Kapitel 3

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Am Nachmittag des angefangenen Tages schlug Teon vor, das Kämpfen zu üben und zu verbessern. Auch ich sollte mitmachen, was mich nicht sonderlich glücklich machte. Dennoch war ich aufgeregt und gespannt darauf, was für Tricks ich heute lernen würde. Ich saß am Rand der Lichtung während sich auch alle anderen versammelt hatten.
,,Aska, du trainierst mit mir; Schitzka mit Eros; Schyn mit Force; Ellie du tust dich mit Flira zusammen und Rasko, du kannst mit Roy und Tax etwas üben. Auch die Jungen müssen irgendwann damit anfangen. Natürlich nur, wenn Aska damit einverstanden ist", gab Teon die Anweisungen.
Aska nickte zustimmend, doch ihre Augen funkelten besorgt. Rasko sprang über die Lichtung auf sie zu.
,,Ich werde vorsichtig sein. Außerdem kämpfen wir ja nicht richtig, ich zeige Ihnen nur einige Techniken, wie sie sich verteidigen können."
Aska neigte dankbar den Kopf.
,,Ich danke dir."
Bei heran kommenden Schritten wandte ich mich von der Mutter der beiden Jungen ab. Flira, eine braune Wölfin, stellte sich vor mich, bereit anzufangen.
,,Ich glaube, du hast schon mal mit Schyn geübt, oder?"
Ich bejahte ihre Frage und fügte verlegen hinzu: ,,Ich kenne aber nur wenige Tricks."
,,Macht nichts, aus solchen Gründen sollen wir uns schließlich verbessern."
Ich lächelte ihr dankbar zu.
,,OK, fangen wir an."
Flira machte zwei Schritte nach vorne.
,,Die häufigste Form eines Angriffs startet mit einem Sprung ans Genick, um den Gegner sofort zu töten oder zu überwältigen, wobei ich denke, dass man bei einem Menschen eher auf die Beine zielt", überlegte meine Partnerin laut.
,,Dagegen könntest du dich eventuell wehren, indem du versuchst auszuweichen oder sofort einen Gegenangriff startest, was den Gegner mehr verwirren würde. Es gibt schließlich nicht viele Menschen, die kämpfen können."
Ich musste mir ein Lachen verkneifen.
,,Da hast du recht. Aber was ist, wenn ich dich verletzte oder du mich?"
,,Wir passen auf. Und wenn du meinen Kralle ausweichen willst, tust du es wenigstens so, als wäre es ein echter Kampf. Versuch es einfach mal."
Ich atmete nervös ein und wieder aus und wartete auf Fliras Reaktion. Diese stand jedoch starr vor mir und bewegte sich nicht. Urplötzlich stieß sie sich mit den Hinterbeinen ab und war mit einem Satz bei mir, wo sie sofort die Pfote zum Schlag ausholte. Ich hatte gerade noch Zeit nach hinten zu stolpern, wo ich vor dem ersten Angriff zu meinem Glück aber in Sicherheit war. Doch Flira war sofort wieder bei mir und biss vorsichtig in mein Bein. Ich erstarrte und wagte nicht, mich zu bewegen. Flira ließ von mir ab und sah belustigt zu mir auf.
,,So wird das aber nichts! Tritt oder schlag mich ruhig, ich habe eindeutig schon schlimmeres erlebt."
Ich nickte widerstrebend und wappnete mich vor dem nächsten Angriff. Schon machte sich Flira wieder an meinem linken Bein zu schaffen. Ich zog es instinktiv weg und holte mit ihm aus, doch der Wölfin war es ein Leichtes meinem Verteidigungsversuch auszuweichen. Ich biss mir verzweifelt auf die Lippe.
,,Weißt du, ich bin einfach nicht dazu geboren, anderen weh zu tun", sagte ich nervös. ,,Vielleicht ist es besser, wenn ich später eure Wunden versorge."
Flira setzte sich auf den weichen Boden.
,,Das wäre natürlich auch eine Möglichkeit. Weißt du, wie man so etwas macht?"
,,Nein aber ich könnte in der Stadt nach Büchern über so etwas suchen. Meine Mutter hatte früher eines über Kräuter und ihre Wirkungen."
Ich sah zum Himmel. Die Sonne stand noch hoch am Himmel, es wäre heute noch genug Zeit, die Bücherei zu beklauen. Flira stand auf und schüttelte sich Grasfetzen aus dem Fell.
,,Willst du jetzt gehen oder im Dunklen?", fragte die Wölfin.
,,Ich denke ich gehe in der Abenddämmerung."
Ich fragte mich, ob ich den Wölfen etwas Fleisch oder ähnliches mitbringen sollte, doch diese würden vermutlich wieder ablehnen, wie früher so oft auch. Ihr Stolz war eindeutig mächtiger als der nagende Hunger des Winters. Während die anderen Wölfe noch spielerisch kämpften, ging ich in den Wald und sammelte kleine Äste und Zweige für ein Feuer. Anschließend trug ich sie zur Lichtung und entlud sie auf der Feuerstelle hinter dem umgestürzten Baum. Dort waren alle anderen vor dem Feuer geschützt und ich konnte ungestört das Fleisch braten. Doch erst einmal brauche ich Fleisch! Ich könnte mir ein Stück von den erbeuteten nehmen, doch meine Freunde würden gleich nach dem Training hungrig sein. Seufzend kletterte ich über den Stamm des abgestorbenen Baumes und lugte in die entstandenen Risse. Im größten Loch traf meine Hand auf glattes Holz und ich zog meinen Bogen heraus, zusammen mit vier Pfeilen, die in einem provisorischen Köcher untergebracht waren. Den Bogen und die Pfeile hatte ich mir mit einem Messer aus dem Kinderheim selbst geschnitzt, weshalb sie nicht so perfekt waren wie diejenigen, die man in Geschäften kaufen konnte. Es hatte für die letzten drei Jahre gereicht und würde hoffentlich auch noch lange so bleiben. Mit schnellen Schritten lief ich zwischen den hohen Bäumen hindurch und achtete auf jede noch so kleine Bewegung. Ungeduldig streunte ich in unserem Revier umher und wurde erst auf dem Rückweg fündig. Eine Herde von Rehen, bestehend aus drei ausgewachsenen Tieren und einem Jung-Tier. Es waren öfters Rehe, manchmal sogar Hirsche, in den Wäldern unterwegs, auch wenn sie die Nähe des Lagers mieden. Vermutlich war der Geruch nach Wolf und Mensch dort zu stark. Ich legte einen Pfeil an die Sehne und spannte den Bogen. Bevor ich schoss, ziehlte ich stets genau. Doch Rehe waren nicht schwer zu töten. Rasendschnell zischte der Pfeil auf die Tiere zu und bohrte sich in den Hals eines Männchens. Die anderen drei hoben erschrocken die Köpfe und stürmten davon. Ich kämpfte mich durch das Gebüsch zu dem bereits toten Tier. Nach solch langer Zeit fiel es mir nicht mehr schwer, zu morden um zu überleben. Mit der zusätzlichen Last kam ich nur langsam voran. Als ich die Lichtung entdeckte, stand die Sonne nur noch knapp über den sanften Bergen, wie ich zwischen den Bäumen hindurch nur schwach erkennen konnte.
Zweige brachen unter meinen noch nicht allzu alten Schuhen, auf dem Weg zur Feuerstelle. Heute würde ich den restlichen Abend damit verbringen, mir mein Abendessen zu grillen. Ich hockte mich neben die zuvor hergebrachten Äste und stapelte sie zu einem Dreieck, damit die Luft besser hindurchglitt und das Feuer nicht wieder ausging, hätte ich es erst angemacht. Ich nahm einen dünnen, geraden Zweig und stellte ihn auf ein größeres Stück Holz. Daneben legte ich die kleinsten Holzstücke, die ich finden konnte. Als alles bereit war, nahm ich den dünnen Zweig und drehte ihn mit meinen Handflächen. Nach einigen Versuchen entsprangen diesem durch die Reibung helle Funken, wodurch die Holzstücke angezündet wurden, die ich, als sie ordentlich brannten, auf die Feuerstelle schob. Sobald die kleinen Flammen sich auf die größeren Holzstücke übertragen hatten und einige Stücke brannten, widmete ich meine Aufmerksamkeit dem erlegten Reh. Geschickt zog ich die Haut ab und hängte diese auf Speeren über das Feuer, damit die Kleintiere und sonstigen Keime verbrannten und ich das Fell den Wölfen für ihre Nester geben konnte. Das Fleisch spieste ich auf und briet es, bis es braun wurde. Hungrig biss ich in das knusprige Steak. Ich aß ein Viertel des Brockens, den restlichen Teil verstaute ich neben meiner Schlafmulde. Gesättigt ging ich wieder zum Feuer und sah auf zu den Sternen. Ich erkannte den großen Wagen und auch die Sterne des Orions strahlten hell an dem klaren Abend. Gedankenverloren beobachtete ich, wie eine Sternschnuppe über den Himmel raste und sich auflöste. Bei einem wütenden Knurren fuhr ich zusammen und drehte mich erschrocken um. In den Schatten der Bäume konnte ich jedoch nichts erkennen. Verunsichert stand ich auf, ließ das Feuer weiter vor sich hin brennen und stieg über den umgefallenen Baum. Mein Herz schlug schneller, ich wusste ich wurde beobachtet. Auch die anderen Wölfe schienen das Knurren gehört zu haben, denn sie sahen sich ebenfalls unsicher um. Teon und Force hatten sich beim Eingang positioniert, Eros, Rasko, Schitzka und Flira suchten mit zusammengekniffenen Augen das Unterholz ab. Aska zog ihre beiden Jungen näher zu sich und hatte das Fell gesträubt, Schyn stellte sich wortlos neben mich und lauschte. Und dann, ganz plötzlich, sahen wir die Ursache für das Geräusch: Bären!

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Jetzt wird es etwas spannender!
Ich hoffe euch gefällt das Kapitel und danke an alle, die für diese Geschichte voten und Kommis schreiben!!

Das nächste Kapitel kommt am Freitag.

~Sonnenfunke~

Delta ~ Mythos der WölfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt