Kapitel 19: Der Grosse Schlag (2): Die Rache ist... mein?

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Laut schoss das Geräusch der Pistole durch sein Ohr und liess ihn kurz stöhnen. Egal wie oft er trainiert hatte, an dieses Geräusch hatte er sich nie gewöhnen können. Und so dämlich wie er war, hatte er natürlich keine Ohrstöpsel mitgenommen. Ob es welche im Lager gehabt hatte, wusste er nicht. Er war zu sehr auf den bevorstehenden Kampf konzentriert gewesen und hatte diese Kleinigkeiten nicht mitbekommen. Jetzt brachte es ihm sowieso nichts mehr, sich darüber aufzuregen. Er musste mit dem kämpfen, was ihm zur Verfügung stand, sowohl physisch, als auch mental. Clovis wich dem Biss eines Jaguars aus und schoss ihm eine Kugel durch das Vorderbein. Das sollte ihn für eine Weile aufhalten und getötet hatte er ihn so auch nicht. Die grosse Katze jaulte auf und war durch den Schmerz abgelenkt, so dass er an ihr vorbei rennen konnte. Langsam, aber stetig drangen sie ins Innere der Basis hinein. Durch die vielen Gänge und Stockwerke waren ihre Gegner zwar verteilter und deswegen nicht als Masse auf einem Haufen vorhanden, doch auch sie selber teilten sich auf, je nachdem welchen Bereich sie einnehmen sollten. 'Hoffentlich geht es Spike gut.', dachte er sich, doch er konnte seine Gedanken nicht weiterführen, denn es stand schon wieder ein Angreifer vor ihm. Dieses Mal in menschlicher Gestalt, was darauf schliessen liess, dass seine Tiergestalt eher klein und zum Flüchten geeignet war, nicht zum Kämpfen. Er musste ihn also nur genug verletzen und schon würde er abhauen. Tatsächlich ging sein Plan auch auf, nachdem er den Messerschwüngen des Soldaten ausgewichen und mit der Pistole gekontert hatte. Er hatte auf Gliedmassen gezielt und nicht die lebenswichtigen Organen. So dauerte es, bis sich sein Gegner geschlagen gab und sich in eine Maus verwandelte, die zwischen den Massen verschwand. Schwer atmend blickte er ihr hinterher und versuchte, gleichmässig zu atmen. Die Anstrengung drang langsam durch seinen Körper, doch er wollte nicht nachgeben. Es dauerte bestimmt noch eine Weile, bis er sich zu seinem Ziel durchgekämpft hatte. Und die paar Messerstiche an seinen Armen und Seite waren bestimmt nicht die einzigen Verletzungen, die er heute noch davontragen würde.

Seine Befürchtungen bestätigten sich. Er trug sich mehr Verletzungen zu und musste sich regelrecht motivieren, nicht einfach der Erschöpfung nachzugeben und hinaus zu den Ärzten für eine Behandlung zu rennen. Immer wieder holte er die Erinnerung zurück, die ihn überhaupt so weit gebracht hatte. Er konnte sich genau vor Augen führen, wie der leblose Körper seines Bruders langsam zu Boden blieb und sein aufmunterndes Lächeln das Letzte war, was er Clovis noch schenken konnte. Er hatte ihn gerade erst wiedergefunden. So viele Jahre hatte er ihn vermisst und dann hatte er ihn komplett verloren. Und das nur wegen Pellegrin! Ohne ihn hätte er noch seinen Bruder bei sich. Er war Schuld! Er und kein anderer! Nichole konnte behaupten, was sie wollte. Wenn er vor ihm stand, konnte er nichts anderes tun, als tausende Kugeln durch seinen Körper zu jagen! Er müsste eher aufpassen, dass er noch genug für den Rückweg übrig hatte und nicht alles an Pellegrin verschwendete. Seine wieder entfachte Wut schenkte ihm neue Kraft und seine Verletzungen waren wie vergessen. Nun war seine Ungeduld ein Problem, die ihn von den Angreifern ablenkte und ferner von seiner Gruppe trieb, um endlich diesen grässlichen Mann von der Welt zu schaffen. Er wollte es auch nicht niemand anderem überlassen. Pellegrin gehört ihm. Ihm ganz allein.

An ihm rauschten die Gänge vorbei und trotzdem wusste er genau, wo er durch musste. Dieser Bereich des Hauptgebäudes war ihm unbekannt, aber er hatte die Pläne des Gebäudes genau studiert. Er brauchte keinen Führer. Im Gegenteil, er war der Vorläufer seiner Gruppe, die nun weit hinter ihm lag. Natürlich riefen sie ihm zu, dass er zurückkommen sollte, doch er ignorierte die Schreie. Niemals würden sie sich mit ihm einverstanden erklären. Sie verfolgten ja ganz verschiedene Ziele. Leider schien aber seine Einzelgänger-Strategie nicht so gut aufzugehen, denn er wurde plötzlich am Kragen gepackt und wieder gebremst. "Was tust du da? Entferne dich nicht von der Gruppe, Idiot!", fuhr ihn die Wandlerin an. Wie sie ihn so schnell eingeholt hatte, wusste er nicht, aber vermutlich hatte sie irgendeine schnelle Tierform. Mit einem wütenden Ausdruck entfernte er ihre Hand wieder und drehte sich zu ihr um. "Ich muss alleine weiter! Das verstehst du nicht!", fuhr er sie an und wollte mit dieser knappen Aussage wieder weiter, doch sie versperrte ihm den Weg. "Ach ja? Willst dich bestimmt an jemanden rächen, nicht wahr?", riet sie richtig, doch sonderlich schwer war das nicht gewesen. "Wenn es so wäre?", stellte er eine Gegenfrage. "Als ob wir das nicht verstehen würden! Ich hatte auch ein paar Freunde, die wegen der Organisation gestorben sind! Sowie Menschen, als auch Wandler! Und trotzdem schaffe ich es, mich zusammen zu reissen, anstatt einen auf Ego zu machen und alleine in so einem wichtigen Kampf irgendwelchen Blödsinn anzustellen.", wie sie ihn zurecht. "Na und? Du weisst doch gar nicht, was ich durchstehen musste!" "Du doch auch nicht!", entgegnete sie genervt darüber, dass er immer noch stur bei seinem Plan blieb, "Deine Rache wirst du so oder so bekommen, aber hilf doch deiner Gruppe, ihre Aufgabe zu erfüllen! Hier geht es nicht um uns, sondern um das Wohl aller Menschen und Wandler!"

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