40. Kapitel: Betrogen

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»Das ist doch egal.« Claudia setzt wieder zum Kuss an, doch ich drehe meinen Kopf zur Seite und ihre Lippen landen auf meinem Ohr. Für einen Augenblick schaut sie verdutzt, dann kichert sie. »Was machst du denn, Süße? Komm, lass uns ein bisschen Spaß haben.« Sie verteilt Küsse auf meinem Hals und meiner Wange.
»Bitte, Claudia. Sag mir die Wahrheit. Hat Sam nochmal mit dir -, ich meine, lief da nochmal was zwischen euch?«
»Nein, sie hat sich nur verabschiedet.«
»Wieso verabschiedet sie sich von dir und nicht von mir?« Ich runzle die Stirn.
»Was weiß ich.« Claudia legt ihren Finger an mein Kinn und dreht meinen Kopf so, dass ich sie ansehen muss. »Jetzt schau nicht so vorwurfsvoll. Ich kann auch nichts dafür.«
»Was hat sie genau gesagt?«, bohre ich weiter.
Claudia rollt genervt mit den Augen, lässt von mir ab und geht zu ihrem Bett hinüber. Sie wirft sich darauf und fordert mich dazu auf, mich zu ihr zu legen, indem sie neben sich auf die Matratze klopft.
Langsam nähere ich mich ihr, bleibe aber vor dem Bett stehen und verschränke die Arme. »Claudia, nun sag schon!«
»Na gut, wenn du es unbedingt wissen willst.« Claudia stöhnt und verzieht das Gesicht. »Sam hat mich gefragt, ob es wahr ist, dass wir es miteinander getrieben haben.«
Mein Herz klopf schneller. War mein Plan aufgegangen und Sam war eifersüchtig auf Claudia? »Und, was hast du gesagt?«
»Na, die Wahrheit. Dass wir den SMV-Raum genutzt haben.«
»Und Sam? Was hat die dazu gesagt?«
»Nichts.«
»Nichts?«
»Sie hat es zur Kenntnis genommen und dann gemeint, dass ihr Chauffeur auf sie wartet.«
»Sie hat überhaupt nichts dazu gesagt? Hat sie wenigstens bestürzt geguckt?«
Claudia lacht. »Süße, was willst du von mir hören? Dass sie ein Drama draus gemacht und mir verboten hat, dich jemals wieder anzufassen?«
Dass Claudia damit genau ins Schwarze trifft, möchte ich nicht zugeben. Tatsächlich habe ich gehofft, dass Sam wenigstens ein bisschen sauer oder traurig war. Aber anscheinend ging es ihr völlig am Allerwertesten vorbei, was ich getan habe. Ich bin so enttäuscht, dass ich nur mit Mühe meine Tränen zurückhalten kann. Ich kaue auf meiner Unterlippe herum und frage mich, ob Sam wohl schon im Flieger sitzt. In einem schlechten Hollywoodfilm würde ich jetzt wohl zum Flughafen eilen, sie kurz vor der Sicherheitskontrolle abfangen und ihr meine ewige Liebe schwören. Aber das hier ist die Realität und in dieser Realität lasse ich mich von Claudia aufs Bett ziehen, küssen und befummeln. Ich kriege gar nicht richtig mit, was Claudia mit meinem Körper anstellt, da ich in Gedanken ständig bei Sam bin und mir bewusst wird, dass ich sie nie wieder sehen werde. Dabei habe ich mich nicht mal richtig von ihr verabschiedet. Was war ich nur für ein Mensch? Hätte ich meine Gefühle und meinen Stolz nicht mal hinten anstellen können? Doch gleichzeitig bin ich enttäuscht, dass Sam zu Claudia gegangen ist, anstat zu mir. Auch, wenn sie nur geredet haben, fühlt es sich so an, als sei ich ein zweites Mal betrogen worden. Betrogen um meinen Abschied. Wenn das irgendwie Sinn macht.
»Hey, ich hab dich was gefragt!« Claudia wedelt mit der Hand vor meinem Gesicht herum.
»Sorry, ich war gerade in Gedanken.«
»Das merke ich.« Claudia zieht ihre Hand unter meinem T-Shirt hervor und setzt sich auf die Bettkante. »Nun sag schon, was geistert in deinem hübschen Köpfchen herum?«
»Nichts. Wirklich. Es tut mir leid, dass ich abgelenkt war.«
Claudia kontrolliert ihre perfekt lackierten Fingernägel. »Du denkst an Sam, richtig?«
Ich nicke langsam. »Es ist alles schief gelaufen. Ich fühle mich furchtbar, dass wir im Streit auseinandergegangen sind. Sie wird mich für den Rest ihres Lebens hassen.«
»Ich glaube nicht, dass Sam dich hasst.« Claudia starrt noch immer ihre Nägel an. »Sam hat dich wirklich geliebt.«
»Ach, und warum ist sie dann nach Amerika abgehauen?«
»Das weiß ich auch nicht. Aber ihr lag was an dir, das war offensichtlich.«
»Sie hat gesagt, dass Liebe manchmal nicht genug sei. Was soll das heißen?«
Claudia zuckt mit den Schultern. »Sam ist eben komisch.«
Ich setze mich ruckartig auf. »Sam ist nicht komisch. Sie ist - vielleicht ein bisschen speziell. Aber das liegt bestimmt daran, dass ihre Eltern sich nie um sie gekümmert haben.«
Claudia schnaubt. »Meine Eltern haben sich auch nicht um mich gekümmert. Und bin ich vielleicht speziell?«
Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Willst du drauf eine ehrliche Antwort?«
Erst schaut Claudia mich böse an, ehe sich ihre Miene erhellt und wir beide in Gelächter ausbrechen.
»Du bist ganz schön frech«, gluckst Claudia und zwickt mir in die Seite. Ich quieke und zucke zusammen. Das motiviert Claudia, es nochmal zu tun. Ich quieke abermals wie ein Schweinchen. Claudias Augen funkeln gefährlich. Ich halte schützend die Arme vor meinen Bauch. Auf ihren Lippen liegt ein teuflisches Grinsen. Dieses Grinsen kenne ich. So hat mein Vater früher geschaut, wenn er im Begriff war, mich zu necken. Ich will bereits eine Warnung aussprechen, als Claudia über mich herfällt und mich kitzelt. Ich winde mich kreischend unter ihr, doch sie scheint es zu genießen, dass ich ihr ausgeliefert bin. Ich flehe sie an, damit aufzuhören. Als sie das nicht tut, setze ich mich zur Wehr und wir tollen lachend auf Claudias Bett herum.
In diesem Moment geht die Tür auf und Claudias Freundinnen kommen herein. Sofort verstummt Claudia und rückt ein Stück von mir weg. Ich ziehe mir schnell das T-Shirt über den Bauch, das ein Stück hochgerutscht ist, und setze mich ebenfalls auf die Bettkante.
»Was ist den hier los?«, fragt ein Mädchen, das ich sofort um sein brünettes, welliges Haar beneide. So hübsch sind meine Haare höchstens, wenn ich frisch vom Friseur komme. Die Brünette sieht irritiert von Claudia zu mir.
»Nichts, Petrissa. Dany hat mir nur was in Englisch erklärt.«
»Was? Aber die ist doch gar nicht in unserer Klasse.« Petrissa zieht die Augenbrauen hoch.
»Na, und? Trotzdem ist sie fit in Englisch.« Claudia verschränkt die Arme vor der Brust.
»Sollen wir wieder gehen?«, fragt eine Rothaarige. »Wir wollen schließlich nicht stören.«
»Ach was.« Claudia springt auf und öffnet die Tür. »Dany war sowieso gerade dabei zu gehen.«


Freche Mädchen küssen besser (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt