchte, sie klang vernünftig. Vertrau nicht der Irren. „Ihr wisst alle mehr über mich als ich selbst. Ich habe Angst, Ava. Ich weiß nicht wer der Feind ist. Vielleicht bin ich ja selbst mein größter Feind. Ich hasse es in Ungewissheit zu schwelgen.“ Ich versuchte Ava zu erklären, dass die Ungewissheit was die eigene Identität betrifft das aller schlimmste ist, als alles andere was man sich vorstellen kann. Aber Ava konnte sowas nicht nachvollziehen. Sie befand sich ja auch schließlich nicht in meiner Situation.
„Denkst du, wenn ich dir etwas Böses tun wollte, dass ich dich für einen Monat in meinem Keller einquartiert hätte, dir Essen und Trinken eingeflößt und Fiebermedikamente verabreicht hätte? Ich hab dich zugedeckt und dir in besonders kalten Nächten meine Klamotten angezogen, verdammt! Ich will dich nur schützen. Und das geht nur wenn wir aus der Öffentlichkeit verschwinden. Niemand hat jemals etwas von dir gesehen. Du bist offiziell tot. Im Grab.“ Sie hatte Recht. Bist du jetzt völlig wahnsinnig geworden?! „Melissa hat mich gesehen. Und Derek.“

Beim Namen Derek weiteten sich ihre Augen ein Stück doch sie sagte nicht mehr dazu. „Melissa wird denken, dass sie sich das eingebildet hat. Sie hat ihren Sohn verloren das kann der Psyche extrem zusetzen.“, sagte Ava bestimmt. „Ich habe eine Krankenakte.“, erklärte ich Ava sorgfältig. Sie lachte leicht. „Als wäre das so eine große Herausforderung.“
Sie sagte das mit so einer Leichtigkeit als hätte ich ihr gerade etwas total Lächerliches gesagt. „Was wenn mich jemand sieht, Ava?“ Sie schüttelte den Kopf und strich mir übers Haar. „Ach, Mable, wie naiv du doch bist. Mich hat niemand reingehen sehen. Und dich wird niemand rausgehen sehen. Dafür werde ich sorgen.“ Ich schluckte. Sie war unheimlich. Doch ich begann ihr zu vertrauen. Vertrau. Nicht. Der. Irren. Leichter gesagt als getan.
„Wir sollten aufbrechen“, sagte Ava, „wir wollen doch nichts riskieren.
Ava lächelte und ich hätte schwören können, in ihren Augen etwas Böses aufleuchten gesehen zu haben.

Ich schloss mich der Irren an. Ja, ich geb’s zu, ich ging mit Ava mit. Mein Unterbewusstsein schrie mich in meinem Kopf an, wie dämlich ich doch sei mich dem Feind anzuschließen. Aber ich hatte Gefühl, dass es nicht das erste Mal gewesen ist, dass ich etwas Dummes getan hatte. Und dann war da auch noch Derek’s Spruch: „Im Grunde hast du 99 % geschlafen und du warst 1 % hier in dieser Stadt. Doch dieses 1 % hatte ausgenügt um dich sterben zu lassen und sehr viele Leute mit einem gebrochenem Herzen.“ Und ich wusste immer noch nicht was das bedeutete. Doch vielleicht fand ich das noch heraus. Und wenn nicht, dann muss ich halt damit leben. Denn immerhin hatte ich das Glück noch am Leben zu sein.
Und in diesem Moment hörte mein Unterbewusstsein auf zu schreien und sagte nur noch: „Hüte dich vor der Irren. Vielleicht ist das der letze Moment wo du die Zivilisation siehst. Pass auf.  Du kannst Isaac nicht enttäuschen.“
Und in diesem Moment merkte ich wie mein Gedächtnis seine schwere Tür aufmachte und mir ein Teil meiner Erinnerung gewährt wurde.
Und in diesem Moment wirkte diese ganze Situation nicht so bedrohlich.
Und in diesem Moment hätte ich mir wünschen sollen in die Zukunft sehen zu können.
Und in diesem Moment hatte ich gedacht, dass alles okay war.
Und in diesem Moment hatte ich noch keine Ahnung wie falsch ich mit dieser Ansicht war.

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Da ich in einem bescheuerten Bundesland lebe, wo die Sommerferien erst am 31. August beginnen hatte ich die letzen 2 Monate verdammt viel mit der Schule zu tun.
Und im Moment bin ich total erkältet und hatte die Motivation nicht hier weiterzuschreiben. Aber nachdem ich in den letzten Tagen nichts anderes getan habe als Pretty Little Liars zu schauen habe ich endlich wieder Motivation gefunden, diese Geschichte anzurühren. Und ich muss sagen, ich bin ganz zufrieden damit. Hoffe ihr seid es auch :D

The Night With The Thousand Sounds (Fortsetzung von TNWTTE)Where stories live. Discover now