Auftrag 2/2

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Ruhig und zielstrebig huschte eine schemenhafte Gestalt durch den sorgfältig gepflegten Vorgarten und hinterließ, außer platt getretenen Grashalmen, keinerlei Hinweise auf ihre eigentliche Identität.
Lautlos hantierte Stegi an einem der Fenster. Pf... diese Fenster waren ein Kinderspiel für ihn. Wo war die Herausforderung? Ohne Herausforderung würde es ziemlich langweilig werden. Mürrisch verzogen sich die, von der Kälte spröden, Lippen des Blonden. Egal... Für diesen Auftrag würde ihm ein Batzen Geld winken und das allein zauberte wieder ein kaum erkennbares Lächeln auf Stegis Gesicht.

Klack. Das Fenster war offen und gewährte ihm Zutritt in das Heim seines Opfers.

Für den Bruchteil einer Sekunde verharrte der Blonde damit sich seine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnen konnten. Darauf bedacht keine unnötigen Geräusche von sich zu geben erklomm Stegi die in Dunkelheit getauchte Treppe in das höher gelegene Geschoss, in dem sich, laut seinem Auftraggeber, das Schlafzimmer von Stegis Opfer befinden sollte. Ein letztes Mal atmete er tief ein, bevor seine Finger den Griff um die Waffe verstärkten und ein sicherer Ausdruck die grünen Augen eroberte. Vorsichtig öffnete Stegi die Tür, welche ihn von seinem Ziel trennte, und huschte unbemerkt in den dunklen Raum hinein.

Leises, gleichmäßiges Atmen erfüllte den Raum, lediglich unterbrochen von dem Rascheln der Bettdecke als sich Stegis baldiges Opfer - ein älterer Mann mit Bierbauch - im Bett umdrehte.

Ohne eine Miene zu verziehen griff Stegi in seine Jackentasche mit der Waffe, verharrte jedoch in dem Moment als sich ein Gedanke in vor seinem inneren Auge manifestierte wie er seinen Auftrag interessanter gestalten konnte, wie er zu der Herausforderung wurde, nach der der Blonde sich so sehr sehnte. Die Idee war perfekt. Sie war reizvoll. Sie war gefährlich. Sie war wie geschaffen für Stegi. Ruppig griff er nach der Schulter des Mannes und rüttelte daran.

Grummelnd und verschlafen fiel der Blick des Mannes auf seinen unerwünschten Besucher, welcher sich grinsend über ihn gebeugt hatte. Jedoch blieb dem Mann Stegis Grinsen aufgrund der schwarzen, abgenutzten Sturmmaske verborgen. Augenblicklich verschwand die Müdigkeit des Alten und wurde durch Aufmerksamkeit ersetzt.

„Wer sind Sie?", panisch fixierten die dunklen Augen die grün schimmernden Smaragde seines Gegenübers.

Schmunzelnd zog Stegi seine Maske von seinem Gesicht und legte seinen Kopf schief.

„Ich sag' es nicht noch mal! Wer sind Sie?! Antworten Sie! SOFORT!", in der lauter werdenden Stimme des Mannes spiegelte sich pure Angst.

„Rate."

„Was?", ein verwirrter Blick traf Stegi, „Schluss mit dem Spielchen! Sagen Sie mir augenblicklich wer Sie sind und was Sie in meinem Haus verloren haben!" Die Panik des Mannes war noch deutlich zu spüren, jedoch wurde sie zunehmend von Aggression überlagert.

In einer einzigen, flüssigen, kaum wahrnehmbaren Bewegung hatte Stegi das Messer aus seiner Tasche an den Hals des Alten manövriert. „Nicht in dem Ton wenn ich bitten darf." Leise erreichten die harschen Worte des Blonden das Ohr des anderen, welcher daraufhin laut schluckte und in seinen wild gestikulierenden Bewegungen versteinerte.

„Geht doch. Und jetzt hör ganz genau zu. Ein falsches Wort, eine Bewegung in die falsche Richtung und du bist tot. Verstanden?"

Eingeschüchtertes Nicken.

Rücksichtslos drückte Stegi den Mann zurück auf seine Matratze.

„Ich geb' Ihnen einen Hinweis. Ich bin der Gesuchte, der Auserwählte und gleichzeitig das Opfer!" Wahnsinn und Unberechenbarkeit verschleierten gegen Ende des Satzes die sonst so klaren grünen Iriden. Stegis Monster war zurück, drängte gewaltsam an die Oberfläche und der Blonde ließ es geschehen. „'ne Idee wer ich bin?"

Ein Zitteranfall suchte den Mann heim, gefolgt von verängstigtem Stottern.

Die Lippen des Blonden schwebten gefährlich nah am Ohr des Alten und wisperten mit bedrohlichem Unterton: „Ich bin ByStegi. Und du wirst gleich ein Teil der Vergangenheit werden. Vergessen. Von allen. Ein weiteres unbedeutendes Leben inmitten von Millionen anderen. Letzte Worte?"

Der Mann zeigte keine Reaktion auf Stegis Worte, vielmehr schien er in einer Schockstarre gefangen zu sein. Nicht mehr Herr seines Körpers und seiner Sinne.

Seelenruhig lehnte Stegi sich an eine edle hölzerne Kommode neben dem Bett und betrachtete aufmerksam sein Opfer, in das langsam wieder Leben einkehrte. Für einen Moment schloss der Grünäugige seine Augen und spielte mit dem Messer in seiner Hand, ließ es herumwirbeln, um es anschließend in das wertvolle Holz zu rammen. Langsamen Schrittes ging er zu dem Mann, der immer noch auf dem Bett saß, setzte sich neben ihn auf das Bett und musterte ihn.

Keine Sekunde später weiteten sich die schlammbraunen Augen des Alten und verloren kurz darauf ihren einst so lebendigen Glanz. Der leblose Körper sackte auf dem Bett in sich zusammen. Gelangweilt zog Stegi die kleine Spritze, die vor wenigen Augenblicken noch mit einer unscheinbaren Flüssigkeit gefüllt war, aus der Brust des Toten. Er hatte sich mehr davon erhofft. Doch nun fing der eigentliche Spaß an. Ein tiefer, sauberer Schnitt und das noch flüssige Blut des Mannes tränkte das Bettlaken in dunkles Rot.

Stegis Finger verschwanden in der tiefen Wunde und zeichneten mit dem Blut seines Opfers Zeichen an die Wand, welche sich zu einer Botschaft verbanden. Wie in Trance glitten seine Finger über die raue, einst so helle, Tapete, während er fasziniert beobachtete wie das Blut an der Wand herunterlief, wie es gespenstische und doch so wunderschöne Flecken hinterließ. Das Monster in Stegi rebellierte, wollte nun endgültig die Kontrolle über sein Denken übernehmen, doch Stegi drängte es in die Tiefen seines Unterbewusstseins zurück als Sirenen sein Tun unterbrachen.

Yume no Sekai - Traumwelten | StexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt