Kapitel 1

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Das klare Wasser war ruhig und nur ein paar kleine Wellen, die von den wenigen Enten aufgewirbelt worden waren, brachen am Ufer.
Kleine Eisschollen trieben vereinzelt auf dem See und erinnerten mich daran, dass der Winter bald zu ende sein würde.
Die dichten Haselnusssträucher neigten sich zum Wasser und die Oberfläche des kleinen Sees spiegelte die hohen Kronen der unzähligen Buchen.
Ich konnte sehen, wie die Sonne langsam hinter dem Wald unterging und ich merkte, dass mir allmählich kalt wurde.
Ich lauschte noch dem letzten Zwitschern der Vögel, bis ich mich von dem See losreißen konnte.
Auf der Suche nach meinem Smartphone kramte ich in meinen tiefen Manteltaschen, während ich den Hang hinaufging. Als ich es schließlich fand und herauszog, schaltete ich es ein.
Nachdem der Bildschirm aufgeleuchtet war, bekam ich sofort etliche Nachrichten von meiner Mutter, die sie mir im Laufe des Nachmittags geschickt hatte:
"Mia, wo bist du?"
"Alles in Ordnung bei dir?
"Melde dich!!!"
Und noch viele weitere, mit dem selben Inhalt.
Genervt steckte ich es zurück in meine Jackentasche und ging weiter. Als ich den Hang erklommen hatte, drehte ich mich nochmals um und betrachtete den See aus der Ferne.
Dunkelheit hatte sich dort unten gesammelt und ich konnte förmlich sehen, wie sie sich durch den Wald fraß und alles in schwarzen Nebel tauchte.
Langsam wendete ich mich wieder ab und schlenderte auf den Waldweg zu.
Ich bückte mich unter den tiefen Ästen einer Weide hindurch und in diesem Moment hörte ich es zum ersten Mal.
Eine rauchige Stimme, die flüsterte: "Geh, verschwinde von hier!"
Abrupt blieb ich stehen und drehte mich um. Nichts zu sehen, weit und breit.
Also lief ich weiter. Plötzlich hörte ich wie ein Ast hinter mir knackte.
"Renn!", war das einzige, was ich zu diesem Zeitpunkt dachte, also rannte ich los, bis der Waldweg nur noch 20 oder 30 Meter entfernt war.
Doch da packte mich jemand am Knöchel.

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