Sie ritten zu den Soldaten, die vor dem kleinen Waldstück auf der Ebene Aufstellung genommen hatten. Auch von den anderen Städten waren eiligst alle gekommen, die das Signal gesehen hatte. Boten waren ebenfalls ausgeschickt worden, die die Nachricht weitertrugen, man möge sich zum Kampf rüsten.
Liadan zügelte ihren Hengst in der vordersten Schlachtreihe und unterhielt sich kurz mit dem Hauptmann, Pilas, ehe sie nickte und mit Korathan in wildem Galopp über die Ebene preschte.
Auf einmal lief eine Gruppe von Bogenschützen auf Liadan zu, die sie anwies sich in den nächstliegenden Büschen zu verstecken, dann ließ sie den Hengst immer weiter zum Horizont traben, von dem aus sich das dunkle Heer wie eine dicke, schwarze Raupe näherte.
Ihre Schwester, die ihr auf Elenya gefolgt war, verweilte für einen Moment vor den Soldaten, ehe sie sich auf gleiche Höhe mit Liadan und Korathan begab. Sie ließ ihren Blick über die Graslandschaft schweifen. Diese war hell erleuchtet trotz der Schwärze der Nacht, die über sie hereinbrach. Lad entdeckte einen der Magier, die sie am Fest gesehen hatte, an seiner Robe. Es war also ihr Werk, dass die Fai nicht überrannt wurden, denn die Dunkelheit war der Vorteil der Skalaner.
Liadans Züge waren hart und abweisend geworden. Nichts deutete mehr auf die warmherzige und fürsorgliche Königsnichte von Aurenien hin. Nun war sie Liadan í Amasa, die Kämpfernatur, Kommandantin der Reiter-Turma.
„Ich weiß, wir werden es schaffen", sprach sie. Ihre Hand strich über den Schwertgriff Orcomhiels, dem Schwert, das sie, seit sie ein Kind war, ihr Eigen nannte und mit dem sie schon viele Schlachten gefochten hatte. Sie wusste um die Macht dieser Waffe und wie sie jene nutzen konnte. Gerade und aufrecht saß sie auf dem Rücken des schnaubenden Korathans. Sie blickte in die Ferne und wartete, solange auf ihrem Hengst, bis sie die ersten Standarten und Würdenträger des dunklen Heeres ausmachen konnte. Dann riss sie Korathan herum und trabte auf ihm über die Ebene auf das Reiter-Turma zu. Sie, sowie die Soldaten waren nur leicht gepanzert, denn die Aurenier zeichneten sich durch ihre Schnelligkeit, Wendigkeit, Mut und Ausdauer aus. Nicht durch Hinterhalte und große, hinderliche Plattenpanzer wie ihre Feinde.
Die dunklen Kreaturen richteten sich zu ihrer vollen Größe auf und stimmten ein markerschütterndes Kampfgeschrei an, als sie einige Meter vor den Aurenier Aufstellung nahmen.
Liadan saß locker auf dem Pferderücken, Korathan tänzelte ein wenig beunruhigt, doch war er einfach auch nur aufgeregt. Entschlossen blickte die Kommandantin ihren Feinden entgegen. Mit ihren silbernen Augen und den langen, goldenen Haaren, die ihr der Wind zerzaust hatte, sah sie aus wie eine Kriegsgöttin auf ihrem himmlischen Ross. Sie ritt vor die Schlachtreihen der Soldaten und schrie mit kraftvoller Stimme: „Wer ist das, dass sie uns erschüttern und verängstigen könnten? Wenn wir in dieser Schlacht fallen werden, sei's drum. Wir starben für unser Land und unsere Heimat wird in unseren Seelen weiterleben. Wer sind wir, dass wir diesen Kreaturen eine wahre Schlacht bieten können?" Sie lächelte, als einige der Soldaten zu Murmeln begannen. „Ja, Aura ist mit euch und wird euch Kraft und Mut geben. Zeigt ihnen, was es heißt, sich mit uns anzulegen!", rief sie weiter. Lautes, zustimmendes Geschrei erfüllte die Luft um sie herum.
„Bogenschützen! Macht euch bereit und bereitet ihnen einen schönen Willkommensgruß!", auf Liadans Worte hin sirrten Hunderte von Pfeilen durch die Luft und trafen mit tödlicher Sicherheit die Leiber und Schilder der Feinde. Nun nickte sie ihre Schwester zu, zog Orcomhiel aus der Scheide und hielt ihn hoch erhoben vor ihre Brust und preschte mit Korathan auf die Skalaner zu: „Khi Eleras!"
Die silbernen Augen sprühten, als Liadan den Bogen spannte und es ihren Bogenschützen gleichtat. Lad ritt an ihrer Seite, das Schwert bereits gezückt und bereit in die Feinde zu fallen.
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Aurenien Tales
FantasyDie Fai von Aurenien und die Skalaner liegen seit Jahrhunderten im Krieg. Lad hatte eigentlich nicht vor, jemals wieder einen Fuß in dieses Land zu setzen, doch als sie die Fragen nach ihrer Herkunft quälen, wird sie in etwas verstrickt, das größer...