06.2 - Stör ich?

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Hell GTI trank seine Cola leer. Er und Liv hatten die ganze Zeit geschwiegen.

Er kapierte mal wieder nicht,was Liv damit erreichen wollte. Immerhin hatte sie sich zu ihm gesetzt und nicht andersherum. Sie hatte doch irgendwas erreichen wollen? Oder hat sie auch so wenig Spaß wie er? Saßen sie beide im selben Boot?

Auch die Brünette hatte ihre Fanta leer getrunken und sah ihn jetzt an. „Ganz schön laut hier“, meinte sie und Hell nickte.

„Wollen wir raus gehen?“, fragte er kurz entschlossen. Zwar wollte er jetzt nicht unbedingt mit Liv alleine sein, aber auf der Party bleiben war auch ziemlich langweilig. Immerhin hatten sie beide keinen Spaß hier.

Diesmal war Liv an der Reihe ihn nickend zuzustimmen.

Ohne dass er es wirklich selbst merkte nahm er ihre Hand und zog sie durch die tanzende Menge. Vorbei an einem Promoter, der mit Lotta rumknutschte und einen Weber, der zwischen sexy Mädchen saß und einen auf ober Macho tat.

Er zog sie zur durch die Hintertür raus. Sofort fuhr eine kühle Brise durch ihre Haare.

Wortlos setzten sich die beiden auf die vielen, kalten Kieselsteine. Hell hatte ja zum Glück eine lange Hose an, aber bei Liv war es schon kritischer. Schließlich hatte sie nur ein kurzes Kleid an, was sie zwar unglaublich sexy machte, aber sie nicht vor diesen kleinen, miesen und vor allem kalten Steinchen.

Außerdem trug Hell über sein T-Shirt eine schwarze Lederjacke (zwar war das Leder nicht echt, aber es hatte im Laden auch noch als Lederjacke gezählt). Und Liv? Die Brünette hatte keine Jacke, nur ihr kurzes Kleid.

Das schützte sie aber nicht vor den vielen kalten Windstößen - sie waren zwar nur klein, aber fein.

„Ist dir kalt?“, fragte Hell völlig unötig,  als Liv anfing zu zittern. Ohne Antwort auf seine dumme Frage abzuwarten fügte er hinzu: „Soll ich dir meine Jacke geben?“

„Aber dann frierst du doch“, erwiderte Liv fast schon motzig, wie ein kleines Kind. Hell fand das ziemlich - süß war so ein typisches Mädchen-Wort - niedlich.

Ach, das war auch so typisch Mädchen! Aber was sollte er denn sonst denken? So klang es wenigstens nicht allzu pervers, wie es manche andere Jungen ausdrückten.

„Ach Quatsch“, winkte er möglichst lässig ab. Aber wenn er ganz ehrlich zu sich wahr, hätte er lieber seine Jacke behalten. Aber er konnte ja mal Gentleman sein... Was spricht denn dagegen.

Hell streifte seine Jacke im möglichst normalen Tempo ab und versuchte die aufkommende Gänsehaut zu verbergen, die wie Tausend Ameisen seine Arme hochkrabbelten.

Vorsichtig legte er ihr das schwarze, unechte Leder über die Schulter. Sie lächelte. „Danke“, hauchte sie, was ihn auch zum Lächeln brachte.

Dann herrschte peinliche Stille.

Auf einmal kam Hell wieder die Nacht in den Sinn. Die Nacht, in der er nicht schlafen konnte und Liv getroffen hatte. Liv, die kurz davor geweint hatte - zumindest vermutete Hell dies.

„Willst du es eigentlich wissen?“ Sie sah ihn nicht an.

„Was?“

„Warum ich geheult habe, wie ein kleines Baby“, lächelte sie. Es war ein gezwungenes Lächeln, das merkte Hell sofort.

Er nickte langsam. „Wenn du möchtest...“

Diesmal lächelte Liv noch künstlicher. „Ich hatte mal einen besten Freund“, fing sie an. Nach wie vor mied sie es, sie ihn anzusehen. „Ich glaub, ich hab mich in ihn verliebt... Und - und als ich es ihm sagen wollte war er weg. Er kam nicht in die Schule und seine Mutter ist auch verschwunden...“

Die ersten Tränen rollten ihr über die Wange. „Hey“ Total hilflos sah er sie. Seine Hand zuckte zögernd und dann wischte er ihr tatsächlich die Tränen dem Gesicht. „Shshh“, beruhigte er sie hilflos.

Was machte man denn mit weinenden Mädchen? Küssen? Kam gar nicht in Frage! Umarmen? Ist das nicht eher die Variante für Jungs?

Auf einmal kam GTI die Idee! Er hatte das Mal im TV gesehen. Der Mann hat einfach die Hand von der Frau genommen und das hat sie total beruhigt! Naja, eigentlich fand er das ja ziemlich kitschig... Aber Probieren geht über studieren!

Vorsichtig glitt er mit seiner Hand zu ihrer. Bedacht nahm er sie in seine und verschränkte ihre Finger miteinander. Er war bereit seine Hand wegzuziehen, wenn Liv irgendeine Reaktion zeigen würde.

Doch sie lächelte - diesmal echt! - nur und drückte seine Hand dankbar.

„Weißt du noch, was ich gesagt habe?“ Diesmal sah er sie nicht an. „Ich bin der Meinung man sollte keine Freunde haben. Man sollte keinen lieben, weil wenn er einen verlässt, es weh tut. Mehr als weh.“

„Du bist nicht im Unrecht, aber ist es nicht ein schönes Gefühl, wenn man frisch verliebt ist oder man weiß dass da draußen Leute sitzen die für dich alles tun würden?“

Er zuckte mit den Schultern und drehte seinen Kopf zu ihr. Sofort verlor er sich in den braunen Augen und erst jetzt merkte er richtig, wie nah sie sich waren.

Plötzlich wurde im ganz warm und ohne es richtig kontrollieren zu können kamen sich ihre Gesichter immer näher. Liv schloss die Augen und in dem Moment, als GTI das gleiche tun wollte, vernahm ein lautes Räuspern.

Sofort fuhren sie auseinander und drehten sich beinahe synchron in die Richtung, von der das Räuspern gekommen war.

„Stör ich?“ Weber grinste.

Beide sahen peinlich berührt zu Boden und lösten ihre Hände.

Als er keine Antwort bekam fuhr er fort: „Ich soll euch nur von Naik sagen, dass wir länger bleiben als geplant und dass ihr - wenn ihr kein Bock mehr habt - einfach abhauen könnt.“

You turn me into a Boy with Love [Pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt