Kapitel 55

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Als Gwen zusammen mit Vinc die Tür von Monicas Wohnung aufbrach, wehte ihr ein seliger Wind entgegen. Sie beide wussten was passiert war, sie spürten es in ihrem Blut. Und sie fühlten sich schuldig. Sie traten in die schweigsame Wohnung. Sie stürmten. Das Gefühl trieb sie in Monicas Schlafzimmer, wo sie mit verschwommenen Augen zum stehen kamen. Es war ein Bild des Friedens, das sich ihnen ergab. Doch das sahen sie nicht. Sie sahen nur die Tragik. Ihnen war der Schock ins Gesicht geschrieben, obwohl sie es doch gewusst hatten.

Von der Decke, in ein schwarzes Kleid gehüllt, hing Monica und schwang mit dem Wind im Einklang. Der Frieden hatte sich über sie gelegt und man hatte sie seit den Toden ihrer Geliebten noch nie so zufrieden gesehen. Doch das sahen sie nicht. Sie sahen nur die Tragik.

Auf den Gesichtern bildeten sich Tränen. Tränen der Schuld und der Trauer. Wie hatten sie es nur so weit kommen lassen? Es war ihre Schuld. Sie hatten Monica mit ihren tiefsten Rissen konfrontiert. Und anstatt diese zu nähen, hatten sie sie weiter aufgerissen. So dachten sie. Aber das stimmte nicht. Sie hatten Monica geheilt. Ihr endlich das gegeben, was sie sich so sehnlichst gewünscht hatte. Doch das sahen sie nicht. Sie sahen nur die Tragik.

Sie sahen in der Farbe schwarz, die Monica trug, nicht die Freunde auf ihre Geliebten, sondern die Hoffnungslosigkeit, in die sie sie getrieben haben. Sie standen in diesem von der Sonne erstrahlten Zimmer und trauerten Monica nach. Sie hätten sich für sie freuen sollen. Doch das sahen sie nicht. Sie sahen nur die Tragik.

Schritte erklangen und die gesamte Familie verteilte sich in dem Raum. Die Tränen. All diese Tränen. Wieso vergossen sie sie erst jetzt? Wieso sorgten sie sich erst jetzt? Jetzt, wo alles gut war. Sie hätten sie vergießen sollen, wo Monica gelitten hatte. Hätten weinen sollen, als auch sie geweint hatte. Als sie es gebraucht hatte, hatten sie sie ignoriert und nun, wo Monica alles in den Griff bekommen hatte, waren sie da. Und sie fühlten sich schuldig. Sowie Monica sich schuldig gefühlt hatte. Aber jetzt war alles gut und die letzte Seite der Geschichte geschrieben. Doch das sahen sie nicht. Sie sahen nur die Tragik.

Hier endet die Geschichte. Vielleicht mag der eine nicht zufrieden sein, aber Monica ist es. Die Welt der Lebenden hatte ihr nicht mehr geben können, was sie brauchte. Und so fand sie ihr Ende im Tod. Die Geschichte anders ändern zu lassen, wäre nicht richtig gewesen. Denn Monica wollte es so und nun ist sie glücklich, auch wenn die anderen es nicht sehen können. Manche Verluste sind zu groß, um sie zu vergessen. Zu verletzend, um sie wieder zu heilen.

Doch das seht ihr nicht. Ihr seht nur die Tragik.



Aber das ist ok.




ENDE

The pain wears white #Wattys2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt