4. Kapitel: Jagd nach dem Verehrer

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„Ja?", fragt May. „Nun sag schon!"
„Der Hinweis, dass er in meiner Nähe schwitzt und die schlimme Handschrift – das könnte auf Uli passen."
„Uli? Meinst du?" May rümpft die Nase.
„Na ja, ich kann jetzt nicht genau sagen, ob das seine Handschrift ist, aber er schreibt auf jeden Fall nicht besonders schön. Und ihn umgibt immer ein leichter Schweißgeruch."
„Oh Mann!" May verzieht das Gesicht. „Uli ist nun wahrhaftig nicht die Sorte Kerl, in die man sich verliebt."
„Schon. Ich finde ihn auch alles andere als anziehend ...", bemerke ich und stopfe den Brief zurück in dem Umschlag.
„Ihr seid gemein", sagt Sam. „Ihr kennt Uli doch gar nicht richtig. Vielleicht steckt ja ein richtig toller Kerl dahinter."
May lacht laut auf und auch ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Ist das dein Ernst?", fragt May. „Uli ist fett, stinkt und ist der totale Loser."
„Aber er ist ziemlich schlau", führt Sam an. „Du weißt genauso gut wie ich, dass er im Kampf um den Rang als Klassenbester dein größter Konkurrent ist, May."
Die Asiatin verzieht das Gesicht. „Ja, das stimmt leider. Er hat schon was auf dem Kasten ... aber trotzdem!" Sie wendet sich mir zu. „Du solltest die Schrift vergleichen. Das dürfte eine leichte Übung sein, schließlich sitzt ihr nebeneinander."
Ich seufze. „Und was mache ich, wenn er es tatsächlich ist?"
„Dann musst du ihm sagen, dass er keine Chance hat", sagt May und zuckt mit den Achseln.

Am nächsten Tag kann ich es kaum erwarten, bis Uli endlich in die Klasse kommt. Er ist der letzte und als er mich sieht, weicht er meinem Blick aus. Mein Herz klopft mir heftig gegen die Rippen. Ist das vielleicht ein Indiz dafür, dass er tatsächlich hinter dem Brief steckt? Er hebt seinen Stuhl vom Tisch und lässt sich darauf nieder.
„Du, Uli", beginne ich. „Hast du die Hausaufgaben in Englisch gemacht?"
„Ja klar", sagt Uli und packt seine Schulsachen aus.
„Dürfte ich sie mal sehen?"
„Wieso denn?"
Wieder zieht mir ein leichter Schweißgeruch in die Nase. „Ich würde gerne vergleichen, ob wir dieselben Lösungen haben", argumentiere ich und hoffe, dass er sich darauf einlässt.
„Warte doch, bis wir das im Unterricht besprechen", brummt Uli und schlägt sein Englischbuch an der Stelle auf, die wir zuletzt behandelt hatten.
„Bitte!" Ich werfe ihm einen flehenden Blick zu.
Uli beißt sich auf die Unterlippe. „Na, schön", sagt er und schiebt mir das Heft hinüber. Ich betrachte die Schrift, doch ganz sicher bin ich mir nicht. Kurz entschlossen ziehe ich mein Handy aus der Tasche und fotografiere die dichtbeschriebene Seite.
„Hey, was soll das?", beschwert sich Uli und schnappt sich das Heft.
„Tut mir leid", sage ich schnell. „Aber ich brauchte eine Schriftprobe von dir."
Ulis Gesicht läuft knallrot an. „Warum das denn?", fragte er und seine Augen verengen sich zu Schlitzen.
In diesem Moment betritt Frau Pätzold den Raum.
„Erkläre ich dir ein anderes Mal", raune ich ihm zu und widme mich dem Englischunterricht.

In der großen Pause gehe ich mit Lis und May auf den Hof und ziehe den Brief aus meiner Tasche. Ich falte ihn auf, dann halte ich mein Handy mit der Schriftprobe daneben.
„Das ist eindeutig nicht seine Schrift", stellt May fest.
„Ja, er schreibt eher Schreibschrift und der Brief ist in Druckbuchstaben verfasst", meint auch Lis und zuckt die Achseln. „Also müssen wir wohl weitersuchen."
„Ist das nicht eigentlich egal?", fragt Sam und erntet überraschte Blicke von uns dreien. „Na ja, ich meine, anscheinend will der Absender des Briefes ja nicht erkannt werden. Sonst hätte er seinen Namen drunter geschrieben."
„Deshalb hören wir doch erst recht nicht auf zu suchen", sagt Lis und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Genau", pflichtet ihr May bei. „Wenn er so einen Brief verschickt, muss er damit rechnen, dass wir versuchen werden, ihm auf die Schliche zu kommen."
Sam seufzt, dann steht sie auf. „Ist okay. Ich gehe mir mal einen Kaffee holen. Will sonst noch jemand einen?"
Wir schütteln die Köpfe und Sam zieht von dannen.
„Wie sollen wir jetzt weiter vorgehen?", frage ich meine beiden Zimmergenossinnen. „Wir können doch nicht von jedem Typen aus der Klasse eine Schriftprobe nehmen."
Lis betrachtet den Brief und kaut dabei auf ihrer Unterlippe herum. Auf einmal erhellt sich ihr Blick, dann sagt sie: „Doch, genau das müssen wir. Und ich habe auch schon eine Idee, wir wir das anstellen könnten."

Freche Mädchen küssen besser (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt