Kapitel 21

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,,Schnappt sie euch!", rief der Anführer der Verfolger und die drei Kerle stürmten auf uns zu. Einer zog mich grob von den Wölfen weg. Seine starke Hand umfasste mein Handgelenk und egal wie heftig ich mich wehrte, er ließ nicht locker.
Lass mich los!
Verzweifelt trat ich nach dem Fremden, woraufhin er einen Arm um meinen Körper legte, so dass ich hilflos in der Luft zappelte. Obwohl ich keine große Hoffnung mehr auf eine weiter Flucht hatte, holte ich noch einmal alles aus mir heraus und biss dem verfluchten Mann in die Hand. Er stieß einen Schmerzensschrei aus und drückte mich fest an die Hauswand. Blut tropfte auf den Boden.
,,Scheiße! Sie hat mich gebissen!"
Ich wollte etwas erwidern, aber da kam der Anführer zu mir und warf mir einen undeutbaren Blick zu.
,,Keine Sorge Mädchen." Seine Stimme war erschreckend sanft. ,,Du bist jetzt in Sicherheit. Die Viecher können dir nichts mehr tun."
Vor Staunen blieb mir der Mund offen stehen. Die dachten doch tatsächlich, ich wäre vor den Wölfen davongelaufen. Als ob Schyn und Force mir jemals etwas tun würden! Aber dann fiel mir wieder ein, dass das Menschen vor mir waren. Sie mussten die Tiere als Bedrohung sehen, so wie sie es immer taten, nur weil sie sie nicht steuern konnten. Ihre Gehirne begriffen einfach nicht, dass auch wilde Tiere gute Absichten haben konnten.
,,Das sind doch tatsächlich verfluchte Wölfe! In unserer Stadt!" Der kleinste der Männer hatte eine lange Waffe in der Hand, bei dessen Anblick ich mich fast zu Tode erschrak. Er wollte die Wölfe doch wohl nicht erschießen, oder?
Schyn setzte den Welpen ab und stellte sich schützend vor ihn. Er konnte nicht wissen, dass die Waffe gefährlich war, denn er hatte schließlich noch nie eine gesehen oder gar davon gehört.
,,Lassen Sie die Wölfe in Ruhe", brachte ich zitternd heraus, als ich endlich meine Stimme wieder gefunden hatte. Vier erstaunte Gesichter wandten sich zu mir. Was waren die denn so begriffsstutzig! Hatten die etwa immer noch nicht verstanden, dass ich zu den Tieren gehörte?
Der Anführer sah mich nachdenklich an, sein Blick bohrte sich in meinen. Ohne mit der Wimper zu zucken hielt ich ihm stand.
,,Lass sie los, Michael."
Michael nahm seine Hand von meinem Kragen und ich atmete erleichtert aus.
,,Loan, Stephen, Peter, wir knüpfen uns die Wölfe vor. Michael, du bringst das Kind hier weg. Und versuche herauszufinden, wer die Eltern sind."
Da könnt ihr lange suchen, dachte ich mürrisch. Hilflos musste ich mitansehen, wie Loan die Waffe auf die Wölfe richtete und drei mal abdrückte.
,,Nein", schrie ich entsetzt auf und wollte zu ihnen laufen, aber Michael drängte mich von ihnen weg und zerrte mich unsanft hinter sich her.
,,Die sind nur betäubt. Kein Grund sich so aufzuregen."
Unbändige Wut verdrängte die Angst in meinem Körper und ich wehrte mich mit allen Mitteln. Meine unebenen Fingernägel gruben sich in das Gesicht des Mannes und ich drückte so fest zu, wie ich konnte. Fünf rote Striemen zeichneten sich auf der Wange ab, die hübsche Narben hinterlassen würden. Meine Augen kniff ich zu wütenden Schlitzen zusammen. Die sehen noch, wen sie hier eingefangen haben!
,,Haltet mir die Raubkatze vom Leib", brüllte Michael unter Schmerzen. Ich umklammerte seinen Hals mit meinen Fingern und ließ auch nicht locker, als Hände mich von ihm wegzerren wollten. Nicht aufgeben! Jetzt bloß nicht nachlassen, ermunterte ich mich selbst voller Hass auf die Menschen, die ohne Grund auf Wölfe schossen.
Plötzlich schoss ein unbändiges Feuer durch meinen Hinterkopf. Mein Mund öffnete sich in Ungläubigkeit, ich kippte zur Seite und starke Hände fingen mich auf. Dann wurde ich bewusstlos.

Weiße Wände schwebten an mir vorbei. Stimmen sagten etwas, aber ich war zu benommen, um sie zu verstehen. Eine Schwerelosigkeit umfing mich, die ich nicht verstand. Was sollte das? Stieg ich grad in den Himmel hinauf? War ich tot? Ich konnte die Antworten nicht finden und dämmerte langsam wieder weg.

Helles Licht schien warm auf mein Gesicht und zog mich sanft aus dem Schlaf. Genüsslich streckte ich mich, doch da fiel mir wieder ein, warum ich hier war. Wo auch immer hier war. Meine ausgeruhten Augen schlugen sich wie von alleine auf und inspizierten den weißen Raum, in dem ich lag. Außer dem Bett, einem Schrank, einem kleinen Tisch und zwei Stühlen war das Zimmer leer. Ein Krankenhaus. Der Vorhang vor dem Fenster war zurückgezogen und ließ die Strahlen der morgendlichen Sonne herein.
Ich hatte schon seit vier Jahren in keinem richtigen Bett mehr geschlafen, geschweige denn, ein Dach über dem Kopf gehabt. Einen kurzen Moment genoss ich die Gemütlichkeit, aber das wohlhabende Gefühl hielt nicht lange an. Ich fühlte mich hier drinnen fehl am Platz. Eingesperrt, wie in einem Gefängnis. Ich musste den Himmel über meinem Kopf sehen, die vielen Bäume rascheln hören und den Duft der Natur riechen können.
Forschend setzte ich mich auf. Mein Hinterkopf schmerzte ein wenig, aber nicht mehr ansatzweise so doll, wie es vorher der Fall gewesen war.
Wie bin ich hierhin gekommen?
Die Männer mussten mich ins Krankenhaus gebracht haben, nachdem sie mich bewusstlos geschlagen hatten. Angst kroch mir den Nacken hoch und schlängelte sich wie eine zischende Schlange in mein Gehirn.
Wo sind Schyn und Force? Was haben die mit denen gemacht?
Noch immer hatte ich das Bild vor Augen, wie die beiden reglos auf dem Boden lagen.
Ich muss sie finden. Sie und den Welpen.
Ich setzte meine nackten Füße auf den eiskalten Boden, aber bevor ich aufstehen konnte, schwang die Tür auf und eine Frau mit langem, weißen Kittel betrat das Zimmer, ihre blonden Haare waren ordentlich zu einem Dutt zusammen gebunden.
,,Du bist aufgewacht. Sehr schön."
Sie stellte sich an mein Bettende und hielt einen Zettel hoch.
,,Kannst du mir sagen, wie du heißt?"
Warum will die dass wissen? Um meine Eltern zu finden?
,,Emily." Die Lüge rutschte spielend leicht über meine Lippen. ,,Emily Hale."
Sie notierte sich etwas, bevor sie wieder zu mir aufsah.
,,Und wo wohnst du?"
Die Frage war kniffliger. Was sollte ich denn jetzt sagen?
,,Ich ... ähm ... in einer anderen Stadt."
Sie zog eine Augenbraue hoch. Anscheinend war sie mit meiner Antwort nicht zufrieden.
,,Straße? Hausnummer? Postleitzahl?"
,,Weiß ich nicht mehr." Wenn ich so tat, als könnte ich mich nicht mehr erinnern, würde sie es vielleicht auf eine Gehirnerschütterung zurückführen.
Um weiteren Fragen zu entkommen, stellte ich im Gegenzug eine: ,,Wissen Sie wo die Wölfe hingebracht wurden?"
Mit einem anderen Menschen zu reden, war unnormal. Was würde meine Familie wohl denken, wenn sie mich jetzt sehen könnten. Ich, ein Mädchen, dass Jahre in einem Rudel verbracht hat und jetzt ohne menschliche Angehörige in einem Krankenhausbett liegt.
,,Unten im Wartebereich wartet ein Polizist, der möchte dir noch einige Fragen stellen. Er weiß sicher auch, wohin die Wölfe gebracht wurden."
Ich musste Schlucken. Ein Polizist? Würde er mich verhaften, weil ich unbefugt in einen Garten eingedrungen war und den Welpen gestohlen hatte? Stehlen wollte, verbesserte ich mich. Am Ende hatte es ja doch nicht geklappt.
Meine Unruhe blieb von der Krankenschwester nicht unbemerkt.
,,Keine Sorge, er will dich nicht ins Gefängnis bringen. Es ist nur eine staatliche Kontrolle."
Staatliche Kontrolle? Wer's glaubt wird selig sein! Nie und nimmer ist das nur einfach so!
,,Ich gebe ihm schnell Bescheid, dass er jetzt kommen kann."
Damit trat sie vom Bett weg und verließ den Raum.

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Hallo Zusammen!

Ja ich meld mich auch mal wieder, war in letzter Zeit ziemlich beschäftigt und hab deswegen was länger hierfür gebraucht. Dazu kam dann noch der Urlaub, wo ich kein Wifi hatte und deswegen keine neuen Kapitel hochladen konnte.

Jetzt geht es aber weiter, das 22. Kapitel ist auch schon in Bearbeitung!

Liebe Grüße, Sonnenfunke

Delta ~ Mythos der WölfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt