Kapitel 18: Der Grosse Schlag (1): Zurück zu alten Zeiten

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"Das glaube ich einfach nicht! Wie konnte er so etwas tun?!", schimpfte Scarlet immer noch und wäre im Wagen auf und ab gelaufen, hätte sie Platz dafür gehabt. "Reg dich wieder ab! Bringt doch jetzt sowieso nichts. Es sei denn, du kannst mit dieser Wut besser kämpfen.", meinte Pain dazu und hatte sich entspannt zurückgelehnt. Die konnte gut reden. Bestimmt hatte Nelly ihr immer noch nichts gesagt. Kein Wunder war sie dann noch so entspannt. Einen Moment lang überlegte Scarlet, ob sie ihr jetzt alles sagen sollte. Nelly konnte sie nicht aufhalten und es würde noch eine Weile dauern, bis sie angekommen waren. Mal sehen, wie sich Pain nach dieser Nachricht fühlte. "Hey! Hat dir Nelly eigentlich je etwas über ihre Gefühle gesagt?" "Wenn sie was von mir will, kannst du ihr sagen, dass ich mich auf keine Beziehung einlassen will.", entgegnete sie gleich. "So hab ich das nicht gemeint! Es geht um diese eine Todessache, als ihr nur zu zweit unterwegs ward.", erklärte Scarlet. "Ach das. Was soll damit sein?" "Sie denkt die ganze Zeit nur daran, wie schlimm es ist, dass sie jemanden umgebracht hat!", erläuterte sie und wartete gespannt auf Pains Reaktion. "Na und?", kam darauf zurück. "Na und?! Sie hat die ganze Zeit Angst vor dir zu reden und hat das geheim gehalten!" "Was erwartest du von mir? Das ich so ausflippe wie du gerade? Ich erwarte doch von so einem Hippie, dass sie sich immer noch wegen dem schlecht fühlt. Ich hab ihr auch gesagt, dass ich froh darüber bin. Was soll ich also sonst tun?", fragte sie zurück. Darauf wusste Scarlet keine Antwort und blieb stumm. Was hatte sie denn erwartet? Dass Pain das gleiche durchmachte wie sie im Moment? Dass sie ebenfalls wütend und enttäuscht war? Ja. Ja, das hatte sie gewollt. Es war nicht fair, dass Pain das auf die leichte Schulter nahm. Sie fragte ja nicht einmal über genauere Details nach! Ihr war es einfach egal! Genau in diesem Moment merkte Scarlet, wie eifersüchtig sie war. Ihr wollte Dennis' Verrat ebenfalls egal sein. Gleichgültig darüber in den Kampf ziehen, um nicht jede Sekunde ihres Daseins darüber zu denken! Aber es ging nicht. Die Wut in ihr wollte nicht nachlassen. Sie konnte ihn nicht einfach vergessen oder über ihre Enttäuschung hinweg sehen. Wieso hatte er ihr nur das angetan?

"Wehe, du flennst gleich los.", unterbrach Pain ihre emotionale Minute. Selbst wenn sie gleich losheulte, was sie nicht musste, musste Pain doch nicht so rüde sein. Sie erwartete keine Umarmung von ihr, aber nicht alle konnten so ignorant wie sie sein. Diese neue Wut nutzte sie aus, um sich von Dennis abzulenken. Lieber regte sie sich über diese Kämpferin auf, der das sowieso egal war, als sich selbst fertigzumachen. Nachdem sie ihr genug zornige Blicke zugeworfen hatte, wandte sie ihren Blick wieder dem Fenster zu. Kurz keuchte sie überrascht auf, da ihr die Gegend bekannt vorkam. Hier waren sie nach dem Ausbruch für Tage durchgelaufen und wurde auch am ersten Tag der Schule hierhin gefahren. Sie mussten schon ganz nah sein. Das hiess, der Angriff stand kurz bevor.

Ihre Gruppe war von Anfang an später abgefahren als die Hauptfront, da sie "nur" die Gefangenen befreien sollten. Sie würden erst eingeschleust werden, wenn sich durch den Kampf eine passende Öffnung bot. Dadurch war die erste Konfrontation schon lange geschehen, als sie ankamen. Man hörte die Bomben, um die weiteren Mauern zu sprengen und wenn sie sich weiter näherte, würde man bestimmt die Kampfgeschreie hören. Sie versuchte sich ruhig zu halten, bis der Wagen komplett zum Stillstand kam und die Türe aufging. Aus den verbliebenen Wagen strömten die Wandler und vereinzelt auch Menschen, um sich kampfbereit bei ihrem Leiter zu positionieren. Sie konnte viele Emotionen aus den Gesichtern ablesen: Angst, Unsicherheit, aber auch Entschlossenheit und Kampfbereitschaft. Dies war der alles entscheidende Kampf, also mussten sie auch alles geben. Auch Scarlet versuchte ihren Siegeswillen heraufzubeschwören und natürlich ihre Hoffnung. Dass es die letzte Schlacht war und sie mit Sam zu ihren Freunden zurückkehren konnte. Pain neben ihr schien nur noch Schadenfreude und Mordlust zu empfinden, was sie nicht überraschte. Gleich durfte sie sich so sehr an den Wandlern austoben, wie ihr kranker Verstand es ihr möglich machte. Ihr Leiter trat als letztes aus dem Wagen heraus. Vom grossen Mann ging eine respekteinflössende Aura aus, bevor er überhaupt den Mund aufgemacht hatte. Eindeutig ein Kämpfer, der bestimmt schon auf mehreren Einsätzen seine Gruppe zum Sieg geführt hatte. Und Scarlet würde dafür sorgen, dass es dieses Mal ebenfalls so enden würde.

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